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Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta

Titel: Commissario Montalbano 02 - Der Hund aus Terracotta
Autoren: Andrea Camilleri
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sein Jackett aus, hängte es an einen Olivenbaum, damit man sehen konnte, daß er keine Waffe trug, und rief, nicht allzu laut, wie jemand, der einen Freund besucht: »He! Ist jemand da?«
    Niemand antwortete, nichts war zu hören. Der Commissario zog ein Feuerzeug und ein Päckchen Zigaretten aus der Hosentasche, steckte sich eine in den Mund, stellte sich gegen den Wind, indem er sich halb um sich selbst drehte, und zündete sie an. So konnte ihn jemand, der im Haus war, problemlos von hinten beobachten, wie er ihn vorher von vorn beobachtet hatte. Er nahm zwei Züge, dann ging er entschlossen auf die Tür zu und schlug so fest mit der Faust dagegen, daß ihm die Knöchel von den verkrusteten Stellen im Lack weh taten. »Ist da jemand?« rief er wieder.
    Auf alles war er gefaßt gewesen, nur nicht auf die spöttische, ruhige Stimme, die ihn gemeinerweise von hinten ansprach.
    »Ja, ja. Hier bin ich.«
    » Pronto? Pronto? Montalbano? Salvuzzo! Ich bin's, Gegè!«
    »Schon klar, beruhig dich. Wie geht's, mein Honigschleckermäulchen?«
    »Gut geht's.«
    »Hat das Mäulchen auch fleißig gearbeitet? Wirst du immer besser im Blasen?«
    »Salvù, laß deine blöden Witze. Wenn überhaupt, dann blase ich nicht selber, sondern lasse blasen, das weißt du ganz genau.«
    »Bist du denn nicht der große Lehrmeister? Bringst du den bunten Vögelchen denn nicht bei, was sie mit den Lippen machen sollen, wie fest sie lutschen müssen?«
    »Salvù, wenn es so wäre, wie du sagst, würden höchstens sie mir was beibringen. Wenn sie mit zehn Jahren kommen, wissen sie schon Bescheid, mit fünfzehn sind sie Profis. Ich hab' da eine vierzehnjährige Albanerin, die...«
    »Machst du jetzt Reklame für deine Ware?«
    »Hör zu, ich hab' keine Zeit für solchen Quatsch. Ich muß dir was geben, ein Päckchen.«
    »Jetzt? Geht das nicht morgen früh?«
    »Morgen bin ich nicht da.«
    »Weißt du denn, was drin ist?«
    »Klar weiß ich das. Mostazzoli di vino cotto, die magst du doch so gern. Meine Schwester Mariannina hat sie extra für dich gemacht.«
    »Wie geht's Marianninas Augen?«
    »Viel besser. In Barcelona haben sie wahre Wunder vollbracht.«
    »In Barcelona schreiben sie auch gute Bücher.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts, vergiß es. Wo treffen wir uns?«
    »An der üblichen Stelle, in einer Stunde.«
    Die übliche Stelle war der kleine Puntasecca-Strand, ein kurzer Sandstreifen unterhalb eines Hügels aus weißem Mergel, der auf dem Landweg eigentlich nicht zu erreichen war; das heißt, zu erreichen war er nur für Montalbano und Gegè, denn sie hatten bereits als Schulkinder einen Weg entdeckt, den zu Fuß zurückzulegen schon mühsam, mit dem Auto jedoch ein wirkliches Abenteuer war.
    Puntasecca war nur ein paar Kilometer von dem kleinen Haus am Meer außerhalb Vigàtas entfernt, in dem Montalbano wohnte, er konnte sich also Zeit lassen. Doch gerade, als er aus dem Haus gehen wollte, um zu dem Treffpunkt zu fahren, klingelte das Telefon.
    » Ciao, amore, siehst du, ich bin ganz pünktlich. Wie war dein Tag?«
    »Wie immer. Und deiner?«
    »Genauso. Du, Salvo, ich habe lange über das nachgedacht, was...«
    »Livia, entschuldige bitte, wenn ich dich unterbreche, aber ich habe wenig Zeit, eigentlich habe ich überhaupt keine Zeit. Ich war schon fast aus der Tür, ich muß noch mal weg.«
    »Dann geh, gute Nacht.«
    Livia legte auf, und Montalbano behielt den Hörer in der Hand. Da fiel ihm ein, daß er Livia am Abend zuvor gesagt hatte, sie solle ihn Punkt Mitternacht anrufen, dann wäre genug Zeit für ein langes Gespräch. Er war unentschlossen, ob er seine Freundin nicht besser gleich in Boccadasse anrufen sollte oder erst nachher, wenn er von dem Treffen mit Gegè zurück war. Mit leisen Gewissensbissen legte er den Hörer auf und machte sich auf den Weg.
    Als er mit ein paar Minuten Verspätung ankam, wartete Gegè schon auf ihn und ging nervös neben seinem Auto auf und ab. Sie umarmten und küßten einander, denn sie hatten sich schon lang nicht mehr gesehen. »Komm, wir setzen uns in mein Auto, ganz schön kühl heut nacht«, sagte der Commissario.
    »Ich bin da in was reingezogen worden«, fing Gegè an, sobald er saß.
    »Von wem?«
    »Von Leuten, die ich nicht abblitzen lassen kann. Du weißt ja, daß ich wie jeder Geschäftsmann Schutzgeld zahle, damit ich in Ruhe arbeiten kann und mir niemand einen Strich durch meinen Straßenstrich macht. Jeden Monat, den der liebe Gott uns schenkt, kommt einer vorbei und
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