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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace
Autoren: William Gibson
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schwieriger, sie davon abzuhalten, sich den schicken Anschein von Mongolenfalten zuzulegen. Davon wohl kaum täuschen ließe
    sich Ralfi Face, aber es brächte mich vielleicht nah an seinen Tisch ran.
    Das Drome ist ein einziger schmaler Raum mit einem Tresen entlang der einen und Tischen
    entlang der ändern Seite und voller Zuhälter und Kuppler und einer Vielzahl heimlicher Dealer.
    Die Magnetic Dog Sisters waren an dem Abend an der Tür, und ich war nicht scharf darauf, an denen vorbei rauszumüssen, falls die Sache nicht klappte. Die Schwestern waren zwei Meter lang und dünn wie Windhunde. Die eine war schwarz und die andre weiß, aber darüber hinaus glichen sie sich, soweit die kosmetische Chirurgie es möglich machte. Sie waren seit Jahren ein
    Liebespaar und bedeuteten bei Stunk nichts Gutes. Ich war mir nie sicher, wer von den beiden ursprünglich der Mann gewesen war.
    Ralfi saß an seinem Stammtisch. Schuldete mir 'ne Menge Geld. Ich hatte Hunderte von
    Megabytes auf »idiot basis« in meinem Kopf gehortet - Informationen, zu denen ich keinen
    bewußten Zugang hatte. Ralfi hatte sie deponiert. Er hatte sie sich allerdings nicht wiedergeholt.
    Nur Ralfi konnte mittels eines frei erfundenen Codewortes wieder an die Daten rankommen. Ich bin zunächst mal nicht billig, aber die überzogene Speicherzeit ist astronomisch. Und Ralfi hatte sich verflucht rar gemacht.
    Dann hatte ich gehört, daß Ralfi Face einen Kontrakt auf mich rausgeben wolle. Also arrangierte ich ein Treffen im Drome, allerdings als Edward Bax, Importeur von Schleichware, vormals Rio und Peking.
    Im Drome roch es nach Geschäft, roch es metallisch nervös. Muskelknaben im Publikum
    protzten mit ihrem Inventar und bemühten sich um ein schmales, cooles Grinsen; manche gingen unter den Superformen aufgepfropfter Muskelbündel glatt unter, so daß sie nicht unbedingt menschliche Umrisse aufwiesen.
    Pardon. Pardon, Freunde. Ist nur Eddie Bax, der schnelle Eddie, der Importeur mit seiner
    undefinierbaren Profi-Sporttasche; und den Schlitz, durch den eben seine rechte Hand paßt, bitte ignorieren.
    Ralfi war nicht allein. Achtzig Kilo blondes kalifornisches Beefsteak, dem der Kampfsport überall anzusehen war, kauerten wachsam auf dem Stuhl daneben.
    Der schnelle Eddie Bax war auf dem Stuhl gegenüber, bevor das Beefsteak die Hände vom Tisch nehmen konnte. »Schwarzer Gürtel?« fragte ich gespannt. Er nickte, wobei die blauen Augen automatisch meine Augen und Hände checkten. »Ich auch«, sagte ich. »Hab meinen in der
    Tasche drin.« Und ich schob die Hand durch den Schlitz und löste mit dem Daumen die
    Sicherung. Klick. »Doppelt-zwölfkalibrig, mit Draht gekoppelter Abzug.«
    »Ist 'ne Knarre«, sagte Ralfi und hielt seinem Knaben beschwichtigend die plumpe Hand vor die mit blauem Nylon bespannte Brust. »Johnny hat 'ne altertümliche Feuerwaffe in der Tasche.« So viel also zu Edward Bax.
    Ich schätze, er heißt schon immer Ralfi Soundso, aber seinen erworbenen Nachnamen verdankt er einer einmaligen Eitelkeit. In etwa wie eine überreife Birne gebaut, hatte er zwanzig Jahre das einst berühmte Gesicht von Christian White getragen - Christian White von der Aryan Reggae Band, der Sony Mayo seiner Generation und zuletzt Champion des Rassen-Rock. Ich kenn mich aus mit solchem Kram.
    Christian White: klassisches Popstar-Gesicht mit ausgeprägter Sänger-Muskulatur, scharf
    geschnittenen Wangen. Engelhaft aus einer, hübsch lasterhaft aus andrer Perspektive. Aber hinter diesem Gesicht lebten Ralfis Augen, und sie waren klein, kalt und schwarz.
    »Bitte«, sagte er, »klären wir das wie Geschäftsleute, okay?« Seine Stimme verriet eine
    schrecklich griffige Ehrlichkeit, und die Winkel seines hübschen Christian White-Munds waren immer feucht. »Der Lewis«, sagte er und nickte in Richtung Beefboy, »ist'n Knödel.« Lewis nahm das gleichmütig hin und sah aus wie aus dem Baukasten. »Du bist kein Knödel, Johnny.«
    »Sicher, Ralfi, ein schöner Knödel, zum Brechen voll mit Implants, wo du deine schmutzige Wäsche hintust, während du losgehst und Killer für mich einkaufst. Von meinem Ende der
    Tasche, Ralfi, sieht's so aus, daß du mir 'ne Erklärung schuldest.«
    »Ist der letzte Schub Ware, Johnny.« Er seufzte tief. »In meiner Rolle als Makler ...«
    »Hehler«, korrigierte ich.
    »Als Makler bin ich normalerweise sehr vorsichtig, was meine Quellen angeht.«
    »Du kaufst nur von denen, die das Beste stehlen. Schon klar.«
    Er seufzte
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