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Cleo

Titel: Cleo
Autoren: H Brown
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einen Rückzieher machen konnte. Wenn ich nicht weglaufen und noch mehr Leid verursachen wollte,blieb mir nur ein Ausweg: eine Familie gründen. Steve gab widerstrebend nach. Er hatte mir von Anfang an ohne Umschweife klargemacht, dass Kinder nicht sein Ding waren.
    Wir kehrten nach Neuseeland zurück, wo ich eine Dezembernacht lang in den Wehen lag und mich nicht traute, die Krankenschwester zu bitten, das Licht anzudrehen, weil das gegen die Hausordnung hätte verstoßen können. Benebelt von irgendwelchen Drogen hörte ich die Ärztin »Morning Has Broken« singen. Minuten später hielt sie Sam in die Höhe.
    Bevor Sam auch nur den ersten Atemzug tat, drehte er seinen Kopf zu mir und starrte mich aus seinen riesengroßen blauen Augen an. Ich dachte, ich würde vor Liebe platzen. Alles in mir sehnte sich danach, diesen nigelnagelneuen Menschen mit dem im gleißenden Licht des Kreißsaals schimmernden Haarflaum im Arm zu halten. Sam wurde in eine Decke gewickelt – blau, falls ich sein Geschlecht vergessen sollte – und mir überreicht. Als ich ihn auf die Stirn küsste, wurde mir bewusst, dass ich von nun an nie mehr alleine in Sicherheit sein würde, in meiner eigenen Haut. Vorsichtig drückte ich seine winzige Faust auf. Seine Lebenslinie war tief und extrem lang.
    Obwohl es offiziell unsere erste Begegnung war, erkannten Sam und ich einander sofort. Es war wie eine Wiederbegegnung zweier uralter Seelen, die nie lange voneinander getrennt gewesen waren.
    Eltern zu sein hatte Steve und mich einander nicht nähergebracht, im Gegenteil. Zweieinhalb Jahre nach Sam kam Rob auf die Welt. Dann ließ sich Steve einen Termin für eine Vasektomie geben, ohne mich nach meiner Meinung gefragt zu haben. Es tat mir weh, dass er so entschlossen war, die Größe unserer Familie zu begrenzen.
    Schlafmangel und bloßliegende Nerven hatten die zwischen uns bestehenden Differenzen noch verschärft. Steve ließ sich einen Bart wachsen, was damals schwer in Mode war, und zog sich dahinter zurück. Wenn er nach einer Woche auf See nach Hause kam, wurde er bei jedem zerbrochenen Teller unruhig und gereizt.
    Es nervte ihn zunehmend, wie viel Geld ich seiner Meinung nach für die Kleidung und das Essen der Jungen zum Fenster hinauswarf. Ich kaufte eine gebrauchte Nähmaschine, die mir immer wieder Stromstöße versetzte, und fing an, den Jungen selbst die Haare zu schneiden. Ich wurde lauter, dicker und unordentlicher.
    Zeiten, in denen wir über Trennung sprachen, wechselten sich ab mit Zeiten, in denen wir uns aneinanderklammerten und um der Kinder willen hofften, dass es besser werden würde. Denn auch wenn wir wie von entgegengesetzten Meeresströmungen erfasste Eisberge auseinandertrieben, gab es an unserer Liebe zu ihnen keinen Zweifel.
     
    »Also, Jungs«, sagte ich, als ich vor Lenas Haus hielt und mit aller Kraft die Handbremse anzog. »Macht euch keine falschen Hoffnungen. Wir schauen sie uns nur an.«
    Die beiden kletterten aus dem Auto und waren bereits den halben Weg zu Lenas Haus hinaufgestürmt, bevor ich auch nur die Fahrertür zugeworfen hatte. Beim Anblick ihrer in der Sonne golden schimmernden Haare seufzte ich und fragte mich, ob es jemals eine Zeit geben würde, in der ich nicht hinter ihnen herlaufen musste.
    Als ich an die Haustür kam, hatte Lena sie schon längst geöffnet und die Jungen waren im Haus. Ich entschuldigte mich für ihr schlechtes Benehmen, aber Lena lächelte nur und hieß mich willkommen in ihrem beneidenswert stillenHaus mit Blick auf den Sportplatz, zu dem ich oft mit den Jungen fuhr, damit sie ihre überschüssige Energie loswerden konnten.
    »Wir wollten nur kurz vorbeischauen, um …«, sagte ich, als sie mich in ihr Wohnzimmer führte. »Oh, die Kätzchen! Ach, sind die süß!«
    In der Ecke unter einem Regal lag eine schlanke bronzefarbene Katze. Sie sah mich mit hellbraunen Augen an, die nicht zu einer Katze, sondern zu einer Aristokratin gehörten. An ihren Bauch schmiegten sich vier winzige Nachkommen. Zwei von ihnen hatten einen zarten bronzefarbenen Flaum. Die anderen beiden waren dunkler. Sie würden womöglich schwarz werden, wenn sie ihr richtiges Fell bekamen. Ich hatte schon einmal neugeborene Katzen gesehen, aber niemals so winzige wie diese hier. Eine war ganz besonders klein, geradezu mitleiderregend, wahrscheinlich zu kurz gekommen.
    Voller Ehrfurcht vor diesem Madonna-mit-Kindern-Bild hatten sich die Jungen auf die Knie niedergelassen. Sie schienen zu wissen, dass man
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