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Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres

Titel: Commissario Montalbano 07 - Das kalte Lächeln des Meeres
Autoren: Andrea Camilleri
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am Ruder war. Das Erste, was er sah, war er selbst. Splitterfasernackt, mit aufgerissenem Mund und überraschtem Blick, die Hände über das Geschlecht gewölbt. Wie eine in die Jahre gekommene keusche Susanna, nur um einiges behaarter.
    Eine Bildunterschrift vermeldete: Commissario Montalbano (im Bild) rettet eine Leiche. Montalbano dachte an den Fotografen, der mit Fazio und Gallo gekommen war, und wünschte ihm im Stillen aufs Aufrichtigste und Herzlichste ein langes, glückliches Leben.
    Auf dem Bildschirm erschien das Hühnerarschgesicht von Pippo Ragonese, Montalbanos erklärtem Feind. »Heute Morgen kurz nach Tagesanbruch …«
    Auf dem Bildschirm erschien für die, die schwer von Begriff waren, irgendein Tagesanbruch.
    »… wollte unser Held, Commissario Salvo Montalbano, schwimmen gehen -«
    Es erschien ein Meeresausschnitt mit einem Schwimmer, der weit weg und nicht zu erkennen war.
    »Sie werden wohl denken, dass die Badesaison noch nicht angefangen hat, vor allem aber, dass das nicht gerade die geeignete Uhrzeit ist. Aber was wollen Sie machen? Unser Held ist nun mal so, vielleicht war ihm ja nach Schwimmen zumute, um sich die verschrobenen Ideen aus dem Kopf zu treiben, denen er häufig zum Opfer fällt. Als er hinausschwamm, stieß er auf die Leiche eines Unbekannten. Anstatt zu telefonieren und die zuständige Stelle -«
    »- mit dem im Schwanz implantierten Handy«, ergänzte Montalbano wütend.
    »- zu informieren, beschloss unser Commissario, die Leiche ganz allein an Land zu ziehen, und band sie mit der Badehose an seinem Fuß fest. Selbst ist der Mann, lautet sein Motto. Nicht entgangen ist dieses Unternehmen Signora Pina Bausan, die das Meer mit einem Fernglas beobachtete.«
    Daraufhin erschien das Gesicht von Signora Bausan, die ihm mit der Eisenstange eins über den Schädel gezogen hatte.
    »Woher kommen Sie, Signora?«
    »Wir sind aus Treviso, ich und mein Mann Angelo.«
    Zu dem Gesicht der Frau gesellte sich das ihres Mannes, des Schützen.
    »Sind Sie schon lange in Sizilien?«
    »Seit vier Tagen.«
    »Machen Sie hier Urlaub?«
    »Von wegen Urlaub! Ich habe Asthma, und der Arzt hat gesagt, Seeluft würde mir gut tun. Meine Tochter Zina ist mit einem Sizilianer verheiratet, der in Treviso arbeitet -«
    Signora Bausan, der das böse Schicksal einen sizilianischen Schwiegersohn beschert hatte, unterbrach ihre Erklärung mit einem tiefen, kummervollen Seufzer.
    »- und hat gesagt, wir sollen eine Weile im Haus ihres Mannes wohnen, das sie nur einen Monat im Sommer nutzen. Da sind wir eben gekommen.«
    Der kummervolle Seufzer war diesmal noch lauter: Wie war das Leben auf dieser wilden Insel doch hart und gefährlich!
    »Sagen Sie, Signora, warum haben Sie um diese Uhrzeit das Meer beobachtet?«
    »Ich stehe früh auf, da muss ich doch was tun, oder?«
    »Und Sie, Signor Bausan, tragen Sie immer eine Waffe bei sich?«
    »Nein. Ich besitze keine Waffe. Den Revolver habe ich mir von einem Cousin geliehen. Sie verstehen, wenn man nach Sizilien muss -«
    »Sie sind der Meinung, dass man in Sizilien bewaffnet sein sollte?«
    »Ist doch logisch, wo es hier kein Gesetz gibt, oder?«
    Ragoneses Hühnerarschgesicht tauchte wieder auf.
    »Und damit entstand das groteske Missverständnis. Im Glauben -«
    Montalbano schaltete aus. Er war auf Bausan nicht wütend, weil er geschossen, sondern weil er so geredet hatte. Er ging ans Telefon.
    »Haddo, Cadarella?«
    »Jetzt hör mal zu, du Arschloch, du Saukerl -«
    »Cadare, erkennz du mich nich? Ich binz, Montalbano.«
    »Ah, Sie, Dottori? Haben Sie einen Schnupfen?«
    »Nein, Cadare, ich rede aus Sbaß so. Gimmir ma Fazio.«
    »Sofort, Dottori.«
    »Ja bitte, Dottore?«
    »Fazio, bo issn der Rebolber vonnem Alten?«
    »Von Bausan, meinen Sie? Den hab ich ihm zurückgegeben.«
    »Hadder ein Waffenschein?«
    Betretenes Schweigen.
    »Das weiß ich nicht, Dottore. Daran hab ich bei dem ganzen Durcheinander gar nicht gedacht.«
    »Is gut. Das heißt schlecht. Fahr gleich zu ihm und überprüf das. Wenn er kein Schein had, geh gesetzlich gegn ihn vor. Man kann einen alten Trottel, der wild durch die Gegend ballert, nich frei rumlaufn lassn.«
    »Verstehe, Dottore.«
    Das war geschafft. So würden Signor Bausan und seine liebenswerte Gattin lernen, dass es auch in Sizilien ein bisschen Gesetz gab. Nur ein bisschen, aber immerhin. Er wollte gerade wieder ins Bett gehen, als das Telefon klingelte.
    »Haddo?«
    »Salvo, Liebling, was hast du denn für eine Stimme? Hast
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