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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Autoren: Yasmina Khadra
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Rasenmäher ab.«
    »Wenn du schon dabei bist, ich hätte vorne noch was, das auch mal geschoren werden müßte.«
    Da zuckt Berrahs Hand ins Jackett. Eine unglückliche, höchst bedauerliche Geste, denn im selben Moment fährt Ewegh seinen Arm aus. Und James Bond 000 kreiselt zweimal um sich selbst, ehe er mit lädierter Nase auf dem Gehweg landet. Er stammelt aufgelöst: »Ich wollte doch nur meinen Kuli rausholen, um seine Dienstnummer aufzuschreiben.«
    Und Ewegh, seelenruhig: »Ich dachte, der greift nach seiner Knarre.« Damit ist der Fall für ihn erledigt.
     
    Die Sonne quält sich hinter dem Märtyrerdenkmal hervor. Sie würde gerne mit den Wolken flirten, doch sie fürchtet, man könnte sie für eine Wildente halten. Der Himmel überzieht mit seinem Blues die zitternde Bucht. Algier ist reglos vor Kummer, erstarrt wie ein Clochard, der seinen Rausch ausschläft. In sich gesunken, müht sich die Stadt, ihre nervösen Zuckungen zu unterdrücken, um nicht plötzlich zu explodieren.
    In meinem stressigen Büro versuche ich vergeblich, im Kaffeesatz zu lesen. Lino und Ewegh sind vor den Disziplinarrat zitiert und müssen sich anhören, was für böse Buben sie sind. Dem einen werfen sie seine Aufmüpfigkeit vor, dem anderen, das Hauptarbeitsinstrument des Capitaine, sprich seinen Riecher, ernstlich beschädigt zu haben.
    Mir wachsen graue Haare, während ich zerstreut HIV auf sämtliche Blätter kritzele, die in Reichweite meiner Tristesse herumliegen.
    Baya ist zweimal gekommen, um mir eine Dienstanweisung zu erklären. Ich habe kein Wort kapiert.
    Ich bin nicht gut drauf.
    Kurz bevor die Überstunde schlägt, dringt der Direktor in meine Höhle vor. Mit einem Fingerschnippen scheucht er die Sekretärin hinaus, dann vertraut er mir an: »Ich habe vor zehn Minuten mit dem Disziplinarrat telefoniert. Der Vorsitzende ist ein Freund von mir. Er hat mir versprochen, nachsichtig zu sein.«
    »Wäre mir unangenehm, wenn er sie öffentlich kastrieren ließe«, sage ich resigniert.
    »Mit etwas Glück wird’s nur ein Verweis.«
    Er läßt sich in den Sessel fallen, betrachtet die Risse, die sich wie Arabesken über die Decke ziehen, kommt auf meinen Weltschmerz zurück: »Die Lage ist ernst, Brahim. Wir haben es mit dem furchtbarsten aller Fundamentalismen zu tun. Es ist nichts gewonnen, wenn wir uns untereinander verkrachen. Kripo, Sitte, Geheimdienst - für den Feind ist das alles eins.«
    Ich zünde eine Zigarette an, atme den Rauch durch die Nase aus. Der Boß weicht zur Seite, um dem Qualm zu entgehen.
    »Versuche mal, die Stirn zu runzeln, wenn du deine Männer siehst, Kommissar. Ich wünsche, daß du sie nachher gründlich zusammenstauchst. Wir sitzen tief genug in der Scheiße, ich will unter meinem Dach keine Gangster aufziehen.«
    Er steht auf, macht ein Gesicht, als fiele ihm plötzlich ein unendlich wichtiges Detail ein: »Hätte ich fast vergessen. Was nützt es ihm eigentlich, deinem Lino, sich so zum Gespött zu machen? Was soll der Zopf in seinem Nacken? Versuch ihn zur Vernunft zu bringen, Himmel noch mal. Ihm fehlen ja nur noch die Titten.«
    Ich nicke zustimmend.
    Er fügt hinzu: »Und dein Koloß, bist du sicher, daß er sie noch alle hat?«
    »Seine Fäuste jedenfalls, die hat er noch alle, da gibt es nichts.«
    »Bring ihm bitte bei, daß er sie künftig in der Hosentasche läßt. Der ist noch nicht ganz bei uns angekommen.«
    »Werde sehen, was sich machen läßt.«
    Er blickt dem sich kräuselnden Rauch nach, schüttelt unmerklich den Kopf.
    »Ich habe heute früh Capitaine Berrah gesehen. Habe ihn nicht wiedererkannt. Man könnte meinen, ein Windstoß hätte ihm die Tür vom Tresor ins Gesicht geknallt. Der Ärmste, seine Ray Ban kann er jetzt wohl verschrotten.«
    »Wirklich betrüblich, dabei setzen sie sich beim Geheimdienst so gern in Szene.«
    Er lächelt. Kommt selten genug vor, aber dies eine Mal steht es ihm echt gut.
     
    4
     
    Lino hat den Vormittag einsam in der Einsatzzentrale verbracht, mit seinem Notizbuch, seinem Zopf und Bergen von Archivmaterial, um sich innerlich wie äußerlich wieder in Form zu bringen. Gegen Mittag geruht er, uns zu empfangen. Er hat zwei Pinnwände aufgestellt. Auf der linken stecken großformatige Fotos von Ben Ouda und Professor Abad, auf der rechten die Fotos von vier zottigen Gesellen, die dreinblicken, als hätten sie das Rasieren definitiv unter die Todsünden eingereiht.
    Lino wartet geduldig, bis ich mich aus meiner Jacke geschält und mit dem
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