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Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)

Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)

Titel: Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)
Autoren: Christine Westermann
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nichts überstürzen, uns Zeit lassen.
    Zwei Wochen später haben wir uns wiedergetroffen, und als er seinen Arm um mich gelegt hat, war ich wieder 16. Das ist jetzt noch aufregend, wenn ich daran denke.
    Es ist oft schwer zu sagen, warum man einen Menschen liebt.
    Ich glaube, wenn ich Jochen heute ansehe, dann sehe ich immer noch den Mann mit der Krawatte auf dem cremefarbenen Fahrrad. Und dann spüre ich Liebe.
    Zwei Monate nach dem Wiedersehen habe ich ihmeinen Heiratsantrag gemacht. Wir waren in Italien, saßen zu zweit am Küchentisch im Haus von Freunden, haben Scampi gegessen und eiskalten Weißwein getrunken. Auf dem Tisch lag Zeitungspapier für die Schalen, die Gläser waren fettverschmiert, mein Gesicht wahrscheinlich auch, ich glaube nicht, dass ich noch besonders attraktiv aussah. Ich dachte nur: jetzt oder nie. Und habe gesagt: »Ich muss dich was fragen, aber ich fühle mich wie im Schwimmbad auf dem Zehn-Meter-Brett, und ich weiß nicht, ob Wasser im Becken ist.« Er hat mich angeschaut und gesagt: »Spring ruhig. Das Becken ist randvoll.«

     
    Ein Mal geheiratet und bei dem einen geblieben. Schon dreizehn Jahre lang. Ich habe es anders als meine Mutter gemacht. Was würde sie heute, mit 87 Jahren, dazu sagen? Wäre sie überrascht? Ein bisschen wehmütig, dass ihr das nicht vergönnt war, gleich beim ersten Mal den für sie Richtigen zu finden?
    Als wir damals in Italien geheiratet haben, war das Zahlenspiel, wie alt ich bei meiner goldenen Hochzeit sein würde, ein gern wiederholter Scherz. Ich wäre dann hundertzwei. Ich arbeite darauf hin.
    Neulich habe ich in unserer Tageszeitung eine Anzeige gesehen, die mich noch eine Weile beschäftigt hat. Weil sie, ein bisschen ungelenk zwar, aber voll aufrichtiger Zuneigung, in wenigen Worten sehr ehrlich davon erzählt, was es bedeutet, sich viele Jahre aufeinander einzulassen und eben nicht davonzulaufen.
     

    25 Jahre
     
    Hallo Jutti,
    zur Silberhochzeit alles Liebe.
    Es waren schlechte, aber mehr gute Zeiten.
    Und unsere vier tollen Kinder.
    Ich liebe Dich
    Dein Rudi

32
    A ls hätte jemand sie mit vorgehaltener Waffe in diese Sendung geschickt«, schrieb der Fernsehkritiker einer Tageszeitung im Juli 1996, als »Zimmer frei« begann. Das war, verglichen mit dem, was man sonst noch in den Zeitungen über meine ersten Sendungen lesen konnte, noch harmlos.
    Vom Moderationspult einer minutiös vorgeplanten Regionalsendung, der »Aktuellen Stunde«, geriet ich in eine Unterhaltungsshow, in der Anarchie herrschte, Ordnung im Ablauf nicht vorgesehen war, der Moderator mit Salzstangen warf, wenn er genug hatte von den menschelnden Fragen seiner Mitmoderatorin.
    »Eine Frau, die in ihr Konzept gepresst blieb wie in ihr orangefarbenes Jäckchen«, eine Frau, die es auch heute noch bei ihrem Auftritt nicht schafft, wie ihr Kollege federleicht und souverän, den anmutigen Piaffen eines Dressurpferdes gleich, aus der Bühnendeko zu tänzeln, um dann den Raum samt Publikum mit eleganten Armschwüngen für sich einzunehmen.
    Bei mir sieht es anders aus: »Sie bewegen sich wie ein Roboter, bei dem man ein paar Teile vergessen hat«, schrieb mir ein Zuschauer.
    »Hör auf, Du kannst das nicht«, rieten damals Freunde. Kollegen meinten, von diesem persönlichen GAU würde ich mich nie mehr erholen, mein Ruf als seriöse Journalistin sei ohnehin schon ramponiert, wenn ich mir, wie bei einem dieser »unsäglichen Spiele« geschehen, drei Liter Sprühsahne freiwillig in den geöffneten Mund und auf das orangefarbene Jäckchen spritzen würde.
    Ich war zu Beginn von »Zimmer frei« nicht nur eine ernsthafte Journalistin, ich war auch schon 48, für damalige Fernsehverhältnisse erst recht eine alte Frau. Es sprach alles dafür, dass ich einen schweren Fehler machte, mehr als beschädigt aus diesem Sommerexperiment »Zimmer frei« herausgehen würde.
    Ich passte in kein gängiges Unterhaltungsfernsehen-Format, weil ich nur die sein konnte, die ich war. Ich habe mich fürs Fernsehen nicht verstellt, weil ich es nicht kann. Es gelingt mir nicht. Wenn ein Gast richtig prominent war, hat man mir meinen Respekt angemerkt. Tut man auch heute noch. Es war nie und ist nicht mein Ziel, eine beißende, zuschnappende, kritische Fragestellerin zu sein. Ich zeige Mitleid, wenn ich es spüre, und mache mich mit einer Sache gemein, wenn ich finde, dass es eine gute ist. Ich habe im Fernsehen kein anderes Lachen als auf meiner eigenen Party, und wenn ich mich ärgere, kann ich es nur
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