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Damenschneider

Damenschneider

Titel: Damenschneider
Autoren: Rupert Schöttle
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die entsprechende Motivation …«
    »Das ist eine blendende Idee, Kajetanus meus«, antwortete Walz zufrieden und griff gleich zum Telefonhörer, um das Faktotum von der unverhofften Gelegenheit in Kenntnis zu setzen, dass schnelle Rache für das erlittene Unrecht zu nehmen sei.
     
    Nachdem die beiden noch einige Fälle behandelt hatten, darunter auch zwei der von Walz so ersehnten »kleinen Diebstähle«, verabschiedete sich Vogel in der Mittagspause von seinem Kollegen, da er sich den heutigen Nachmittag für seine Familie frei genommen hatte. Denn sein geliebtes Töchterchen Laura feierte heute seinen neunten Geburtstag. Und das Geschenk, auf das sie schon seit Monaten beharrlich hingearbeitet hatte, musste erst noch in Niederösterreich mit dem Auto abgeholt werden, handelte es sich doch um nichts weniger als einen Hund. Das durfte natürlich nicht irgendeine Promenadenmischung sein, da war Vogel davor. Schließlich, dessen war er sich durchaus bewusst, würde es in erster Linie an ihm sein, das Tier spazieren zu führen. Und da er, wie wir wissen, durchaus etwas auf sich hielt, sollte es schon etwas Stilvolleres sein. Der Kriminalist hatte an einen Windhund gedacht, dessen sanftes Gemüt und aristokratischer Bewegungsablauf ihn schon von Kindheit an fasziniert hatten, als er zuweilen den Sloughi seines Nachbarn ausführen durfte, was zu seiner größten Befriedigung stets für allgemeines Aufsehen gesorgt hatte. Und wegen seiner ihm innewohnenden Schwäche für das Anglophile hatte er sich einen Greyhound vorgestellt, die englische Version eines Windhundes.
    Seine Gattin Martina, von einer panischen Angst vor Tieren aller Art beseelt, hatte er immerhin mit dem Argument überzeugen können, dass es kaum etwas Friedlicheres gab als einen solchen Hund, dem als einzigem Nachteil ein ausgeprägter Jagdtrieb zu eigen sei. Bei seinem bereits äußerst eigensinnigen Töchterchen fiel die Überzeugungsarbeit schon erheblich schwerer, da es unbedingt einen Hund aus dem Tierheim befreien wollte, seitdem es mit seiner ökologisch angehauchten Klassenlehrerin einen Ausflug dorthin gemacht hatte.
    Nun galt es für Vogel, einen Kompromiss zu finden, auf den er auch bald im Internet stieß.
    In Niederösterreich gab es tatsächlich einen Verein, der sich um Windhunde in Not kümmerte, die aus Großbritannien gerettet worden waren, wo diese Tiere, nachdem sie ein gewisses Alter erreicht hatten und zu Rennen nicht mehr zu gebrauchen waren, ihrem traurigen Schicksal überlassen wurden. Nachdem er Laura von dieser Möglichkeit überzeugt und auf der Homepage des Tierschutzbundes einen gestromten Greyhound entdeckt hatte, der durchaus den Vorstellungen Vogels entsprach und trotzdem der gesamten Familie gefiel, war er mit dem Verein in Kontakt getreten. Nach einigen Nachfragen bezüglich seiner Familien- und Wohnverhältnisse bekam er schon bald die Zusage, dass er die Hündin termingerecht zum Geburtstag seiner Tochter in einem Tierheim in Niederösterreich abholen könne.
    Dementsprechend groß war die Aufregung von Frau und Kind, als sie nach dem Mittagessen mit seinem Rovergen Westen steuerten. Und auch Vogel selbst konnte sich einer gewissen Vorfreude nicht erwehren, obwohl er mit einem solchen Haustier viel mehr an sein Heim gebunden wurde, als es ihm, dem leidenschaftlichen Fremdgeher, eigentlich recht sein konnte. Denn seiner Argumentation der großen Arbeitsanforderung, die er üblicherweise anwendete, wenn er wieder einmal auf Freiersfüßen wandelte, war damit doch einiges an Durchschlagskraft genommen, zumal sich seine Gattin Martina nun stets darauf berufen konnte, dass schließlich nicht sie es gewesen sei, die einen Hund gewollt hatte. Vor allem keinen mit einem solchen Bewegungsdrang, der einem Windhund, so schön er auch ausschauen mag, nun einmal zu eigen war.
    Dieser doch schwerwiegenden Bedenken war er allerdings gänzlich enthoben, als er des Hundes im Tierheim ansichtig wurde. Denn, wie von der Heimleiterin versprochen, war das Tier keineswegs scheu oder verängstigt, sondern ging direkt auf den sich eher im Hintergrund haltenden Vogel zu, den es heftig mit dem Schwanz wedelnd begrüßte. Martina, die sich sofort ängstlich hinter dem breiten Kreuz ihres Gespons geflüchtet hatte, beachtete er hingegen überhaupt nicht. Auch von Laura, die vor Freude jauchzend dem Hund entgegen gelaufen war und ihn nun heftig streichelte, nahm er kaum Notiz.
    Denn der Greyhound hatte seinen Rudelführer gefunden.
    Und Vogel
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