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Cleo

Titel: Cleo
Autoren: H Brown
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manchmal respektvoll Abstand halten muss. »Sie haben erst vor Kurzem die Augen geöffnet«, sagte Lena und nahm eines der Kleinen von seinem Durchgehend-warme-Küche-Restaurant. Es passte gerade in ihre Hand. »In zwei Monaten sind sie groß genug, dann können sie in ihr neues Zuhause.«
    Das Kätzchen wand sich und gab einen Laut von sich, der eher wie ein Jaulen als ein Miauen klang. Die Mutter sah besorgt auf. Lena legte es zurück in den fellgefütterten Schoß der Familie, wo es eifrig abgeleckt wurde. Wie mit einem riesigen Mopp strich die Mutter mit ihrer Zunge in gleichmäßigen Bahnen über den Körper und den Kopf des Jungen.
    »Können wir eins haben, bitte, BITTE!«, bettelte Samund sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, der jeden elterlichen Widerstand augenblicklich zerbröckeln lässt.
    »Bitte!«, wiederholte sein Bruder. »Wir werden auch nie mehr Erde auf Mrs. Sommervilles Dach werfen.«
    »Ihr habt Erde auf Mrs. Sommervilles Dach geworfen?«
    »Mensch, bist du blöd!«, rief Sam, verdrehte die Augen und stieß Rob mit dem Ellbogen in die Seite.
    Aber diese Kätzchen … Die Mutter hatte etwas. Wie selbstsicher und anmutig sie war. Eine solche Katze hatte ich noch nie gesehen. Sie war kleiner als üblich, dafür waren die Ohren ungewöhnlich groß. Wie zwei Pyramiden ragten sie über ihrem dreieckigen Gesicht in die Höhe. Dunklere Streifen auf ihrer Stirn verrieten ihr Dschungelerbe. Auch das kurze Fell. Meine Mutter sagte immer, dass Kurzhaarkatzen sauber wären.
    »Sie ist eine wundervolle Mutter, reinrassige Abessinierin«, erklärte Lena. »Ich habe eigentlich wie ein Luchs aufgepasst, aber vor einiger Zeit ist sie verschwunden und blieb zwei Nächte lang weg. Wir haben keine Ahnung, wer der Vater ist. Ein Streuner wahrscheinlich.«
    Eine Abessinierin. Von der Rasse hatte ich noch nie gehört. Nicht dass ich über ein enzyklopädisches Wissen über Katzenrassen verfügte. Früher hatte ich einmal einen Siamkater gekannt, der Lap Chow hieß und der verwöhnte Hausgenosse meiner uralten Klavierlehrerin Mrs. McDonald war. Unsere Dreiecksbeziehung stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Das Einzige, was mehr schmerzte als Mrs. McDonalds Lineal, das sie auf meine ungeschickten Finger niedersausen ließ, waren Lap Chows frisch geschärfte Krallen, die er in meine Fesseln versenkte. Mit vereinten Kräften schafften es die beiden, mir ein lebenslanges Vorurteil gegen Musikunterricht und Rassekatzen einzuimpfen.
    »Es gibt Leute, die behaupten, dass die Abessinier direkte Abkömmlinge der im alten Ägypten verehrten Katzen sind«, fuhr Lena fort.
    Jedenfalls konnte man sich ohne Weiteres vorstellen, wie diese Katzenpriesterin über einen Tempel wachte. Die Mischung aus Straßenkatze und Aristokratin hatte etwas. Wenn die Jungen die besten Eigenschaften beider Eltern hatten, Klasse und Zähigkeit, konnte aus ihnen etwas ganz Besonderes werden. Wenn sich hingegen die weniger wünschenswerten Seiten, also Hochnäsigkeit und Rowdytum durchsetzten, dann konnten einige böse Überraschungen auf ihre Besitzer warten.
    »Es ist nur noch eines der Kätzchen zu vergeben«, fügte Lena hinzu. »Das kleinere von den schwarzen.«
    Natürlich. Zuerst wurden immer die größeren, nach dem ersten Augenschein gesünderen ausgesucht. Die bronzefarbenen waren vielleicht auch deswegen attraktiver, weil es wahrscheinlicher erschien, dass sie irgendwann das reinrassige Aussehen ihrer Mutter bekamen. Ich hatte bereits entschieden, dass mir die schwarzen besser gefielen, allerdings nicht unbedingt das zu kurz gekommene.
    »Die Kleine scheint aber ziemlich aufgeweckt zu sein«, sagte Lena. »Das muss sie auch sein, um überhaupt überleben zu können. Während der ersten Tage haben wir befürchtet, dass sie es nicht schafft, aber sie hat nicht aufgegeben.«
    »Es ist also ein Mädchen?«, fragte ich, in der Sekunde durch blitzschnell entflammte Leidenschaft verblödet und der Katzenzüchtersprache nicht mächtig.
    »Ja. Wollen Sie sie mal nehmen?«
    Ich lehnte dankend ab, weil ich Angst hatte, dem zarten Ding etwas zu brechen. Stattdessen legte Lena das kleineBündel in Sams Hände. Er hob das Kätzchen in die Höhe und streichelte sich die Wange mit dem Katzenfell. Er hatte Fell schon immer gemocht. So vorsichtig und zärtlich hatte ich ihn allerdings noch nie erlebt.
    »Ich hab doch bald Geburtstag …«, sagte er. Ich ahnte, was als Nächstes kam. »Ich will keine Party und auch kein Geschenk. Ich wünsch mir nur
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