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Count Down

Count Down

Titel: Count Down
Autoren: Matthias Goosen
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Weihnachten war immer mein Lieblingsfest. Das ist es immer noch. Wir hatten jedesmal einen riesigen Baum in unserem Farmerhaus. Mein Vater hatte einen großen Bauernhof, mit vielen Tieren, vielleicht rührt daher der Wunsch meiner Tochter Tierärztin zu werden, sie liebt Tiere über alles.
      Oft denke ich über die Zeit nach. Dann stelle ich mir vor: Wie es wäre, wenn man sich an irgendeinem beeindruckenden Ereignis festhalten könnte? Ich würde mir meinen ersten Schultag aussuchen. Da war noch alles in Ordnung. Keine Schwierigkeiten, keine Probleme. Auch das erste Rendezvous mit Bonnie kann ich nicht vergessen. Sie sah so bezaubernd aus, mit ihren 17 Jahren. Damals war ich 19. Ich erinnere mich noch: Sie hatte ein einfaches, blaues Kleid an, mit einem Margeriten-Muster. Ihre Haare, sie waren dunkelblond und sie trug sie offen. Sie lächelte mich an und wurde ständig rot wenn ich ihr Lächeln erwiderte. Ihre Augen erzählten damals viel, heute nicht mehr.
      Und dann kam Steve in mein Leben, was für eine Bereicherung. Sein verschmitztes Lächeln, das manchmal unter einer Baseballkappe hervorguckt. Die Haare hat er immer kurz, er möchte sie aber nach seiner Zeit beim Militär etwas länger wachsen lassen. „Würde dir sicherlich gut stehen“, habe ich ihm gesagt, und es ist mein voller Ernst.
      Es wird Zeit.
     
    Noch waren sie sicher auf der Erde.
      Doch nun gab das Bodenkommando ein Zeichen, dass alles in Ordnung sei. Bastian & Co waren in einer Kapsel, die soeben geschlossen wurde. Sie nahmen an ihren zugeteilten Stellen Platz. Letzte Vorbereitungen wurden getroffen. In zehn Sekunden würden die ersten Triebwerke gezündet werden. Der Count-Down begann. Natürlich kamen den Männern die Sekunden wie Tage vor. Vor allem Bastian hasste diesen kurzen Abschnitt vor dem Start sehr. Er war grausam, weil die Anspannung ihn fast entzweite. Der Count-Down-Zähler war laut und extrem dumpf. Man wollte alles richtig machen. Konzentration war gefragt.
     
    6 …
    Ihr Gesicht war schweißnass.
    5 …
    Sie konnten sich nicht bewegen.
    4 …
    Es s chien so, als würden sie ihren Atem anhalten.
    3 …
    2 …
    1 …
    Stille
     
    S T A R T!
    Go
     
    Die Zündung hat begonnen. Die massenhaft e Ausströmung von Adrenalin ebenso. Die Blutbahnen in den Körpern waren stark belastet. Ein Druck wurde auf ihre Weichteile ausgelöst. Nicht nur physisch ging es den Männern in diesem Augenblick schlecht. Auch seelisch machten sie in diesen Sekunden die Hölle durch.
      Larry gab eine Schreckensnachricht von sich: „Das Druckthermostat steigt an! Leider ziemlich schnell und heftig!“
      Bastian und die anderen gerieten in Panik, jeder versuchte das Nötigste und Beste aus seiner Position herauszuholen. Das Limit der acht PSA war schon überschritten. Jedem war, bewusst, dass wenn der Druck nicht gleich sinken würde, dass sie sterben würden. „Wir werden zerdrückt wie eine Tomate“, hörte Bastian jemanden schreien.
      Starke Kopf- und Gliederschmerzen plagten sie. Alles ging so schnell. Die vier fummelten an den Geräten herum – doch vergebens. Ihre Herzen schlugen rasend schnell. Die Luft fühlte sich schwer wie Blei an. Bastian konnte seine Nerven nicht mehr unter Kontrolle halten. Tränen kullerten über sein heißes Gesicht. Sie sahen dem Tod in die Augen. So nah waren sie ihm noch nie zuvor gekommen.
     
    Wir haben eines gelernt, auf der Akademie: Vertraue den Maschinen, aber sei wachsam!
      Dies hilft jetzt keinem mehr. Es ist zu spät. „Warum muss ich sterben?“  Ich sagte doch, dass es auf alle Fragen eine Antwort gäbe, warum gibt es dann auf diese Frage keine Antwort.
     
    Sie versuchten, alle ihre Kenntnisse anzuwenden, um den Druck zu senken, es war aber nicht möglich. Irgendetwas blockierte das Gerät.
      Unerträgliche Gelenkschmerzen. Blut. Angst.
      Bill konnte sich kaum noch bewegen. Wie gelähmt stand er inmitten des kleinen Raumes. An allen möglichen Stellen blutete er. Es schien so als würde sein Körper sich zusammenziehen und sich wieder ausdehnen. Obwohl sie wahrscheinlich nichts mehr von alle dem mitbekamen, ihre Gehirne arbeiteten nach wie vor …
      Die Bodenstation tat alles, was in ihrer Macht stand. Sie mussten mit ansehen, wie die Mutigen unaufhaltsam in den Tod gingen – im Namen der Wissenschaft!  In der Rakete schrie Jack angsterfüllt um Hilfe. Bastian aber, schrie nicht. Seine Halsschlagader drückte sich heraus und langsam erstickte er. Wieder floss Blut. Das pure
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