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Curia

Curia

Titel: Curia
Autoren: Oscar Caplan
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seine Sachen aushändigte, schlug Théo sich plötzlich an die Stirn.
    »Oh, wie dumm von mir!«
    Der Priester sah ihn fragend an.
    »Ich habe unter den Sachen meines Bruders ein Buch gefunden, in das auf der Innenseite der Name eines Geistlichen geschrieben war. Ich wollte es mitbringen, habe es aber leider vergessen.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen?«
    »Pater … Pater … meine Güte, wie zerstreut ich bin. Aber beim Durchblättern habe ich Notizen gefunden, und das war nicht die Handschrift meines Bruders. Der Eigentümer muss jemand sein, der ihm bei seinen Forschungen half.«
    Auf das Gesicht des Priesters trat ein verständnisvolles Lächeln. »Dann kann es niemand anderes sein als Pater Ascanio Cerri.«
    »Ascanio Cerri! Genau, das war der Name.«
    »Soll ich ihn für Sie anrufen?« Der Priester streckte die Hand nach dem Telefon aus.
    »Nein, vielen Dank.« Théo schaute auf die Uhr an der Wand. »Wenn Sie mir seine Durchwahlnummer geben, rufe ich ihn später vom Hotel aus an.«
    Der Priester schrieb eine Nummer auf einen Zettel und reichte ihn Théo. Dieser verließ den Cortile del Belvedere, ging durch die Porta Angelica und trat in die erste Telefonzelle, die er fand.
    »Pater Ascanio Cerri?«
    »Ja?«

    Auf der Piazza del Laterano angekommen, sah Théo zum Dach der Basilika San Giovanni hinauf. Die Statuen der Heiligen blickten mürrisch von oben auf ihn herab. Heilige lachen nie. Sein Blick schweifte über den Platz und blieb an der Statue des heiligen Franziskus von Assisi hängen. Ein Mönch mit weißer Kutte und dem dunklen Skapulier der Dominikaner saß auf einer Bank und blätterte in einem Buch.
    Als er Pater Ascanio die Hand drückte, in die hellen Augen und das von einem Schopf blonder Haare umrahmte Gesicht sah, verstand er, warum Vanko diesem Mönch vertraut hatte. Er setzte sich neben ihn und erzählte ihm alles, was er von Dominici erfahren hatte.
    » Ein vorsätzlicher Mord ?«, sagte Pater Ascanio. »Das ist doch verrückt … Wer hätte Grund zu einer solchen Tat haben können?«
    »Welche Aufgaben haben Sie im Archiv, Pater?«
    »Ich bin einer der langjährig beschäftigten Forscher.«
    »Haben Sie gern mit meinem Bruder zusammengearbeitet?«
    »Sehr gern. Der Kardinal überließ nichts dem Zufall.«
    »Wer beauftragt Sie mit Forschungsprojekten?«
    »Nun … die Kurie, die Diözesen und die Ordensgemeinschaften.«
    »Gab es darüber hinaus nicht auch andere Projekte?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Projekte, die von meinem Bruder stammten und geheim gehalten wurden.«
    Pater Ascanio wandte den Blick ab. »Ich bin gesetzlich und moralisch zum Schweigen verpflichtet.«
    Théo stieß ihn mit dem Finger an. »Und mein Bruder? Finden Sie nicht, dass Sie auch ihm gegenüber eine Verpflichtung haben?«
    Pater Ascanio seufzte. »Ja, über einige Projekte wurde Stillschweigen bewahrt, aber das kam selten vor.«
    »Wurde in jüngster Zeit an einem solchen Projekt gearbeitet?«
    Pater Ascanio presste die Lippen aufeinander und nickte.
    »Wenn über dieses Projekt etwas durchgesickert wäre«, fragte Théo, »hätten Ihre Entdeckungen dann ein Motiv für einen Mord darstellen können? Überlegen Sie in Ruhe.«
    Der Ordensbruder nestelte an seinem Brustkreuz. »Ich verstehe gar nicht, warum ich daran nicht gleich gedacht habe … Ja, ich fürchte, das stimmt.«
    »Worum handelte es sich?«
    »Um eine Untersuchung des Buches Exodus. Wir hatten Dokumente entdeckt, die darauf hinzuweisen schienen, dass … nun, dass das, was in der Bibel steht, eine literarisch ausgeschmückte Version der historischen Realität ist.«
    »Sie sprechen von der Flucht aus Ägypten, vom Wunder des Durchzugs durch das Rote Meer … also von der ganzen Geschichte?«
    Pater Ascanio nickte.
    »Warum hätte diese Entdeckung ein Motiv dafür sein können, meinen Bruder umzubringen?«
    »Weil sie dem Alten und auch dem Neuen Testament jede Glaubwürdigkeit genommen hätte.«
    »Also ein tödlicher Schlag für das Christentum und das Judentum«, murmelte Théo, als würde er laut denken.
    »Auch für den Islam. Moses ist auch für den Koran ein Prophet Gottes.«
    »Sie sprachen von Dokumenten. Was sind das für Quellen? Woher stammen sie?«
    »Alles begann mit einer Pergamenthandschrift von Marsilio Ficino, einem Brief an Cosimo de’ Medici vom 27. August 1463.«
    Pater Ascanio erinnerte ihn daran, wer Ficino war.
    Gegen Ende des Jahres 1462 brachte Leonardo da Pistoia, ein Mönch, der für Cosimo de’ Medici im Orient
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