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Code Delta

Code Delta

Titel: Code Delta
Autoren: Jeremy Robinson
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Deep Blue, dessen Anwesenheit unweigerlich Aufsehen erregt hätte, hatte sich entschuldigen müssen.
    George Pierce war aus Griechenland angereist. Sara Fogg leistete King moralischen Beistand und blieb über Nacht. Sie wusste, wie es war, Seite an Seite mit dem Schachteam zu kämpfen, und ihre Gespräche beim Abendessen hatten sich um Mythologie und Genetik gedreht. Später hatten sie ihre Kampfesnarben verglichen …
    Inzwischen war Pierce nach Rom geflogen, um dort eine Ausgrabung zu leiten. Sara hatte eigentlich länger bleiben wollen, da die Kombination ihrer anspruchsvollen Jobs sie viel zu selten zusammenbrachte. Aber auch diesmal war ihnen das Schicksal nicht wohlgesinnt gewesen: Eine unbekannte Seuche in Swasiland erforderte Saras Anwesenheit vor Ort. Seit sie im vergangenen Jahr das Heilmittel für die Brugada-Pandemie entdeckt hatte, war sie zum Aushängeschild des Seuchenkontrollzentrums CDC geworden und immer die Erste, die am Brandherd eintraf. So war King allein zurückgeblieben, und ohne Ablenkung kreisten seine Gedanken um seine Mutter.
    Er erinnerte sich, dass Lynn Sigler ungeachtet der Umstände immer ein Lächeln auf den Lippen getragen hatte. Sie konnte aus dem Nichts einen Kuchen zaubern. Ihre Tür stand Freunden und Verwandten stets offen. Und sie hielt immer, immer einen frischen Krug selbstgemachter Limonade für Besucher bereit. King hatte den letzten Rest davon am Abend vor der Beerdigung mit seinen Freunden geteilt.
    Doch die Fröhlichkeit seiner Mutter war seit Jahren nur Fassade gewesen. Der Absturz von Kings Schwester Julie bei einem Übungsflug mit ihrem Kampfjet hatte Lynn Sigler schwer getroffen. Und nur wenige Monate später folgte ein weiterer Schlag, als Kings Vater zu einer Geschäftsreise aufbrach und einfach nicht zurückkam. Während ihm Julies Air-Force-Karriere zeit seines Lebens ein Dorn im Auge gewesen war, hatte Lynn Sigler ihre Kinder stets unterstützt. Selbst dann, als King in die Fußstapfen seiner toten Schwester getreten war.
    Es musste ihr schwergefallen gefallen sein, ihn loszulassen. Doch trotz aller Risiken, denen er sich aussetzte, hatte sie ihm den Rücken gestärkt.
    Am Tag der Beerdigung war nach einer Woche Regen die Sonne durch die Wolkendecke gebrochen und hatte ihnen das stereotype Trauerwetter erspart. Das Laubkleid der großen Bäume auf dem Friedhof der St.-Mary’s-Kirche leuchtete in sattem, frischem Grün. Die Blumenrabatten vor der schwarzen, schmiedeeisernen Einfriedung blühten in warmen Frühlingsfarben. Ein Tag, wie seine Mutter einmal gewesen war: lebendig.
    Von einer Sekunde auf die andere war es damit vorbei gewesen – ein Frontalzusammenstoß. Anscheinend war seine Mutter nach einem anstrengen Tag im Garten am Steuer eingenickt und auf die Gegenfahrbahn geraten. King schüttelte den Kopf und schob den Gedanken von sich.
    Auch heute herrschte herrliches Sonnenwetter, doch der Tod seiner Mutter lag wie ein düsterer Schatten auf King. Er ließ sich auf die Knie nieder und hob mit den Fingern sieben flache Gruben in der lockeren Erde aus. In jede setzte er eine einzelne Schneeglöckchenzwiebel. Er wusste, dass er nicht oft Gelegenheit haben würde, hierherzukommen. Und so wollte er sichergehen, dass die Lieblingsblumen seiner Mutter jedes Frühjahr an ihrem Todestag blühen würden, auch wenn er sie ihr nicht persönlich aufs Grab legen konnte.
    Er drückte die Erde mit den Fingern fest, über einer Zwiebel nach der anderen. Die meditative Tätigkeit beruhigte ihn, und einen friedvollen Augenblick lang gedachte er seiner Mutter. Dann spürte er, dass er nicht allein war.
    Mit gesenktem Kopf ließ er den Blick über das Gelände schweifen. Nichts. Er blickte über die Schulter. Auch da war niemand. Er war ganz allein. Es lag an seinen Nerven. Deep Blue hatte recht gehabt, ihm eine Woche zusätzlichen Urlaub zu verordnen. Er war nicht auf dem Damm und sah schon Feinde, wo gar keine waren. Er legte die flache Hand auf die Erde, flüsterte ein Lebewohl und erhob sich.
    Zu voller Größe aufgerichtet, hatte King freie Sicht über den Grabstein seiner Mutter hinweg – zehn Meter entfernt stand ein Mann im Schatten eines Ahorns. Das allein hätte den Teamführer der Schachtruppe nicht beunruhigt, doch als der Mann ihn bemerkte, schrak er zusammen und trat hastig zurück, als wollte er davonlaufen. Sofort stellten sich Kings Nackenhaare auf, und er ging einen Schritt auf den Mann zu.
    Der ergriff die Flucht.
    Einen Wimpernschlag später setzte King
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