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Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers

Titel: Commissario Montalbano 08 - Die Passion des stillen Rächers
Autoren: Andrea Camilleri
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statt, und ich würde gerne übermorgen anfangen, Susanna ernsthaft zu vernehmen. Der Staaatsanwalt ist einverstanden. Und du?«
    »Was habe ich damit zu tun?«
    »Musst du nicht dabei sein?«
    »Keine Ahnung. Das soll der Questore entscheiden. Ach ja, tu mir doch den Gefallen und ruf ihn an, lass dir sagen, wie es weitergeht, und melde dich dann wieder bei mir.«
    »Sind Sie das, Dutturi? Hier ist Cirrinciò Adelina.«
    Adelina! Woher wusste sie, dass Livia abgereist war? Hatte sie es gewittert? Gespürt? Er forschte besser nicht nach, sonst kam noch heraus, dass die ganze Stadt wusste, welches Liedchen er trällerte, wenn er auf dem Klo saß.
    »Was gibt’s denn, Adelì?«
    »Dutturi, kann ich am Nachmittag zum Putzen und zum Kochen kommen?«
    »Nein, Adelì, heute nicht, komm morgen früh.«
    Er brauchte ein bisschen Zeit zum Nachdenken, ohne dass jemand in seiner Nähe war.
    »Dutturi, haben Sie sich das mit der Taufe von meinem Enkel schon überlegt?«, fuhr Adelina fort.
    Er zögerte keine Sekunde. Mochte Livia sich für witzig gehalten haben, mit dem ausgeglichenen Konto hatte sie ihm jedenfalls ein hervorragendes Argument geliefert.
    »Habe ich, ich bin einverstanden.«
    »Maria, da freu ich mich aber!«
    »Steht das Datum schon fest?«
    »Das hängt doch von Ihnen ab, Dutturi.«
    »Von mir?«
    »Ja, wann Sie frei sind.«
    Nein, das hängt davon ab, wann dein Sohn frei ist, hätte der Commissario am liebsten geantwortet, Pasqualino, der Vater, ging schließlich im Gefängnis ein und aus. Doch er sagte nur:
    »Macht ihr das miteinander aus und gebt mir dann Bescheid. Ich habe ja jetzt jede Menge Zeit.«
    Francesco Lipari sank auf den Stuhl vor Montalbanos Schreibtisch. Er war kalkweiß im Gesicht, die Augenringe tiefschwarz, wie mit Schuhcreme gemalt. Sein Anzug war zerknittert, vielleicht hatte er sich mitsamt seinen Kleidern ins Bett gelegt. Montalbano wunderte sich, er hatte erwartet, dass Francesco nach Susannas Freilassung fröhlich und erleichtert war, aber nein …
    »Geht’s dir nicht gut?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Susanna will nicht mit mir sprechen.«
    »Was heißt das?«
    »Keine Ahnung. Seit ich weiß, dass sie frei ist, habe ich bestimmt zehnmal angerufen. Immer war der Vater oder der Onkel dran, nie Susanna. Und jedes Mal hieß es, sie sei beschäftigt und könne nicht ans Telefon kommen. Auch heute Morgen, als ich erfuhr, dass ihre Mutter gestorben ist …«
    »Wie hast du es erfahren?«
    »Ein lokaler Radiosender hat es gemeldet. Mein erster Gedanke war: Gott sei Dank hat Susanna sie noch lebend gesehen! Ich rief sie an, wollte bei ihr sein, aber ich bekam wieder die gleiche Antwort. Sie sei nicht zu sprechen.«
    Er legte das Gesicht in die Hände.
    »Was habe ich ihr denn getan, dass sie mich so behandelt?«
    »Gar nichts«, sagte Montalbano. »Aber du musst versuchen, sie zu verstehen. Das Trauma einer Entführung geht sehr tief und ist schwer zu überwinden. Das sagt jeder, der diese Erfahrung machen musste. Lass ihr Zeit.«
    Der gute Samariter Montalbano schwieg zufrieden. Er entwickelte gerade eine gewagte und sehr persönliche Ansicht zu der ganzen Geschichte, die er dem jungen Mann nicht darlegen wollte, also blieb er im Allgemeinen.
    »Könnte sie mit dem Trauma nicht leichter fertig werden, wenn jemand bei ihr wäre, der sie wirklich liebt?«
    »Soll ich dir was sagen?«
    »Natürlich.«
    »Ich muss dir was gestehen: Ich glaube, ich wäre wie Susanna gern allein, um mir die Wunden näher anzusehen.«
    »Wunden?!«
    »Ja. Und nicht nur die eigenen, sondern auch die, die den anderen zugefügt wurden.«
    Der junge Mann sah ihn entgeistert an.
    »Ich verstehe gar nichts mehr.«
    »Macht nichts.«
    Der gute Samariter Montalbano hatte nicht die Absicht, seine Tagesdosis an Güte auf einmal zu verschleudern.
    »Wolltest du mir sonst noch was sagen?«
    »Ja. Wussten Sie, dass Ingegnere Peruzzo von der Kandidatenliste seiner Partei gestrichen worden ist?«
    »Nein.«
    »Und wussten Sie, dass die Steuerfahndung seit gestern Nachmittag in Peruzzos Büros zugange ist? Es geht das Gerücht, dass sie auf Anhieb genug Material gefunden haben, um ihn hinter Gitter zu bringen.«
    »Davon wusste ich nichts. Und?«
    »Na ja, jetzt frage ich mich allerhand.«
    »Und von mir willst du die Antworten?«
    »Ja, schon.«
    »Ich bin bereit, dir eine einzige Frage zu beantworten. Falls ich es kann. Such dir eine aus.«
    Francesco stellte die Frage sofort, es war anscheinend die erste auf der
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