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Creepers - Der Fluch der Hexe

Creepers - Der Fluch der Hexe

Titel: Creepers - Der Fluch der Hexe
Autoren: Joanne Dahme
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Zeitung zu bekommen. Ich sträubte mich zuerst dagegen, allein zum Friedhof zu gehen, aber Mom hatte recht. Wir hatten keinerlei Möglichkeit, uns bei Mr. Geyer zu entschuldigen, und Mom würde nie jemanden einfach so versetzen.
    Während ich den grasbewachsenen Straßengraben entlangging, wehte mir von Norden her ein kräftiger Wind entgegen.Ich atmete den scharfen Geruch von Regen ein und lauschte dem Rascheln der Maisstängel, die auf der anderen Straßenseite gegeneinandergeweht wurden. Die Wolken hingen tief, schwer und schwarz am Horizont. Ich war beinahe erleichtert. Mr. Geyer würde die Führung sicherlich absagen, wenn sich über unseren Köpfen ein Gewitter zusammenbraute. Ansonsten hätte er mich womöglich überreden wollen, ohne meine Mutter an der Führung teilzunehmen.
    Das eiserne Tor war schwer und quietschte, als ich es öffnete. Ich hatte die Absicht, die beiden von der Friedhofsseite her am Haupteingang zu treffen. Wenn ich es vermeiden konnte, wollte ich nicht unbedingt unter diesem einladenden Memento-mori- Schild hindurchgehen.
    Ich war weniger als fünfhundert Meter vom Haupteingang entfernt, als ich Mr. Geyer und Margaret entdeckte, die sich gegen einen der großen schmiedeeisernen Torpfosten gelehnt hatten. Ich rannte zwischen den Grabsteinen hindurch, die mir allesamt bis zur Hüfte reichten. Einige von ihnen waren rechteckig, andere hatten einen halbrunden Abschluss oder endeten in einem Dreieck, das einer Bergspitze glich. Ich hatte keine Zeit, die Inschriften zu lesen. Ich betrachtete die Grabsteine eher als Hindernisse denn als »Sehenswürdigkeiten«, wie es vielleicht in einem Reiseführer geheißen hätte. Meine Turnschuhe trommelten gleichmäßig gegen den Boden, wobei ich streng darauf achtete, niemandem aufs Grab zu springen.
    Während ich lief, hörte ich plötzlich ein Rascheln. Es erinnerte mich an das Geräusch toter Blätter, wenn der Wind sie gnadenlos aufwirbelt und über den Boden schleift. Zuerst fielen meine Schritte nur auf kurzes Gras, das von der Trockenheit des letzten Monats braun geworden war. Dann bemerkte ich die Stränge von Efeu, die sich über meinen Pfad rankten. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie er über den Rasen kroch und sich auf den Grabsteinen rekelte. Der Efeu war einfach überall und versuchte, mir wie ein Stolperdraht Fallen zu stellen.
    »Courtney! Ist alles in Ordnung mit dir?« Mr. Geyer hielt mich an den Schultern fest, als hätte er Angst, ich würde ihm sonst vor die Füße kippen.
    Ich war völlig außer Atem, weil ich so schnell gerannt war, als wäre jemand hinter mir her. Ich blickte auf meine Füße und dann hinter mich, um zu sehen, ob der Efeu sich wieder zurückgezogen hatte. Aber natürlich bedeckten seine drahtigen Ranken den Rasen immer noch wie feine Adern.
    »Ja, alles in Ordnung«, erwiderte ich in einem schrillen, nervösen Tonfall. Ich bemühte mich, wieder normal zu klingen. »Mom kann leider doch nicht kommen. Ich soll fragen, ob Sie vielleicht an einen anderen Termin Zeit hätten.«
    Mir fiel auf, dass Margaret mich aufmerksam beobachtete. Der Wind spielte mit ihren feinen Haarsträhnen, die zu kurz waren, um eingeflochten zu werden. Sie trug ein rosafarbenes Shirt mit großen weißen Punkten – eins, das ich nicht mal tragen wollte, wenn ich tot wäre –, aber sie sah hübsch darin aus.
    »Das trifft sich gut. Bei dem Wetter hätten wir den Rundgang ohnehin absagen müssen«, entgegnete Mr. Geyer freundlich. Er schielte mit seiner Glasbaustein-Brille hinauf zum Himmel, als wolle er nach einem Zeichen suchen.
    »Daddy, wenn wir schon mal hier sind, dann können wir Courtney doch Prudence’ Grab zeigen, oder?«, fragte Margaret in einem lieblichen Tonfall. Es war das erste Mal, dass ich den Eindruck hatte, sie würde ihn um etwas anflehen. Ihre grünen Augen waren hoffnungsvoll geweitet.
    Der Wind wehte nun in starken Böen, und die großen Bäume auf dem Friedhof schüttelten ihre Zweige wie Kastagnetten. Sogar der Efeu wirkte plötzlich eingeschüchtert, so wie er sich an die Grabsteine und Grashalme klammerte.
    Mr. Geyer sah erneut über die Schulter hinauf zum Himmel, ehe er antwortete: »Ja, Margaret, aber wir sollten uns beeilen, sonst werden wir pitschnass.«
    Margaret überraschte mich, indem sie meine Hand nahm. Ihre eigene fühlte sich weich und kühl an.
    »Ich werde es dir zeigen«, flüsterte sie.
    Keiner von uns sagte ein Wort, während wir den schmalen kiesbedeckten Weg hinuntergingen, der uns ins Innere des
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