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Da vorne wartet die Zeit: Roman (German Edition)

Da vorne wartet die Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Da vorne wartet die Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Lilly Lindner
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andere auf der Welt, niemals nur sein Mädchen sein wird.
    Aber dann kommt wieder die Zeit.
    In der Brandon weiß.
    Dass er sein größtes Versprechen mit seinem besten Freund gemeinsam hält. Und dass Liebe niemals kleiner wird, wenn man sie mit den richtigen Menschen teilt.
    Ja. Es gibt diese Tage, da ist auch Shay Evans still und nachdenklich, weil sie weiß, dass die beiden Männer, die sie mehr liebt als alles andere auf der Welt, sie für immer teilen müssen; und weil sie weiß, dass das nicht immer einfach sein wird – weder für Brian noch für Brandon.
    Noch für sie selbst.
    Aber dann kommt wieder die Zeit.
    Von der Shay weiß.
    Dass sie ihnen gehört.

    Und die Zeit. Die wunderschöne Zeit. Sie wird Shay Evans, Brandon West und Brian Winter gemeinsam durch dieses Leben bringen. Sie werden an sich wachsen, sie werden miteinander heranwachsen und eines Tages erwachsen voreinander stehen.
    Und dann. Irgendwann. In nicht allzu weiter Ferne.
    Wird Shay zwei Töchter bekommen.
    Eine von Brandon.
    Und eine von Brian.

29
    E in Tag. Schon längst vergangen. Jason Parker, fünf Jahre alt. Er sitzt auf dem Fußboden in seinem Kinderzimmer mit den regenbogenbunten Wänden und spielt mit seiner Burg. Die schwarzen Ritter stehen rechts von der Zugbrücke, die grauen Ritter links. Auf jedem der vier Burgtürme weht eine andere Fahne. Die eine ist rot wie Tomatensaft, die andere schwarz-weiß gestreift wie ein Zebra, die nächste gelb wie die lachende Sommersonne und die letzte dunkelblau wie überreife Waldblaubeeren.
    Jason spielt gerne mit seiner Burg. Er mag es, die Reiter über den Innenhof traben zu lassen und die Kanonen auf der südlichen Mauer abzufeuern. Er hat jedem einzelnen Ritter einen Namen gegeben, obwohl es viel mehr sind, als er schon zählen kann. Und manche sehen sogar gleich aus. Aber Jason tut so, als könnte er sie trotzdem unterscheiden, und bisher hat ihn noch keiner durchschaut. Oder zumindest haben alle seine Spielkameraden einfach mitgespielt, und die Erwachsenen haben augenzwinkernd gelächelt und ihn in dem Glauben gelassen.
    Das ist gut so. Denn Jason hat wie die meisten Kinder eine Bindung zu seinen Phantasien, die ihn sehr glücklich macht. Aber mit der Zeit wird dieses verschlungene Band immer dünner und dünner werden, bis es eines Tages fast gänzlich verschwindet. So ist es immer – das ist eines der ungeschriebenen Gesetze der Menschheit, und alle halten sich daran. Keiner weiß so genau, woran das liegt. Aber viele glauben, dass es so ist, weil es auf der realen Welt nicht allzu viel Platz für die geheimnisvollen Abenteuer der überschäumenden Gedankenwelt gibt. Als Erwachsener ist man sowieso meistens zu sehr damit beschäftigt, arbeiten zu gehen, Arbeiten auszuführen, von der Arbeit nach Hause zu gehen, sich von der Arbeit zu erholen, sich auf die Arbeit vorzubereiten, nachzuarbeiten, vorzuarbeiten, weiterzuarbeiten, und nicht zuletzt der Arbeit aus dem Weg zu gehen. Da bleibt keine Zeit für Ritterburgen.
    Jason weiß das alles noch nicht, dafür ist er zu klein, aber trotzdem hat er eine ungefähre Vorahnung von der Problematik des Erwachsenseins. Das liegt daran, dass er mit zwei erwachsenen Exemplaren der menschlichen Spezies zusammen unter einem Dach lebt: seiner Mutter und seinem Vater. Die sind zwar beide sehr freundlich und umgänglich und sogar hin und wieder darum bemüht, ihm neue Ritter für seine Burg mitzubringen, aber manchmal sind sie auch etwas komisch. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass Jasons Vater gerne seufzend von der Arbeit nach Hause kommt und zu seinem Sohn sagt: »Was für ein Tag! Wir haben Gavin Geldhai West für ein dreißigminütiges Finanzspecial gewonnen und auch gleich noch einen Exklusivbericht über den neuen Film mit Isabella May klargemacht! Und das alles ohne irgendwen zu bestechen! Na ja, fast. Davor haben wir mit Amerika verhandelt, wegen der Auslandsrechte von diesem neuen Projekt, dann haben wir mit Frankreich gestritten und mit Belgien. Und dann hat auch noch Spanien angerufen! Ich bin fix und fertig und urlaubsreif! Also, was auch immer du tust, Sohn, begib dich später niemals in die Medienbranche! Das ist ein Kampf zwischen hinterhältigen Gladiatoren. Dort wird keine Flagge unbeschmiert gelassen, irgendwo ist immer noch etwas Platz für Werbung oder den neuesten Slogan der käuflichen Zeit. Hast du das verstanden, mein Kleiner? Werde du mal lieber Burgherr oder Ritter, auf jeden Fall irgendetwas Ehrwürdiges –
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