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Come in and burn out - Denglisch

Come in and burn out - Denglisch

Titel: Come in and burn out - Denglisch
Autoren: Soeren Sieg , Jan Melzer
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klammheimlich eine Zigarette und genießt den Anblick seines neuen Autos in der Garage« auf »Deutsch« zu sagen:
    »Ein Aufschneider steht auf dem Überstand, raucht heimlichheimlich eine Rauchware und genießt den Anblick seines neuen Fahrzeugs im Unterstand.«
    Tut das not? Wird dadurch die deutsche Sprache schöner? Sind nicht vielmehr Begriffe wie Melancholie, Idylle, Erektion und Schokolade von einer wunderbaren, ja fast sinnlichen Schönheit? Und es tut mir leid, aber wenn ich etwas mit
cool
bezeichne, dann beschreibt dieses Wort einfach perfekt das, was ich in dem Augenblick fühle. Warum krampfhaft nach einem deutschen Wort suchen?
     
    Jetzt werden manche entgegnen, dass die Blender ebenso krampfhaft nach überflüssigen denglischen Begriffen suchen. D’accord, aber wer will hier richten. Wollen wir eine Kommission bilden, die den Leuten vorschreibt, was sie sprechen sollen? Einen Untersuchungsausschuss »Denglisch«?
    Rave, Handy und Poetry-Slam sind erlaubt, weil es keine anständige Übersetzung gibt, aber down-to-earth, Controller und Computer sind verboten, weil es im Deutschen bodenständig, Buchprüfer und Rechner gibt? Na, viel Spaß! Schreibt uns diese Kommission dann auch irgendwann vor, was wir anziehen sollen? (Sollte irgendjemand diese schrecklichen Leggins verbieten, würde mich das allerdings freuen.)
     
    Seien wir doch einfach gute Demokraten und lassen die Leute so sabbeln, wie sie sabbeln wollen. Es wird schon etwas Schönes dabei rauskommen. Und wenn jetzt jemand immer noch das tiefe Bedürfnis hat, die Schönheit der deutschen Sprache von heute zu konservieren, kann er sich ja gleich morgen früh alle Neuerscheinungen dieses Jahres in der Buchhandlung bestellen und in 50   Jahren wieder hineinschmökern. Er wird sich wundern, was sich bis dahin alles verändert hat. Sprache bleibt nicht stehen. Ansonsten einfach Goethe kaufen, lesen und genießen. Da kommt bestimmt nicht das Wort »uncool« vor.
     

Spoken Spam –
EIN PLÄDOYER GEGEN DIE KALKULIERTE UNVERSTÄNDLICHKEIT
    Das Wichtigste zuerst: Ein Wort mit Migrationshintergrund ist noch lange kein »Fremdwort«. Nehmen wir das Wort »Trick«. Es hat englische Großeltern. Aber es lebt seit Jahrzehnten in Deutschland. Jeder kennt es, versteht es, benutzt es. Es ist ein deutsches Wort. So wie Chirurg, Balkon, Zigarette und Garage. Zu »Fremdwörtern« gehört, dass sie uns irgendwie fremd wären. Was sie aber nicht sind! Test, Stop, Sex oder Film sind wundervoll knackige deutsche Wörter. Mit englischer Herkunft. Sie sind kein Denglisch.
     
    Denglisch ist es, wenn ein Fahrradladen sich »Bicycle Retail Outlet« nennt, wenn ein Optiker seine Brillen als »Eyewear« verkauft oder eine Auskunft in »Service Point« umgetauft wird. Denglisch ist Imagegewinn auf Kosten allgemeiner Verständlichkeit. Mein Onkel nahm mich neulich beim Einkaufen beiseite: »Sag mal – was bedeutet eigentlich überall dieses
Sale
?« Er ist gutsituierter Rentner mit Hauptschulabschluss. Er kann kein Englisch. So wie ihm geht es vielen. Und jetzt bitte kein Hochmut! Ein studierter Freund von mir wollte Geld anlegen. Sein Finanzberater überredete ihn zu einem Aktiensparplan. Aufgrund des
Cost-Average-Effects
könne er dabei nur gewinnen. Nach sieben Jahren wurde das Geld fällig, die Aktien standen im historischen Tief, und er verlor sein Geld – trotz Cost-Average-Effect. Einige tausend Experten verstehen diesen Fachbegriff. Aber Hunderttausende lassen sich durch so eine imponierende Wortblase dazu verleiten, ihr Geld zu verspekulieren. Wie nennt man das: Beratung? Bauernfängerei? Betrug?
     
    Und das betrifft nicht nur Banken. Haben Sie mal versucht, einen Rechner, einen Flachbildfernseher oder ein Keyboard zu kaufen,ohne vorher Fachzeitschriften zu lesen? Lohnt es sich wirklich nicht, für 121   Millionen Deutschsprechende das englische Fachvokabular zu übersetzen? Und warum ist ein
Townhouse
gleich doppelt so teuer wie ein Reihenhaus?
     
    Völlig richtig: Wir brauchen keine Kommissionen. Viel besser: Nerven Sie jeden Bankberater und Saturnverkäufer so lange, bis er Ihnen jeden einzelnen englischen Begriff verständlich erklärt hat. Wenn man Ihnen im Reisebüro das Happy Wellness Spa&Beauty Resort an der Ostsee anpreist – lachen Sie kurz auf! Deutsch ist die Wortbildungssprache schlechthin – erfinden Sie jeden Tag eine originelle Übersetzung. Ordern Sie in der Bar ein Fliegendes Känguru oder einen Strandknutscher. Erfreuen Sie sich am
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