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Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß

Titel: Commissaire-Llob 2 - Doppelweiß
Autoren: Yasmina Khadra
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sie glauben, gewonnen zu haben, haben sie schon wieder verloren. Den Tagen, die an ihnen vorüberziehen, wenden sie den Rücken zu wie den Versprechungen des wortbrüchigen Vaterlandes. Grau sind die Gesichter, und die Seelen sind verpfändet an eine alles verschlingende Gott- und Trostlosigkeit.
    Unser Auftauchen löst alles andere als Entzücken aus. Ich lasse mich mit dem Targi an der Bar nieder. Sofort hört Eweghs Nebenmann - ein monumentales Museumsstück - damit auf, in sein Gebräu zu stieren, und beginnt, mit angewiderter Miene die Luft durch die Nüstern zu saugen.
    »Welches Arschloch hat denn da vergessen, im Scheißhaus die Kette zu ziehen?« brummt er ungehalten. Dann, als er den Targi zu seiner Rechten entdeckt, stirnrunzelnd: »Sieh mal an! Ein Dinosaurier!«
    Vereinzelte Lacher spornen den Komiker an, an den Wirt gewandt hinzuzufügen: »Du hast mir ja gar nicht gesagt, daß ein chinesischer Wanderzirkus in der Nähe gastiert.«
    »Du hast ja nicht danach gefragt.«
    Der Witzbold dreht sich jetzt ganz zu Ewegh und mustert ihn abschätzig von Kopf bis Fuß. Dann streckt er einen Finger vor und stupst ihn an: »Du bist hier im falschen Zirkus, Dino, hau ab, aber schnell.«
    »Hey, Dino!«
    »Du täuschst dich offenbar in der Person«, brummt der Targi.
    »In der Person vielleicht schon, aber niemals im Tier.«
    Gellendes Gelächter erschüttert den Raum. Der Kerl fühlt sich geschmeichelt und stupst Ewegh ein zweites Mal an. Es bleibt ihm keine Zeit, noch einen Witz zu reißen. Eweghs Arm fährt blitzschnell aus, und was auf der Strecke bleibt, ist die Nase des Spaßvogels.
    Atemloses Schweigen unter den Zuschauern.
    Ewegh packt den Knaben am Genick und hält dem Wirt die verwüstete Visage vors Gesicht: »Ist wohl deinem chinesischen Wanderzirkus entlaufen, der Clown.«
    Im Handumdrehen zieht sich die versammelte Kundschaft zurück und nimmt das, was vom Komiker noch übrig ist, gleich mit.
    Der Wirt ignoriert uns hinter seinem plumpen Tresen und grinst sich garstig in den Bart: Er ist ein Krüppel mit dem Look eines gotischen Wasserspeiers, eine glotzäugige Kreatur, der der Kopf zwischen den Schultern klemmt. Dazu soviel Haar im Gesicht, daß man meinen könnte, er wäre vermummt. Kurz, exakt die Art Geschöpf, die man älteren Leuten, schwangeren Frauen und wohlerzogenen Kindern nie ohne Vorwarnung zeigen sollte.
    »Ben Hamid?« frage ich. »Schon möglich.«
    Eine Sekunde lang fährt sein Blick durch mich hindurch.
    »Der graue Peugeot mit der Nummer 44999.195.16, ist das Ihrer?«
    »Schon möglich.«
    »Wurde Ihnen gestohlen?«
    »Ich habe Anzeige erstattet.«
    »Mit vierundzwanzig Stunden Verspätung?«
    Er hört auf, an seinem Bart zu zupfen, greift nach einem Lappen und beginnt mechanisch, den Tresen zu wischen.
    Er brummelt: »Das ist an einem Freitag passiert.«
    »Die Polizei hat keinen freien Tag.«
    »Den Freitag widme ich dem Gebet. War’s das?«
    »Wir haben noch nicht mal angefangen.«
    Er schmeißt den Lappen auf den Boden und beginnt, die Tassen in einem Becken voll Schmutzwasser zu spülen.
    »Ihr habt kein Recht, meine Kunden zu verjagen.
    Das hier ist mein Broterwerb.«
    »Wir haben niemanden verjagt. Wir leben in einer Demokratie. Bitte erzählen Sie, wie der Diebstahl sich zugetragen hat.«
    »Wie viele Polizeien gibt’s denn noch in diesem Scheißland? Ich werde doch nicht mein Leben damit verbringen, mich von einem Bullen nach dem anderen ausquetschen zu lassen. Ich habe auch noch was anderes zu tun.«
    Mein Blick wird schärfer.
    Er bläst die Backen auf zum Zeichen des Überdrusses und trocknet die Tassen mit einem schmuddeligen Lappen ab.
    »Es war vier Uhr morgens. Sie haben mir die Tür eingetreten, mir eine Knarre an die Schläfe gehalten und mich gezwungen, ihnen die Zündschlüssel zu geben.«
    »Wie viele waren es?«
    »Hab ich nicht gezählt.«
    »Würdest du sie wiedererkennen?«
    »Es war dunkel.«
    »Genau vor deinem Patio steht eine Laterne. Und die leuchtet ganz gut. Ich hab’s überprüft.«
    »Dann hatten sie eben Masken auf.«
    Ewegh wird unruhig. Gefährlich unruhig. Ich bitte ihn, sich in Geduld zu fassen.
    Der Wirt höhnt: »Hat er ein Problem, dein ausgestopfter Gorilla? Garantiert hat er Sehnsucht nach seinem Heu.«
    Ewegh bewahrt die Ruhe.
    Der Wirt blickt ihn einen Moment lang höhnisch an, ehe er die schon abgetrockneten Tassen wieder ins Spülwasser taucht.
    »Ich sehe die Polente lieber von fern. Ich bin so allergisch gegen die Bullen, daß schon
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