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Corum 04 - Das kalte Reich

Corum 04 - Das kalte Reich

Titel: Corum 04 - Das kalte Reich
Autoren: Michael Moorcock
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ritten an den Klippen entlang, gegen die eine See brauste und donnerte, wie in Ankündigung der kommenden Schlachten.
     
    Schließlich standen sie auf einem gelben Strand mit den schwarzen, zerklüfteten Klippen über ihnen und der unruhigen See vor ihnen. Sie sahen einen seltsamen Felsen, der einsam aus dem Sand des Strandes ragte. Es hatte zu regnen begonnen, und der Regen und die Gischt benetzten den Felsen und überzogen ihn mit einer Palette von schimmernden, weichen Farben. An einigen Stellen war der Stein undurchsichtig, aber an anderen völlig transparent, so daß man die warmen Farben in seinem Herzen sehen konnte.
    »Der Sidhi-Felsen«, erklärte Medheb.
    Corum nickte. Was sonst konnte dieser Felsen sein? Er war nicht aus dieser Ebene. Vielleicht war er zusammen mit HyBreasail aus der Ebene der Sidhi gekommen, als sie in den Kampf gegen die Fhoi Myore zogen. Corum hatte schon ähnliches gesehen Gegenstände, die eigentlich nicht auf diese Ebene gehörten, und von denen ein Teil immer noch in einer anderen Dimension lag.
    Der Wind wehte ihm Wasser ins Gesicht. Er wehte ihnen die Mäntel um die Schultern, während sie nicht ohne Mühe den glatten, abgeschliffenen Felsen erkletterten, bis sie nebeneinander auf der Spitze des Sidhi-Felsens standen. Schwere Wogen brandeten gegen den Strand und die Klippen. Regen ergoß sich in Sturzbächen über den Felsen und formte schimmernde Kaskaden.
    »Nun nimm den Speer in deine silberne Hand«, wies ihn Medheb an. »Halte ihn hoch über dich.«
    Corum gehorchte.
    »Nun mußt du das, was ich dir vorspreche, in deine Sprache übersetzen, die alte Vadhaghsprache, denn das war auch die Sprache der Sidhi.«
    »Ich weiß«, sagte Corum. »Was muß ich also sagen?«
    »Bevor du anfängst zu sprechen, muß du an den Bullen denken, den Schwarzen Bullen von Crinanass. Seine Schultern sind höher als deine Stirn. Er trägt einen Mantel aus langem, schwarzen Haar. Seine Hörner sind von Spitze zu Spitze weiter als deine Armspanne, und sie sind scharf und spitz, diese Hörner. Kannst du dir so ein Geschöpf vorstellen?«
    »Ich denke schon.«
    »Dann sprich das Folgende, und sprich es deutlich.«
    Um sie herum wurde alles in einen grauen Schleier gehüllt bis auf den großen Felsen, auf dem sie standen.
    Du sollst die hohen Tore aus Stein durchqueren, Schwarzer Bulle.
    Du sollst kommen von dort, wo du weilst, wenn Cremm Croich ruft.
    Wenn du schläfst, Schwarzer Bulle, wache auf.
    Wenn du wachst, Schwarzer Bulle, erhebe dich.
    Wenn du stehst, Schwarzer Bulle, lauf.
    Laß die Erde beben, Schwarzer Bulle.
    Komm zum Felsen, wo du gezeugt bist, Schwarzer Bulle, wo du geborenbist.
    Denn er, der den Speer hält, ist Meister deines Geschicks.
    Bryionak, geschmiedet auf Crinanass und geschmolzen aus Sidhi-Stein, Kämpft noch einmal die Fhoi Myore, die auch du kämpfen mußt, Schwarzer Bulle.
    Komm, Schwarzer Bulle. Komm, Schwarzer Bulle. Komm heim.
    Medheb hatte alles gesprochen, ohne einmal Atem zu holen. Nun blickten ihre graugrünen Augen gespannt auf Corum. »Kannst du das in deine eigene Sprache übertragen?« »Aye«, sagte Corum. »Aber warum sollte ein Tier solch einer Beschwörung folgen?«
    »Danach frage nicht, Corum!«
    Der Vadhagh zuckte die Schultern.
    »Siehst du den Bullen im Geiste noch vor dir?«
    Er schwieg einen Augenblick, dann nickte er. »Ich sehe ihn.«
    »Dann will ich dir die Zeilen noch einmal vorsprechen, und du wiederholst sie auf Vadhagh.«
    Und Corum gehorchte, obwohl der Gesang ihm barbarisch und kaum vadhaghschen Ursprungs erschien. Langsam wiederholte er, was sie ihm vorsprach. Er fiel in einen Sprechgesang, der ihm leicht um den Kopf werden ließ. Die Worte begannen von seinen Lippen zu fließen. Er deklamierte. Er stand in seiner vollen Größe, sein Haar wehte im grauen Wind, und er hielt den Speer Bryionak hoch, und er rief den Bullen von Crinanass. Lauter und lauter wurde seine Stimme und übertönte Wind und Wellen.
    »Komm, Schwarzer Bulle! Komm, Schwarzer Bulle! Komm heim!«
    Als er geendet hatte, legte sie eine Hand auf seinen Arm, und einen Finger auf ihre Lippen, und sie lauschten. Durch das Heulen des Windes, das Brausen des Meeres und das Prasseln des Regens hörte sie von irgendwoher ein fernes Brüllen, und der Sidhi-Felsen schien aufzuglühen und erbebte leicht.
    Das Brüllen klang jetzt näher.
    Medheb lächelte Corum zu und preßte seinen Arm an sich.
    »Der Bulle«, flüsterte sie. »Der Bulle kommt.«
    Aber sie konnte noch immer nicht
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