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Da haben wir den Glueckssalat

Da haben wir den Glueckssalat

Titel: Da haben wir den Glueckssalat
Autoren: Gemma Burgess
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Pia Keller. Und ich möchte mich nochmals entschuldigen wegen Ihrer Küchendecke.« Ich habe ihn seit jenem Sonntagmorgen nicht mehr gesehen: Julia hat die Vermittlerrolle übernommen. » Ist sie jetzt wieder… äh… in Ordnung?«
    » Ja, wie neu. Danke.« Er grinst, was witzig aussieht, weil er so viele tiefe Furchen im Gesicht hat. Plötzlich habe ich aber den Eindruck, er findet das Ganze wirklich lustig. » Verzeihen Sie mir, dass ich Sie neulich etwas Halbes genannt habe. Ich wollte Sie nicht beleidigen.«
    » Das haben Sie nicht. Wie geht es Ihrer Schwester?«
    » Marie geht es gut«, antwortet er. » Sie ist in New Jersey bei ihren Enkelkindern. Sie verbringt immer die halbe Woche dort unten und die andere Hälfte bei mir. Das gibt ihr das Gefühl, beliebt zu sein. Und, verraten Sie mir, warum Sie so schnaufen, als wollten Sie das Haus umblasen?… Oh, hoppla, Verzeihung. Falsche Wortwahl.«
    » Ha«, sage ich. Er scheint ein richtiger Komiker zu sein. » Äh… ich meine, ich brauche einen Job. Ich muss Geld verdienen.«
    » Willkommen in New York«, erwidert er in liebenswürdigem Ton. » Das ist kein Grund zum Weinen. Bleiben Sie einfach am Ball. Die Zukunft wartet auf Sie.«
    » Aber wenn ich es nicht schaffe, muss ich gehen. Mein Leben in New York wird vorbei sein, bevor es richtig begonnen hat.«
    » Nichts für ungut, aber so wie ich das sehe, sind die einzigen Leute auf dieser Welt, die Geld verdienen, die Unternehmer«, sagt er. » Denken Sie sich eine Geschäftsidee aus, setzen Sie sie um, verkaufen Sie sie weiter.«
    » Das klingt machbar… bis auf die Sache mit dem Weiterverkaufen. Und bis auf die Sache mit der Umsetzung. Oh, und bis auf die Sache mit der Geschäftsidee.«
    Vic bricht in ein pfeifendes Lachen aus. Einen Augenblick lang habe ich Angst, seine Lunge könnte kollabieren.
    » Tatsächlich habe ich schon mal versucht, ein Geschäft aufzuziehen, als ich vierzehn war«, sage ich. Das fällt mir auf einmal wieder ein. » Ich habe gebrauchte Jeans billig bei ebay ersteigert, zu ausgefransten Shorts umgearbeitet und als Einzelstücke im Retro-Design auf Etsy verkauft.«
    » Ich habe kein Wort verstanden.«
    » Ja, das hat niemand. Die Idee war nicht so toll. Ich bin nur ungefähr die Hälfte losgeworden.« Ich seufze bei der Erinnerung an die alten, abgeschnittenen Jeans, die monatelang zu Dutzenden aus sämtlichen Kommodenschubladen in meinem Zimmer quollen. Angie wollte mir ursprünglich helfen, die Shorts individuell zu gestalten, aber sie versetzte mich in jenem Sommer. » Und mit elf habe ich versucht, einen Kinderclub zu gründen. Wir waren im Urlaub in Südfrankreich, und ich hatte die Idee, Freizeitaktivitäten für die jüngeren Kinder zu organisieren, die auch mit ihren Eltern dort waren… Eine Art Partyveranstalterin. Aber die Eltern der anderen hatten Bedenken, mir die Verantwortung für ihre Kinder zu übertragen, wissen Sie? Darum ist nichts daraus geworden.«
    » Nun, klingt trotzdem wie eine tolle Idee.« Wir grinsen uns kurz an.
    » Haben Sie Hunger?«, fragt er mich und zeigt in Richtung Court Street. » Esposito and Sons. Die besten Reisbällchen im ganzen Viertel. Wir können uns auf dem Rückweg über Ihre beruflichen Perspektiven unterhalten.«
    Das Esposito ist eine Ode an das Geschmackloser-geht’s-nicht-Dekor, draußen neben dem Eingang steht eine grotesk hässliche Schweinestatue in Metzgerkleidung.
    » Wow«, sage ich.
    » Man weiß, dass man mit dem Laden nichts falsch machen kann, wenn es ihn schon seit 1922 gibt, oder?«, sagt Vic.
    Jeder im Esposito ruft freundlich » Vic!«, als wir hereinkommen.
    » Eine richtige Berühmtheit«, murmle ich, aber Vic hat mich gehört.
    » Ich ziehe Kiezgröße vor«, erwidert er.
    Vic bestellt vier Reisbällchen mit Schweinehack, ein italienisches Sandwich und eine Portion Lasagne.
    » Kommt sofort, Chef«, sagt der Mann hinter der Theke. » Marie ist wohl wieder weg, was? Wie sieht es denn momentan mit deinem Cholesterin aus?«
    » Wenn du auch nur ein Sterbenswörtchen zu meiner Schwester sagst…«
    Ich lächle in mich hinein und betrachte die angerichteten Speisen hinter der Glasscheibe. Dies hier ist also Vics heimliches Laster.
    » Und Sie, Miss Pakistan? Was darf es sein?«
    » Miss Pakistan?«, wiederhole ich.
    » Sorry. Miss World. Ist das besser?«
    Findet ihr es nicht auch super, wenn man auf seine Hautfarbe reduziert wird? Aber wahrscheinlich würde der Mann mich » Miss Schweden« nennen, wenn ich blond wäre.
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