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Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers

Titel: Commissario Montalbano 10 - Die schwarze Seele des Sommers
Autoren: Andrea Camilleri
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tagelangen, intensiven Grabungsarbeiten nicht befreien konnte. Der Junge starb. Das alles fand Tag und Nacht vor laufenden Kameras und bei ständiger Medienpräsenz statt und verkam zu einem tragischen Sommerspektakel. A.d.Ü.)
     »Soll ich denn kommen?«
    »Nicht nötig.«
    Er ging ins Haus zurück und rief vom Telefon im Wohnzimmer aus Livia auf ihrem Handy an. »Wie geht es Laura?«
    »Sie ist eingeschlafen, man hat ihr eine Beruhigungsspritze gegeben. Wir steigen gerade ins Auto. Und Bruno?«
    »Ich glaube, ich habe die Stelle gefunden, wo er sich befindet.«
    »Oh mein Gott, und was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, dass er in einen Graben geklettert ist, aus dem er nicht mehr herauskommt.«
    »Aber… Lebt er?«
    »Das weiß ich nicht, ich hoffe aber doch. In Kürze kommt die Feuerwehr. Wenn Laura entlassen wird, bring sie zu uns nach Marinella. Ich will sie hier nicht haben. Guido kann kommen, wenn er will.«
    »Ich bitte dich, ruf mich wieder an und halt mich auf dem Laufenden.«
    Er kehrte zu Gallo zurück, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte.
    »Was hat der Kater gemacht?«
    »Er hat alle Sardellen gefressen und ist ins Haus gegangen. Haben Sie ihn nicht gesehen?«
    »Nein. Er muss wohl in die Küche gegangen sein, um ein bisschen Wasser zu trinken.«
    Vor einiger Zeit hatte Montalbano gemerkt, dass er weniger gut hörte.
    Nichts Schwerwiegendes, doch diese Reinheit des Hörens, die wie die Reinheit des Sehens ist, hatte sich beschlagen. Früher einmal hatte er ein Gehör, dass er das Gras wachsen hören konnte. Verdammtes Altern! »Wie steht's mit deinem Gehör?«, fragte er Gallo. »Ich hab ein sehr feines, Dottore.«
    »Versuch mal, ob du was hörst.«
    Gallo legte sich bäuchlings auf die Erde und steckte den Kopf in den Graben.
    Montalbano hielt den Atem an, er wollte ihn nicht stören. Ringsum war es absolut still, die Villetta stand wirklich ganz abseits. Plötzlich zog Gallo seinen Kopf heraus.
    »Mir kommt es vor, als hätte ich was gehört.« Er hielt sich die Ohren zu, atmete tief ein, nahm die Hände wieder weg und steckte den Kopf erneut in den Graben. Nach nicht einmal einer Minute hob er ihn, drehte sich zu Montalbano um und sah ihn an: Er zeigte ein zufriedenes Gesicht.
    »Ich hab ihn weinen hören. Da bin ich mir sicher. Vielleicht hat er sich beim Fallen wehgetan. Aber es ist ganz weit weg. Wie tief ist dieser Graben?«
    » Ob verletzt oder nicht, erst einmal sind wir sicher, dass er lebt. Und das ist schon mal eine gute Nachricht.« In diesem Augenblick tauchte Ruggero wieder auf, maunzte, sprang seelenruhig in den Graben und verschwand. »Er geht ihn besuchen«, sagte der Commissario. Und weil Gallo Anstalten machte aufzustehen, hielt Montalbano ihn zurück:
    »Warte noch eine Minute. Danach horchst du, ob der Kleine noch immer weint.«
    Gallo tat wie ihm geheißen. Er horchte lange, dann sagte er:
    »Ich höre nichts mehr.«
    »Siehst du? Ruggeros Anwesenheit tröstet ihn.«
    »Und jetzt?«
    »Und jetzt gehe ich in die Küche und genehmige mir ein Bier. Willst du auch eins?«
    »Nein, nein, ich nehme Orangensaft. Ich hab gesehen, dass welcher da ist.«
    Sie waren zufrieden, auch wenn es noch ein langer und beschwerlicher Weg war, bis sie den kleinen Bruno da herausgezogen haben würden.
    Montalbano trank in aller Ruhe eine Flasche Bier, und danach rief er Livia an. »Er lebt.«
    Er erzählte ihr alles. Am Ende fragte Livia: »Darf ich's Laura sagen?«
    »Hör zu, ich glaube nicht, dass es leicht sein wird, ihn da herauszuholen, und die Feuerwehrleute sind noch nicht angekommen. Besser nicht, für den Augenblick. Guido ist weiterhin bei euch?«
    »Nein, er hat uns nach Marinella gebracht und ist jetzt auf dem Weg zu euch.«
    Man sah sofort, dass der Chef der Feuerwehrmannschaft, die aus sechs Männern bestand, jemand war, der sein Handwerk verstand. Montalbano erklärte ihm, was seiner Ansicht nach geschehen war, berichtete ihm von der Absenkung, die ein paar Tage zuvor stattgefunden hatte, und sagte ihm, er habe den Eindruck, dass das Haus sich nach einer Seite hin neigte. Der Feuerwehrkommandant nahm Wasserwaage und Senkblei und kontrollierte. »Sie haben recht. Es neigt sich.«
    Dann begann er mit seiner Arbeit. Zuerst prüfte er die Bodenbeschaffenheit rings um die Villetta mit einem Stock mit Stahlspitze, danach durchstreifte er das ganze Haus, hielt im Wohnzimmer inne, um die Ritze zu untersuchen, durch die die Schaben hereingekrochen waren, dann kam er heraus. Er steckte
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