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Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)

Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)

Titel: Da geht noch was: Mit 65 in die Kurve (German Edition)
Autoren: Christine Westermann
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schlecht verbergen.
    Das Auffälligste an mir war und ist, dass ich normal bin. Kein Unterschied zum richtigen Leben. Wenn ich mit jemandem am Küchentisch sitze, dann will ich wirklich von ihm wissen, warum sein Lieblingsessen Kartoffelbrei mit Senfsoße ist.
    Wie schon beschrieben, erzählt Götz Alsmann gern vor Publikum, liebevoll, aber auf das einsetzende Gelächter durchaus spekulierend, von meinen drei Lieblingsthemen: schlechtes Essen, schlechter Sex, Tod.

    Wenn man das weiter fasst und zum schlechten Sex auch den guten nimmt, die Leidenschaft, die Lust, und die Liebe mitsamt ihrem gelegentlichen Scheitern, beim Tod die Angst davor einbezieht, aber auch das Leben, das Glück, das man haben kann, ebenso wie das Unglück, den Glauben, das Leid, das Alter, die Zweifel und die Enttäuschung, das Leben danach und einiges andere, das ich spannend finde, dann hat er sogar recht.
    Es sind die Dinge des Lebens, die mich interessieren, und wenn man die in robuster Alsmannscher Zeitrafferform auf den Punkt bringen will, dann von mir aus auch gerne unter Essen, Sex, Tod.
    Mein Plus ist, dass ich mich nicht vor Kameras fürchte, auch nicht, wenn das rote Licht brennt, ich bin nie aufgeregt, höchstens hoch konzentriert, dann aber eher entspannt statt verkrampft.
    Leute, bleibt ruhig, es ist nur Fernsehen und keine Operation am offenen Herzen.
    »Die beiden ›Zimmer frei‹-Moderatoren«, so hat es eine Journalistin ein paar Jahre später geschrieben, »sind ein optimal irritierendes Pärchen.« Dass es vor allem dieser Gegensatz ist, der der Sendung Reiz und Rahmen gibt, wird heute geschätzt und gemocht, damals zu Beginn war es sehr gewöhnungsbedürftig.
    »Provinziell, hausbacken, ›Drehscheibe‹ eben«, schrieb eine Boulevardzeitung, »so ist sie, die Westermann.«
    Das ist jetzt siebzehn Jahre her, und wenn ich an diese Zeit denke, bin ich immer noch erstaunt, woher diese Kraft kam, diese Stärke, mich von derart harscher Kritik nicht fertigmachen zu lassen, stattdessen daran zu arbeiten, jene Kritiker irgendwann eines Besseren zu belehren.

    Warum? Was hat mich bewegt, nicht aufzugeben, obwohl ich zunächst beständig der Verlierer war?
     
    Ich habe einen harten inneren Kritiker. Schon immer.
    Aber auch schon immer eine sehr leise, sehr vertrauenswürdige innere Stimme, die mir sagt, was geht und was nicht. Eine innere Stimme, die überzeugt war, Du kannst das besser. Nicht sofort, aber bald. Ich spürte das auch, und ich wollte es allen zeigen. Allen voran mir selbst. Man muss nur merken, dass diese Stimme da ist, man muss sie hören wollen.
    Es ist das Interesse an Menschen, das mich antreibt, seit ich Journalistin geworden bin.
    Egal, wer mir wo gegenübersitzt, es interessiert mich zu erfahren, wie er sein Leben lebt, was ihn bewegt, wie er Niederlagen wegsteckt, Siege erkämpft.
    Ich will aus den Antworten immer auch etwas für mich lernen, mir was abgucken, was für mein eigenes Leben begreifen, mitnehmen, vielleicht übernehmen.
    Das Thema Kritik, verknüpft mit dem Wissen um ein nicht gerade überbordendes Selbstbewusstsein, die Angst vor möglichem Scheitern, es ist eines, was mich bewegt. Persönlich und bei persönlichen Gesprächen im Fernsehen und im Radio.
    Wie kommt ein prominenter Schauspieler damit klar, wenn sein aktueller Film glatt durchfiel? Wenn er nach der Premiere Hohn und Spott von den Kritikern erntete?
    Es gibt einige, die sagen, sie läsen keine Zeitungskritiken mehr, täten sie es dennoch, fiele es ihnen schwer, beim nächsten Mal vor einer Kamera noch gut genug zu sein. Manche Kritiker seien nur auf die Vernichtung, die Erniedrigung eines Menschen aus. Ob Menschenverachtung eine Triebfeder beim Verfassen einer Kritik ist, weiß ich nicht. Aber ich weiß, um wie viel einfacher es ist, einen neuen »Tatort« und seine Schauspieler schön ironisch einzutüten, statt auch nur mal den Versuch zu unternehmen, ihnen etwas Gutes abzugewinnen.
    Oder man macht es wie Til Schweiger: Kränkst Du mich, kränke ich Dich. Der Schauspieler und Regisseur Til Schweiger hat mir imponiert mit seiner Erfindung, die privaten Filmvorführungen, die nur Journalisten vorbehalten sind, abzuschaffen. Wenn ein Filmkritiker einen neuen Schweiger-Film sehen will, bekommt er keine Vorzugsbehandlung mehr mit Häppchen und Kaltgetränk in einem Kinosaal, den er sich nur mit ein paar Kollegen teilt. Er muss sich vielmehr eine Karte kaufen und sich mit ganz normalen Menschen ins Kino setzen. Auf diese Weise kriegt
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