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Dackelblick

Dackelblick

Titel: Dackelblick
Autoren: Frauke Scheunemann
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lächelt mich einladend an. Wenn ich nicht so kurze Beine hätte, könnte ich gleich reinspringen, so muss ich noch auf Jens und Carolin warten.
    »Sag mal, du ungezogener Hund!« Carolin kommt auf mich zu und schimpft. »Wenn ich sage, du bleibst hier, dann bleibst du auch hier!«
    Sie greift nach mir, aber bevor sie mich am Halsband packen kann, laufe ich zu Jens und reibe mich schwanzwedelnd an seinen Beinen. Dazu versuche ich, möglichst freundlich zu bellen. Jens bückt sich und hebt mich hoch.
    »Tja, mein Kleiner, ich würde dich ja mitnehmen, aber dein Frauchen ist heute ganz streng. Ich habe fast ein bisschen Angst vor ihr.«
    Carolin lacht. »Gegen zwei Männer, die sich einig sind, komme ich wohl nicht an. Dann nimm ihn von mir aus mit.«
    »Siehst du, Kumpel, Glück gehabt. Dann wollen wir mal los.«
    Er setzt mich in den Fußraum der Beifahrerseite, dann steigen beide ein, und wir fahren los. Hartnäckigkeit lohnt sich eben doch!
    Als wir im Restaurant ankommen, frage ich mich, warum Carolin mich nicht mitnehmen wollte. Schließlich handelt es sich um ein Gartenlokal, und schon auf den ersten Blick sehe ich zwei Hunde unter anderen Tischen liegen: einen alten Boxer und eine sehr hübsche Retriever-Dame, die mir huldvoll zunickt, als wir am Nachbartisch Platz nehmen. Ich lege mich so hin, dass ich sie gut sehen kann. Vielleicht sollte ich nicht immer nur an Carolins Herz denken, sondern zur Abwechslung auch mal an mein eigenes. Andererseits muss ich gerade heute natürlich die Öhrchen spitzen, wenn ich mitbekommen will, was Carolin so erzählt. Ich will schließlich eingreifen, wenn sie wieder mit ihrem Ich-muss-mich-selbst-finden-Murks anfängt.
    Noch kreist das Gespräch aber unverdächtig um die Auswahl der Speisen und Getränke. Carolin bestellt sich ein Wasser, Jens lacht.
    »Ich dachte eigentlich, wir bestellen zur Feier des schönen Abends etwas, das ein bisschen prickelt. Und damit meine ich nicht die Kohlensäure in deinem Mineralwasser.«
    »Du wirst es nicht glauben, aber ich habe heute Morgen schon zwei Glas Sekt mit Nina getrunken. Quasi ein Versöhnungsritual, wir hatten nämlich ein bisschen Stress. Deswegen bleibe ich erst mal bei nichtalkoholischen Getränken.«
    »Wie du meinst. Ich will dich zu nichts überreden. Warum hattet ihr denn Streit?«
    »Ach, eine blöde Geschichte. Ich hatte mich mehr oder weniger aus Versehen mit jemandem verabredet, den sie sehr mag. Das fand sie blöd.«
    »Mehr oder weniger aus Versehen? Das klingt ja interessant. Wie macht man das denn?«
    »Na, es war nicht wirklich als Date geplant. Sondern eher ... ach, ich weiß auch nicht. Jedenfalls war Nina sauer.«
    »So, so, ein ungeplantes Date. Mir war gleich klar, dass du eine begehrte Frau bist.«
    Er lacht und greift nach Carolins Hand. Sie zögert, aber bevor sie die Hand richtig offensichtlich wegziehen kann, springe ich auf und fange einfach mal an zu bellen. Carolin beugt sich zu mir.
    »Pst, Herkules, was hast du denn?«
    »Vielleicht ein anderer Hund?«
    »Hm, eigentlich ist Herkules kein Kläffer. Hat ihn bestimmt irgendetwas erschreckt.«
    Ja, klar hat mich etwas erschreckt. Nämlich die Aussicht, dass Carolin hier gleich den nächsten Mann vergrault. Immerhin habe ich diese Situation zwar brachial, aber wirkungsvoll umschifft. Hoffe nur, dass das nicht den ganzen Abend so weitergeht.
    Es geht den ganzen Abend so weiter. Immer, wenn ich das Gefühl habe, Carolin steuert das falsche Thema an, werde ich unruhig. Und das ist so alle zehn Minuten der Fall. Carolin ist schon schwer genervt.
    »Sag mal, was ist eigentlich los mit dir?«, zischt sie mich an. »Ich wollte ja, dass du zu Hause bleibst, und das wäre auch besser gewesen. Du bist unglaublich ungezogen! Wenn du so weitermachst, sperren wir dich gleich ins Auto ein.«
    Okay, das wäre schlecht. Vielleicht muss ich mal ein bisschen vom Gas gehen. Ich lege mich wieder ganz brav unter Carolins Stuhl. Die Retriever-Hündin am Nachbartisch mustert mich interessiert.
    »Sag mal, Kleiner, hast du eine Blasenschwäche?«
    »Nö, ich? Weso?«
    »Weil du die ganze Zeit so rumhampelst.«
    Wie peinlich. Diese schöne Frau denkt, ich sei inkontinent. Das kann ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen.
    »Also, ich bin so unruhig, weil ich mein Frauchen gerade vor einem großen Fehler bewahren will.«
    »Wie, vor dem Typen da? Der sieht doch gar nicht so schlimm aus. Hat eine nette Stimme.«
    »Das finde ich auch. Wir haben aber das umgekehrte Problem. Ich
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