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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres
Autoren: Andrea Camilleri
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Scheißbullen. Mir haben zwei oder drei Frauen gesagt, ich wäre ein Scheißtyp. Zu dir hat das wohl noch niemand gesagt, folglich bist du mit dem Wort nicht gemeint. Von Mörder ganz zu schweigen.
    Also?«
    »Meine Güte, Mimi, bist du witzig mit deiner Rätselwochen-Logik!«
    »Salvo, es ist ja wohl nicht das erste Mal, dass die uns als Schweine, Scheißtypen und Mörder bezeichnen.«
    »Bloß dass sie dieses Mal, zumindest teilweise, Recht haben.«
    »Ach ja, findest du?«
    »Finde ich. Erklär mir mal, warum wir, nachdem jahrelang nichts Vergleichbares passiert ist, in Genua so vorgegangen sind.«
    Mimi sah ihn aus schmalen Augenschlitzen an und schwieg.
    »O nein!«, sagte der Commissario. »Antworte mir richtig, nicht mit diesem Bullenblick.«
    »Also gut. Aber eins noch: Ich habe nicht die Absicht, mich mit dir zu zoffen. Einverstanden?«
    »Einverstanden.«
    »Ich weiß schon, was dich wurmt. Nämlich dass das alles unter einer Regierung geschehen ist, der du misstraust und gegen die du Aversionen hast. Du denkst, dass diese Geschichte für die derzeitige Regierung ein gefundenes Fressen ist.«
    »Sag mal, Mimi, hast du eigentlich Zeitung gelesen? Hast du ferngesehen? Mehr oder weniger deutlich wurde gesagt, dass in der Einsatzzentrale in Genua Leute waren, die dort nichts verloren hatten. Minister und Abgeordnete und alle von ein und derselben Partei. Von der Partei, die sich immer auf Recht und Gesetz beruft. Aber wohlgemerkt, Mimi: auf ihr Recht und ihr Gesetz.«
    »Und das heißt?«
    »Das heißt, dass sich ein Teil der Polizei, vielleicht ein besonders schwacher, da er sich für den stärksten hält, geschützt und abgesichert gefühlt hat. Und ausgerastet ist. Im besten Fall.«
    »Gibt's auch einen schlechtesten?«
    »Klar. Dass wir von Leuten, die eine Art Test veranstalten wollten, wie Puppen im Marionettentheater gelenkt worden sind.«
    »Was denn für einen Test?«
    »Wie die Menschen auf einen solchen Gewaltakt wohl reagieren, wie viel Zustimmung, wie viel Missbilligung es gibt. Zum Glück ist die Rechnung nicht aufgegangen.«
    »Na ja …«, meinte Augello zweifelnd.
    Montalbano wechselte das Thema.
    »Wie geht's Beba?«
    »Nicht so besonders. Die Schwangerschaft ist schwierig. Sie muss viel liegen, aber der Arzt sagt, wir brauchten uns keine Sorgen zu machen.«
    Montalbano legte mit seinen einsamen Wanderungen auf der Mole Kilometer um Kilometer zurück, saß stundenlang auf seinem Klagefelsen und dachte über Genua nach, bis ihm das Hirn rauchte, futterte zentnerweise calia e simenza und telefonierte nachts mit Livia, und als seine innere Wunde langsam zu vernarben begann, wurde über eine weitere glorreiche Aktion der Polizei berichtet, diesmal in Neapel.
    Eine Hand voll Polizisten waren festgenommen worden, weil sie mutmaßlich gewaltbereite verletzte Demonstranten aus einem Krankenhaus geholt hatten. Auf der Wache wurden die Leute unter einer Flut von Beschimpfungen und Beleidigungen verprügelt. Doch was Montalbano am meisten erschütterte, war die Reaktion anderer Polizisten auf die Festnahmen: Einige ketteten sich aus Solidarität ans Tor des Präsidiums, manche organisierten Demonstrationen, die Polizeigewerkschaften regten sich auf, ein stellvertretender Polizeipräsident, der in Genua brutal auf einen zu Boden gestürzten Demonstranten eingetreten hatte, wurde in Neapel wie ein Held gefeiert. Dieselben Politiker, die während des G8-Gipfels in Genua weilten, leiteten diesen merkwürdigen (aber Montalbano fand ihn gar nicht so merkwürdig) Kleinaufstand eines Teils der Ordnungskräfte  gegen  die  Richter,   die   die  Festnahmen angeordnet hatten. Montalbano hatte die Schnauze voll. Noch so eine bittere Pille mochte er nicht schlucken. Daher rief er eines Morgens vom Büro aus sofort Dottor Lattes an, den Kabinettschef im Polizeipräsidium Montelusa. Eine halbe Stunde später ließ Lattes Montalbano durch Catarella ausrichten, dass der Polizeipräsident bereit sei, ihn Punkt zwölf Uhr mittags zu empfangen. Die Kollegen im Kommissariat hatten gelernt, aus dem Schritt, mit dem ihr Chefmorgens ins Büro kam, auf seine Laune zu schließen, und daher wussten sie gleich, dass er mit dem linken Bein zuerst aufgestanden war. So schien es von Montalbanos Zimmer aus, als ob das Kommissariat ausgestorben wäre, keine Stimme, kein Geräusch waren zu hören. Sobald Catarella, der am Eingang Wache hielt, jemanden kommen sah, riss er die Augen auf, legte den Finger an den Mund und
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