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Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen

Titel: Commissario Montalbano 05 - Das Spiel des Patriarchen
Autoren: Andrea Camilleri
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war!«
    »Wissen Sie noch, wo Sie saßen?«
    »Ich weiß noch genau, wo ich und meine Frau saßen. Genau in der Mitte des Busses. Davor waren die Bufalottas, dahinter die Raccuglias, auf der anderen Seite die Persicos. Alles Leute, die wir kennen, das war die fünfte Fahrt, die wir zusammen gemacht haben. Die Bufalottas, die Ärmsten, brauchen Aufmunterung. Ihr ältester Sohn, Pippino, ist gestorben, wie -«
    »Wissen Sie noch, wo die Griffos saßen?«
    »Ich glaube, in der hintersten Reihe.«
    »In der mit fünf Plätzen, einer neben dem anderen, ohne Armlehnen?«
    »Ich glaube.«
    »Gut, das war's, Signor Zotta, Sie können gehen.«
    »Was heißt das?«
    »Das heißt, dass wir fertig sind und Sie nach Hause gehen können.«
    »Wie bitte?! Was sind denn das für beschissene Manieren? Wegen so einer Lappalie bemühen Sie einen siebenundsiebzigjährigen alten Mann und seine fünfundsiebzigjährige Frau her? Um sechs Uhr morgens sind wir aufgestanden! Finden Sie das in Ordnung?«
     
    Als der letzte der Alten gegangen war - es war schon fast eins -, sah es im Kommissariat aus, als hätte ein Riesenpicknick stattgefunden. Zwar gab es kein Gras im Büro, aber wo findet man heutzutage überhaupt noch Gras? Und das, was sich vor der Stadt noch behauptet, was ist das, Gras? Ein paar kümmerliche und halb vergilbte Halme, und wenn man mit der Hand hineinlangt, ist da zu neunundneunzig Prozent eine Spritze versteckt, an der man sich sticht.
    Bei diesen netten Gedanken überkam den Commissario wieder schlechte Laune. Dann sah er, wie Catarella, dem das Saubermachen aufgetragen worden war, plötzlich wie ausgestopft dastand, den Besen in der einen Hand und in der anderen etwas, das nicht recht zu erkennen war. »Talè! Talè! Talè! Da schau! Schau! Schau!«, flüsterte er fassungslos und starrte das Ding an, das er vom Boden aufgehoben hatte und jetzt in der Hand hielt. »Was ist das?«
    Plötzlich wurde Catarellas Gesicht feuerrot. »Ein Preversatif, Dottori!«
    »Gebraucht?!«, fragte der Commissario verdutzt. »Nonsi, Dottori, es ist noch zu.«
    Das war also der einzige Unterschied zu den Resten eines echten Picknicks. Ansonsten derselbe trostlose Dreck, Papiertaschentücher, Kippen, Dosen von Coca-Cola, Bier, Limonade, Mineralwasserflaschen, Brot- und Keksreste, in einer Ecke sogar eine Waffel mit Eis, das vor sich hin schmolz.
     
    Wie Montalbano schon vermutet hatte, und das war sicher einer der Gründe, wenn nicht der Hauptgrund für seine miese Laune, stellte sich bei einem ersten Vergleich der Antworten, die er, Fazio und Galluzzo bekommen hatten, heraus, dass sie über die Griffos genauso viel wussten wie vorher.
    Der Bus hatte, abgesehen vom Fahrersitz, dreiundfünfzig Sitzplätze. Die vierzig Ausflügler hatten sich alle im vorderen Teil niedergelassen, zwanzig auf der einen und zwanzig auf der anderen Seite, dazwischen der Gang. Die Griffos indes hatten, auf der Hin- wie auf der Rückfahrt, auf zweien der fünf Plätze in der letzten Reihe vor der großen Heckscheibe gesessen. Sie hatten niemanden angesprochen, und niemand hatte sie angesprochen. Fazio berichtete dem Commissario, dass einer der Fahrgäste zu ihm gesagt hatte: »Wissen Sie was? Nach einer Weile haben wir sie vergessen. Es war, als würden sie nicht mit uns im selben Bus fahren.«
    »Aber«, sagte der Commissario plötzlich, »es fehlt noch die Aussage dieses Ehepaares mit der kranken Frau. Seime, glaube ich.«
    Fazio grinste.
    »Und Sie glauben, Signora Seime hätte sich von der Party ausschließen lassen? Ihre Freundinnen schon und sie nicht? Sie ist erschienen, begleitet von ihrem Mann, und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Neununddreißig Grad Fieber hatte sie. Ich habe mit ihr geredet, Galluzzo mit ihrem Mann. Ohne Ergebnis, die Signora hätte sich die Strapazen sparen können.« Sie sahen einander bekümmert an.
    »Die Nacht vertan und ein Mädchen geboren«, lautete Galluzzos Kommentar, die sprichwörtliche Bemerkung eines Ehemannes zitierend, der die ganze Nacht lang seiner gebärenden Frau beigestanden und dann zugesehen hatte, wie ein Mädchen statt des ersehnten Sohnes zur Welt kam. »Gehen wir essen?«, fragte Fazio und stand auf. »Geht ihr nur. Ich bleibe noch. Wer hat Wache?«
    »Gallo.«
     
    Als er allein war, sah er sich die von Fazio angefertigte Skizze vom Sitzplan des Busses an. Oben ein einzelnes kleines Rechteck, in dem »Fahrer« stand. Es folgten zwölf Reihen mit je vier Rechtecken, und in jeder standen die Namen der
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