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Cruzifixus

Cruzifixus

Titel: Cruzifixus
Autoren: Hans-Peter Dinesh Bauer
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Graf strikt darauf, dass sich sein „geschätzter Schwiegersohn“ von seinen dubiosen Geschäften fernhielt – und sich weiterhin auf militärischem Terrain bewegte. Beim Fronturlaub zu Weihnachten hatte er ihn vorgewarnt, dass es bald aus sei mit der großdeutschen Herrlichkeit:
                „Lass dir von einem Kenner der Materie Macchiavells gesagt sein: Pyrrhus hat seine Schlachten gewonnen, aber den Krieg verloren. Wer zu lange der untergehenden  Sonne folgt, um den wird es sehr schnell Nacht. Geist und Geld bewegen die Welt, nicht Gewehre und Granaten. Da du nun mal zur Familie gehörst, wäre es mir lieb, wenn du am Ende bei den Siegern stehst. Denke daran: nach dem Krieg ist vor dem Krieg. Sorge dafür, dass du die Mittel in die Hand bekommst ihn zu führen!“
                Wie immer wenn es ihm geboten schien, seine wahren Ansichten zu verbergen, war er auf das Feld des Allegorischen ausgewichen:
                „Der Krieg war immer die Zuflucht der Gescheiterten!“
    Seine zur Schau getragene Nonchalance hatte die Spottlust des Alten herausgefordert:            
    „Selten nur trifft der Schütze den Pfeil.“
    Er hatte den Fedehandschuh nicht aufgenommen und war von einem Aphorismus zum nächsten gesprungen:
    „Nur ein Boot mit wenig Tiefgang, läuft auf Grund.“
    Mochte Altenbrunner seinen Männern gegenüber auch den Part des unerschrockenen, schneidigen Draufgängers spielen, so steckte doch mehr Grips in ihm als in den meisten Kommisköpfen. Er ließ sich vom schönen Schein des martialischen Brimboriums nicht täuschen: die wahre Macht kam nicht aus den Gewehren. Sie verbarg sich hinter den Fassaden der Winterpalais und Sommerresidenzen.
                Altenbrunner wusste nur zu gut was er seiner Frau verdankte. Die mehr als stattliche Mitgift des blonden Gifts hatte seine maroden Finanzen saniert. Friedelinde war ein eigensüchtiges, berechnendes Luder: sie nahm sich was Sie wollte und ließ ihrem launischen Wesen freien Lauf. Doch sie verstand es sich graziös und sicher auf der gesellschaftlichen Bühne zu bewegen und ihm den Zugang zu den richtigen, sprich „höheren“ Kreisen zu verschaffen. Sie hatte ihn ins „Maison Rouge“ eingeführt: eine verschworene Gruppe hochrangiger Generäle, Finanziers und Industriemagnaten, die das Ende des Tausendjährigen Reichs kommen sah. Gold, Diamanten, Devisen und andere Vermögenswerte waren über dunkle Kanäle in die Schweiz geschleust und in den Tresoren honoriger, eidgenössischer Bankhäuser zwischengelagert worden. Die ehrenwerten Herren der Geheimgesellschaft hatten sich längst mit Bankiers in London und New York ins Benehmen gesetzt, um das Fell des waidwunden Bären zu verteilen. Nazi-Deutschland war am Ende. Und am Wiederaufbau der Trümmerwüste ließ sich eine goldene Nase verdienen. Wer das nötige Startkapital mitbrachte, konnte sich in aller Ruhe die Sahnestückchen sichern und den Renditerahm abschöpfen. Als V-Mann des „Maison“ bei der Truppe war er zwar nur ein winziges, unbedeutendes Rädchen. Immerhin hatte er als einer der „Rädelsführer“ dafür Rechnung zu tragen, dass der „Endsieg“ den richtigen Leuten in den Schoß fiel. Seine Gemahlin und sein Schwiegerpapa würden obendrein ihre Beziehungen spielen lassen, um ihm als „Gratifikation“ gut dotierte Pöstchen in irgendwelchen Gremien und Beiräten zuzuschanzen.
                Doch noch war es nicht so weit. Noch hieß es mit den Wölfen zu heulen und Vorsicht die Mutter der Porzellankiste sein zu lassen. Der Krieg war verloren, aber er war noch nicht zu Ende. Und so brüllten seine Landser unverdrossen „Heil Hitler!“ wie einst die Legionäre „Ave Caesar!“ Altenbrunner sehnte das Ende dieser Gröfaz-Farce, dieser Nazi-Camouflage herbei. Ungeduldig sein, bedeutete indes unbeherrscht und unvorsichtig zu werden. Und wie hieß es in der goldenen Regel der Samurai so treffend: die Gefahr ist dann am größten, wenn du dich in Sicherheit wähnst. Mit Röntgenaugen tastete er die dunstigen Nebelschleier über den Bergen ab. Man musste weder Prophet noch Augur sein, um vorherzusehen, dass die alliierten Kommandostäbe einen vernichtenden Schlag gegen die Einrichtungen auf den Obersalzberg planten. Die unten am Platterhof stationierten Verbände konnten sich im Falle eines Luftangriffs im unterirdischen Stollensystem einigeln. Hier oben auf dem Karstplateau saßen er und seine Männer jedoch wie auf
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