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Cocktails fuer drei

Cocktails fuer drei

Titel: Cocktails fuer drei
Autoren: Sophie Kinsella
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da.«

Kapitel Einundzwanzig
    Das Grab war schlicht und weiß, fast anonym zwischen den Reihen auf dem tristen Vorstadtfriedhof. Vielleicht war es etwas ungepflegter als die meisten – von Gras überwachsen, überall lagen Kieselsteine. Aber es war der in Stein gemeißelte Name, der es von den anderen unterschied und der eine nichtssagende Steinplatte zu einem Denkmal für ein Leben machte. Sie starrte die großen Buchstaben an. Den Namen, für den sie sich ihr ganzes Erwachsenenleben lang geschämt hatte. Den Namen, den sie jahrelang nicht einmal mehr hören mochte.
    Candice hielt den Blumenstrauß fester und trat an das Grab ihres Vaters. Seit Jahren war sie nicht mehr hier gewesen. Und dem Zustand des Grabes nach zu urteilen, auch ihre Mutter nicht. Beide waren zu sehr von ihrem Zorn getrieben, von Scham, von Leugnung. Beide wollten in die Zukunft blicken und die Vergangenheit vergessen.
    Doch als Candice nun den überwucherten Stein betrachtete, empfand sie vor allem Erleichterung. Sie fühlte sich, als hätte sie ihrem Vater in den vergangenen Wochen alle Vorwürfe, alle Schuld zurückgegeben. Jetzt war alles wieder bei ihm, bis auf den letzten Rest. Und nun spürte sie, dass sie anfangen konnte, ihm zu verzeihen. Nachdem sie jahrelang nur Scham und Hass für ihn empfunden hatte, sah sie ihren Vater langsam wieder in einem anderen Licht, erinnerte sich an seine guten Seiten, die sie fast vergessen hatte. Seinen Humor, seine Wärme. Seine Fähigkeit, Menschen ein gutes Gefühl zu geben, ganz allein einen ganzen Tisch voller Langweiler zu unterhalten. Seine Großzügigkeit, seine Impulsivität. Seine reine Freude an den schönen Dingen des Lebens.
    Gordon Brewin hatte in seinem Leben viel Unheil angerichtet. Viel Schmerz und Leid gebracht. Aber vielen Leuten hatte er auch große Freude bereitet. Er hatte ihnen Licht und Lachen beschert, Spannung und Vergnügen. Und er hatte ihr eine zauberhafte Kindheit geschenkt. Neunzehn ungetrübte Jahre, bis zu seinem Tod, hatte sie sich geliebt, beschützt und glücklich gefühlt. Neunzehn Jahre des Glücks. Das war doch auch was wert, oder?
    Auf wackligen Beinen trat Candice einen Schritt näher an das Grab. Er war kein böser Mensch gewesen, dachte sie. Nur ein Mensch mit Fehlern. Ein unbeschwerter, unehrlicher, großzügiger Mann mit mehr Fehlern, als man zählen konnte. Während sie seinen Namen auf dem Grabstein betrachtete, kamen ihr die Tränen, und sie empfand kindliche, bedingungslose Liebe für ihn. Sie bückte sich, legte die Blumen auf sein Grab und sammelte ein paar von den Steinchen ein, damit es etwas ordentlicher aussah. Sie stand auf und starrte es einen Moment lang an. Dann wandte sie sich abrupt um und ging zurück zum Tor, wo Ed auf sie wartete.
    »Wo ist denn die andere Patentante?«, fragte Paddy, als sie in ihrem blauen Blümchenkleid an Maggie heranraschelte. »Sie wird sich doch wohl nicht verspäten, oder?«
    »Sie ist bestimmt unterwegs«, sagte Maggie ruhig. Sie knöpfte den letzten Knopf an Lucias Taufkleid zu und hielt sie hoch, um sie bewundern zu lassen. »Was meinst du?«
    »Oh, Maggie!«, sagte Paddy. »Sie sieht aus wie ein Engel.«
    »Sie sieht wirklich ziemlich gut aus, oder?«, sagte Maggie und prüfte den spitzenbesetzten Seidenstoff. »Roxanne, komm rein! Sieh dir dein Patenkind an!«
    »Lass mal sehen«, sagte Roxanne, als sie hereingeschlendert kam. Sie trug ein enges, schwarzweißes Kostüm und einen großen, steifen Hut mit einer geschwungenen Straußenfeder daran. »Sehr hübsch«, sagte sie. »Wirklich sehr hübsch. Obwohl dieses Häubchen nicht so ganz mein Fall ist. Zu viele Schleifen.« Maggie hüstelte.
    »Nun«, sagte sie, »Paddy war so nett, dieses Häubchen passend zum Taufkleid zu häkeln. Und ich … ich mag die Schleifen.«
    »Alle meine Jungs haben zu ihrer Taufe dieses Kleid getragen«, fügte Paddy stolz hinzu.
    »Hmm«, machte Roxanne und sah sich das Taufkleid von oben bis unten an. »Na, das erklärt so einiges.« Sie warf Maggie einen Blick zu, die – ohne es zu wollen – losprustete.
    »Paddy«, sagte sie, »meinst du, die Leute vom Catering haben Servietten mitgebracht, oder sollten wir selbst welche besorgen?«
    »Oje«, sagte Paddy. »Da bin ich mir nicht sicher. Ich geh schnell rüber und sehe nach, ja?«
    Als sie das Schlafzimmer verlassen hatte, war es einen Moment lang ganz still. Maggie legte Lucia unter ihren Spieltrainer auf dem Boden und setzte sich an ihren Schminktisch, um Make-up
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