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Daddy Langbein

Daddy Langbein

Titel: Daddy Langbein
Autoren: Jean Webster
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gesagt.
    Du hältst mich doch nicht für eingebildet, Daddy, Guter?
    Ich hin es wirklich nicht, nur bin ich jetzt in der enthusiastischen Phase. Vielleicht werde ich später kalt und kritisch und ablehnend. Nein, sicher nicht! Diesmal habe ich ein wirkliches Buch geschrieben. Warte nur, bis Du es siehst.
    Ich werde eine Minute lang versuchen, von etwas anderem zu reden. Habe ich schon erzählt, daß Amasai und Carrie im Mai geheiratet haben? Sie arbeiten immer noch hier, aber soweit ich sehen kann, hat es beide verdorben. Sie hat früher gelacht, wenn er mit Schmutz hereinstapfte oder Asche auf dem Boden verstreute, aber jetzt — Du solltest hören, wie sie schimpft! Und sie wickelt sich keine Locken mehr. Amasai, der früher mit Teppichklopfen und Holztragen so hilfreich war, murrt jetzt, wenn man etwas Derartiges nur vorschlägt. Außerdem sind seine Krawatten ganz schäbig — schwarz und braun, während sie früher feuerrot und purpurn waren. Ich habe beschlossen, nie zu heiraten. Es ist offenbar ein Prozeß, durch den man verdorben wird.
    Von der Farm gibt es nicht viel zu berichten. Die Tiere sind alle in bester Gesundheit. Die Schweine sind ungewöhnlich dick, die Kühe wirken zufrieden, und die Hühner legen gut. Interessierst Du Dich für Geflügel? Wenn ja, dann will ich Dir das unschätzbare kleine Werk „Zweihundert Eier pro Huhn im Jahr“ empfehlen. Ich denke daran, nächstes Frühjahr einen Brutkasten aufzumacben und Brathühner zu züchten. Du siehst, ich bin auf Dauer in Lock Willow. Ich habe beschlossen, hier zu bleiben, bis ich 114 Romane geschrieben habe, wie die Mutter von Anthony Trollope. Dann werde ich mein Lebenswerk beendet haben und kann mich zur Ruhe setzen und reisen.
    Mr. James McBride hat den letzten Samstag hier verbracht. Backhuhn und Gefrorenes zum Essen, welches er beides zu würdigen schien. Ich war furchtbar froh, ihn zu sehen; er brachte eine vorübergehende Erinnerung daran mit, daß die Welt im Großen existiert. Der arme Jimmie hat es schwer, seine Obligationen los zu werden. Der Nationaltag der Farmer“ an der Kreuzung wollte nichts davon hören, obwohl sie sechs Prozent Zinsen zahlen und manchmal sogar sieben. Ich glaube, er wird zum Schluß doch eine Stellung in der Fabrik seines Vaters in Worcester annehmen. Er ist zu offen und vertrauensvoll und warmherzig, um je einen erfolgreichen Finanzmann abzugeben. Aber der Leiter einer blühenden Overall-Fabrik zu sein, ist eine sehr begehrenswerte Stellung, findest Du nicht? Gegenwärtig rümpft er beim Gedanken an Overalls noch die Nase. Aber er wird noch dazu kommen.
    Ich hoffe, Du weißt die Tatsache zu schätzen, daß dies ein langer Brief ist, von einer Person mit einem Schreibkrampf. Aber ich liebe Dich immer noch, bester Daddy, und ich bin sehr glücklich. Mit einer schönen Landschaft ringsum und viel zu essen und einem bequemen breiten Bett und einem Stoß weißen Papiers und einem Liter Tinte — was kann man mehr von der Welt verlangen?
    Immer Deine
    Judy

    P. S. Der Briefträger kommt mit weiteren Neuigkeiten. Wir dürfen Master Jervie nächsten Freitag auf eine Woche erwarten. Das ist eine sehr erfreuliche Aussicht — nur fürchte ich, daß mein armes Buch darunter leiden wird. Master Jervie ist sehr anspruchsvoll.

27. August

    Lieber Daddy-Langbein!

    Wo bist Du wohl?
    Ich weiß nie, in welchem Teil der Erde Du bist, aber ich hoffe, Du bist nicht während dieses gräßlichen Wetters in New York. Ich hoffe, Du bist auf einer Bergspitze (aber nicht in der Schweiz, ein wenig näher) und schaust auf den Schnee und denkst an mich. Ich bin sehr einsam und möchte, daß man an mich denkt. Oh, Daddy! Ich wollte, daß ich Dich kenne. Dann könnten wir uns gegenseitig trösten, wenn wir unglücklich sind.
    Ich glaube, ich kann Lock Willow nicht mehr lange aushalten. Ich denke an einen Umzug. Sallie wird nächsten Winter in Boston Fürsorgearbeit machen. Meinst Du nicht, es wäre nett für mich, mitzuziehen; dann könnten wir zusammen ein Atelier haben. Ich könnte schreiben, während sie arbeitet, und am Abend könnten wir zusammen sein. Die Abende sind unendlich lang, wenn außer den Semples und Carrie und Amasai niemand da ist, mit dem man sich unterhalten kann. Ich weiß schon im voraus , daß Du meine Atelieridee nicht gern haben wirst. Ich sehe schon den Brief Deines Sekretärs:
    „Miss Jerusha Abbott.
    Geehrte, gnädige Frau!
    Mr. Smith zieht vor, daß Sie in Lock Willow bleiben.
    Hochachtungsvoll
    Elmer H.
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