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Codex Alera 06: Der erste Fürst

Codex Alera 06: Der erste Fürst

Titel: Codex Alera 06: Der erste Fürst
Autoren: Jim Butcher
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da das Ende aller Dinge gekommen war, streckten sie die Hände nacheinander aus und schenkten einander so viel Trost und Wärme, wie sie nur konnten, besonders den Kindern. Sie nickte zu dem kerzenbeschienenen Tisch hinüber, an dem die Erwachsenen tatsächlich das ein oder andere sanfte Lächeln miteinander tauschten, während die Kinder manchmal lächelten oder sogar lachten.
    »So«, sagte sie. »Es fühlt sich so an.«
    Die junge Königin starrte die Hütte an. Dann sagte sie: »Komm.« Anmutig und unbarmherzig wie eine hungrige Spinne schritt sie vorwärts.
    Invidia knirschte mit den Zähnen und blieb, wo sie war. Sie wollte nicht noch mehr Tod sehen.
    Doch als der Parasit sich in peinigendem Tadel zu winden begann, folgte Invidia der Vordkönigin.
    Die Königin stieß die Tür krachend auf und machte sich nicht erst die Mühe, den Türgriff zu benutzen. Sie zerschmetterte gleich den ganzen Rahmen. Obwohl sie ihre rohe Körperkraft schon zuvor, wenn auch selten, genutzt hatte, war diese angesichts ihrer schlanken Gestalt unglaublich – sogar für Invidia, die es gewohnt war zu sehen, wie Erdwirker übermenschliche Stärke entwickelten. Die Königin marschierte über die Splitter hinweg in die Küche, wo die kleine Familie ihr Abendessen am Tisch einnahm.
    Alle erstarrten. Das jüngste Kind, ein schöner kleiner Junge, der vielleicht ein Jahr alt war, stieß ein kurzes Wimmern aus, das die Mutter zum Verstummen brachte, indem sie das Kind packte und ihm mit der Hand den Mund zuhielt.
    Die Königin konzentrierte sich auf Mutter und Kind. »Du«, sagte sie und richtete eine tödliche, krallenbewehrte Fingerspitze auf die junge Frau. »Ist das Kind von deinem Blut?«
    Die junge Hofbewohnerin starrte die Vordkönigin mit vor Panik weit aufgerissenen Augen an. Sie nickte ein einziges Mal.
    Die Vordkönigin trat vor und sagte: »Gib ihn mir.«
    Die Augen der Frau füllten sich mit Tränen. Ihr Blick huschte gehetzt durchs Zimmer und versuchte, den irgendeines anderen aufzufangen, der vielleicht etwas unternehmen konnte. Keiner der anderen Hofbewohner brachte es fertig, ihr in die Augen zu sehen. Die junge Mutter schaute flehend zu Invidia auf und begann zu schluchzen. »Herrin«, flüsterte sie, »Herrin, bitte.«
    Invidia zog sich der Magen zusammen, und ihr wurde übel, aber sie hatte längst gelernt, dass der Parasit, wenn sie würgte, in Krämpfe verfiel, die sie beinahe umbrachten. Sie aß in letzter Zeit nur noch selten.
    »Du hast noch eine Tochter«, sagte sie in ruhigem, hartem Ton zu der jungen Mutter. »Rette sie.«
    Der Mann, der neben der Mutter saß, bewegte sich. Er nahm ihr sanft den Jungen aus den Armen, beugte sich vor, um ihn auf die Haare zu küssen, und streckte ihn dann der Vordkönigin hin. Das Kind begehrte wimmernd auf und versuchte, zu seiner Mutter zurückzugelangen.
    Die Vordkönigin nahm den Jungen und hielt ihn vor sich. Sie ließ ihn einen Augenblick strampeln und weinen und beobachtete ihn mit ihren fremdartigen Augen. Dann zog sie ganz ruhig den Jungen mit einem Arm eng an ihren Körper und drehte ihm den Kopf ruckartig zu einer Seite. Sein Wimmern verstummte.
    Invidia spürte, dass sie nahe daran war, die Kontrolle über ihren Magen zu verlieren, aber dann sah sie, dass das Kind noch lebte. Sein Hals war so verdreht, dass er bald brechen würde, und es atmete mit flachem, mühsamem Keuchen – aber es lebte.
    Die Vordkönigin starrte die weinende Mutter einen Moment lang an. Dann sagte sie: »Sie leidet Schmerzen. Ich habe ihr nichts getan, aber sie leidet Schmerzen.«
    »Das ist ihr Sohn«, sagte Invidia. »Sie liebt ihn.«
    Die Königin legte den Kopf schief. »Und er liebt sie seinerseits?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil es zum Wesen der Liebe gehört, erwidert zu werden, besonders bei Kindern.«
    Die Königin legte den Kopf zur anderen Seite. Dann starrte sie auf das Kind hinab. Dann sah sie die junge Mutter an. Dann den Mann, der neben ihr saß. Sie beugte sich vor, drückte die Lippen auf das Haar des Kindes und hielt einen Moment lang inne, als ob sie darüber nachdachte, wie es sich anfühlte.
    Schließlich entließ sie mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen das Kind aus ihrem Griff und reichte es der weinenden Mutter zurück. Die junge Frau begann zitternd zu schluchzen und hielt den Jungen eng an sich gedrückt.
    Die Vordkönigin drehte sich um und verließ das Haus. Invidia folgte ihr.
    Die junge Königin ging einen nahen Hügel hinauf und blieb, sobald sie die Kuppe
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