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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt
Autoren: P. D. Baccalario
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»er war sein Professor!«
    »Wie? Wer?«
    »Ettore Zisch, Sohn einer Italienerin und eines deutschen Arztes, war der Professor von Atamante. Der eingefleischte Junggeselle hatte seine Studien mit Auszeichnung in Tübingen abgeschlossen, blablabla , und wurde 1914 an die Universität Pisa berufen, um dort Vorlesungen zu halten. Im folgenden Jahr schiffte er sich nach Neapel ein und starb auf der Überfahrt.«
    »Er starb?«
    »Ja, er war auf dem Dampfschiff Ancona unterwegs, 8188 Bruttoregistertonnen, fast 150 Meter lang. Die Ancona gehörte der Società di Navigazione a Vapore in Genua und wurde am 7. November 1915 von einem unter österreichischer Flagge fahrenden Unterseeboot südlich von Sardinien versenkt, in der Nähe von Cagliari. Zweihundertsechs Menschen starben.«
    »Darunter er.«
    »Genau.«
    »Das war also die Verbindung zwischen Atamante und Zisch?«
    »Ich habe einen befreundeten Journalisten beim ›Il Mattino‹ in Neapel gebeten, ein bisschen zu recherchieren. Und ich glaube, wir hatten Glück.«
    »Ich kann es kaum erwarten, schieß los.«
    »Dank eines EU -weiten Projekts sind sie in der Redaktion gerade dabei, die alten Ausgaben der Zeitung zu digitalisieren, und nach einigem Suchen hat mein Freund Zischs Todesanzeige gefunden. Ich erspare dir den vollständigen Text und lese nur den Anfang vor: Ettore Zisch, Professor der Universität Tübingen, Mathematikdozent in Pisa, Erfinder und Planer von mechanischen Automaten … «
    »Mechanische Automaten!«, platzte Otto heraus.
    »Das dachte ich auch. Aber es kommt noch besser: Seltsam ist, dass Zisch nicht alleine an Bord der Ancona war, sondern acht Studenten der Scuola Normale bei sich hatte. Und, wie es der Zufall will …«
    »Sind sie alle beim Untergang des Dampfschiffs ums Leben gekommen.«
    »Genau. Ein tragischer Zufall, würde ich sagen. Und wenn man bedenkt, dass bis heute niemand so genau weiß, warum das Schiff damals unterging und was genau die Ladung war …«
    »Warte mal … warte …«, überlegte Otto, »willst du damit sagen, dass das Rätsel, das wir zu lösen haben, vielleicht mit dem mysteriösen Untergang eines Dampfschiffs im Zweiten Weltkrieg zu tun haben könnte?«
    »Im Ersten Weltkrieg.«
    »Wie auch immer!«
    »Kann sein, kann auch nicht sein. Aber das ist immer noch nicht alles, der Knaller kommt jetzt!«
    »Und zwar?«
    »Die Todesanzeige ist von einigen Kommilitonen der ertrunkenen Studenten unterzeichnet.«
    »Atamante?«
    »Ja, aber nicht nur er.«
    »Wer noch?«
    »Mercuzio Liguana.«
    Otto hielt den Atem an.
    »Genau. Ein Vorfahr des guten alten Conte Liguana, der dich so verwirrt hat.«
    »Die beiden haben zusammen studiert?«
    »Exakt.«
    »Und was heißt das?«
    »Das heißt, dass ich morgen einen Blick auf dieses ominöse Gemälde werfen werde, das der Conte haben will, koste es, was es wolle.«

8
Der lebende Tote
    L ange Schatten bewegten sich in der Dunkelheit. Die Gärtner der Villa arbeiteten ununterbrochen, topften ein und brachten die Beete in Ordnung, die zum Labyrinth der Glyzinien führten. Eine weitere dieser Seltsamkeiten, an die sich die Nachbarn inzwischen gewöhnt hatten: Gärtner, die pausenlos arbeiteten, Tag und Nacht, manchmal sogar bei Regen.
    Im Inneren des Hauses herrschte dagegen absolute Ruhe, keine Spur von der regen Geschäftigkeit im Park. Fast alle Lichter waren ausgeschaltet, außer der blassblauen Lampe im Arbeitszimmer des Conte.
    In der Tür stand ein kahlköpfiger, ganz in Schwarz gekleideter Riese. »Ich soll ihm also folgen?«, fragte er mit gleichgültiger Stimme.
    Der Conte saß am Schreibtisch und drehte den Ring an seiner rechten Hand. »Manchmal frage ich mich, ob in den Adern meines Sohnes überhaupt das Blut unserer Familie fließt, verstehst du?«, sagte er mehr zu sich selbst. »Die Leidenschaft ist eine Tugend, die sich verbraucht und von Generation zu Generation schwächer wird.«
    »Die Leidenschaft?«
    Der Conte hob den Blick, aus seinen Gedanken gerissen. »Was sagst du?«
    »Hat es mit dem Feuer zu tun?«
    »Genau, Calibano. Die Leidenschaft hat mit dem Feuer zu tun. Aber es geht dabei um ein inneres Feuer, das dich antreibt, das dich zu Risiken verführt, dir hilft, da weiterzumachen, wo alle anderen aufgeben.«
    »Die Leidenschaft ist mein Motor«, stellte Calibano ernst fest.
    Der Conte musste lächeln. »Du bist wirklich etwas ganz Besonderes, mein Lieber. Aber um auf deine Frage zurückzukommen … Ja, du sollst ihm folgen.«
    »Er wird es
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