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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge
Autoren: Jan Guillou
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Schluß nicht, und dann sind wir noch zehn Minuten zu spät gekommen, hast du daran gedacht?«
    Fristedt holte seine Pfeife hervor und zündete sie sorgfältig an. Sehr sorgfältig, um Zeit zu gewinnen.
    »Sie sind so verflucht gleich«, sagte er schließlich. »Israelis oder Palästinenser, sie haben die haargenau gleiche Logik und das haargenau gleiche Verhalten. Der Unterschied war klein, nur eine Telefonnummer.
    Schreib jetzt, Carl. Ich bleibe, bis du fertig bist.«
    Es hatte einen ganz besonderen Grund, daß Plan Dalet in der Nacht vom 30. auf den 31. Dezember durchgeführt werden sollte. Dieser Grund hatte etwas mit den Medienreaktionen zu tun, die auf die Operation erfolgen würden.
    Bei den Morgenzeitungen wären die Ausgaben für den 31. Dezember schon zwei Stunden vor der Schlußphase der Operation fertig und würden gerade ausgeliefert. Danach hätte die Arbeit für vierundzwanzig Stunden geruht, da der 31. Dezember ein arbeitsfreier Tag ist. Am Neujahrstag erscheinen in Schweden keine Zeitungen.
    Die Stockholmer Abendzeitungen gehen am 30. Dezember zur gleichen Zeit in Druck wie an Sonnabenden. Das bedeutet, daß man nach acht, möglicherweise nach neun Uhr am Morgen des 31. Dezember, eine nur sehr geringe Chance hat, noch weiteres Material in die letzte Ausgabe über die nächsten zwei Tage aufzunehmen.
    Als die Arbeit am Morgen des 31. Dezember bei Rundfunk und Fernsehen begann, waren die Nachrichtenredaktionen weniger als zur Hälfte besetzt.
    All das hatte bei der Planung der Operation eine wichtige Rolle gespielt.
    Die einzige Publizität von Bedeutung, die es am Tag nach dem Einsatz der Kommando-Gruppe geben würde, war das, was die beiden Abendzeitungen während einiger kurzer Nachtstunden ergattern konnten, sowie die öffentlichen Kommuniques, die Nachrichtendienste, Rundfunk und Fernsehen von den schwedischen Behörden erhalten würden, also das Material, das Büro B der Sicherheitsabteilung für die Öffentlichkeit freigab.
    Die Artikel beider Abendzeitungen über die langwierige Terroristen-Affäre waren entweder längst fertig oder so gut wie fertig, als mitten in der Nacht Alarm gegeben wurde. Man hatte der unerwarteten Entwicklung beim Haftprüfungstermin vor dem Oberlandesgericht, bei dem der vermeintliche Kopf der schwedischen Terroristengruppe auf freien Fuß gesetzt worden war, relativ breiten Raum eingeräumt.
    Expressen ging die Sache so an, daß ein billiger Advokatenkniff den Terroristenführer freibekommen habe; der Staranwalt habe das Gericht mit einem Munitionstyp hereingelegt, der in diesem Zusammenhang völlig irrelevant sei (keiner der Zeitungsreporter war bei dem entscheidenden Punkt von Appeltofts Zeugenaussage anwesend gewesen, und die offiziellen oder inoffiziellen Sprecher der Sicherheitspolizei waren dieses eine Mal ungewöhnlich verschwiegen). Der Spezialist von Expressen für arabischen Terrorismus mußte überdies eine Reihe interessanter Tips erhalten haben, und einer dieser Tips hatte ihn dazu gebracht, sich mit einem bereits geschriebenen Hintergrundartikel über Libyen und die Mordpatrouillen des libyschen Diktators bereit zu halten. Dieser Mann wußte nämlich aus sicherer Quelle, daß etwas bevorstand, was mit Libyen und Terrorismus zu tun hatte.
    Als im Polizeifunk die nächtliche Musik begann, stand bei beiden Abendzeitungen sofort fest, daß sich etwas unerhört Großes ereignet hatte.
    Schon zwanzig Minuten nach der Ankunft der ersten Krankenwagen waren die ersten Reporter in Viggbyholm zur Stelle.
    Anfänglich erfuhren sie nicht viel. Man teilte ihnen nur mit, zwei Krankenwagen mit Verletzten seien auf dem Weg ins Krankenhaus, und das Haus sei voller toter und zerschossener Menschen.
    In den folgenden Stunden setzten die Zeitungen jedoch immer mehr Leute ein, und mochte das Bild auch nicht deutlich werden denn das würde noch dauern -, so wurde es zumindest deutlich genug, um damit sechs oder sieben ganze Seiten zu füllen. Sie enthielten jedoch hauptsächlich Fotos: von Polizeibeamten in kugelsicheren Westen, von Blutspuren im Schnee, von Tragbahren und Krankenwagen. Hinzu kamen fragmentarische Zeugenaussagen der Sorte: »Es war ein Blutbad, das schlimmste, das ich in meinen dreißig Jahren bei der Polizei erlebt habe«, und so weiter.
    Carl hatte traumlos geschlafen, fast wie bewußtlos. Den Telefonstecker hatte er zuvor aus der Wand gezogen.
    Als er aufwachte, war es schon früher Nachmittag. Er trat ans Fenster und sah hinaus. Dort unten standen St.
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