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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac
Autoren: Jules Verne
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Dahinkutschieren auf der Erde, Alles so einfach, flach, wie die Steppen von Kara-Korum, die die transasiatische Bahn in Turkestan durchzieht, oder die Wüstenebene von Gobi, durch die sie in China führt ….
    – Na, werden aufpassen, erwiderte ich, denn ich reife zur Unterhaltung meiner Leser …
    – Während ich einfach in Geschäften reise.«
    Diese Antwort erregte in mir den Gedanken, daß Fulk Ephrjuell sich nicht als der von mir geträumte Reisegefährte entpuppen werde. Er hat Waaren zu verkaufen und ich wollte keine kaufen.
    Ich ersehe hieraus, daß sich aus unserem ersten Zusammentreffen nicht die für eine so lange Fahrt wünschenswerthe Vertraulichkeit entwickeln wird. Das muß einer von den Yankees sein, von denen man zu sagen pflegt: wenn sie einen Dollar in der Hand haben, so kann ihnen den kein Teufel entreißen … und ich werde ihm auch nichts, was der Rede werth wäre, entlocken.
    Wenn ich nun auch von ihm weiß, daß er für Rechnung des Hauses Strong Bulbul and Co., New-York, reist, ist mir dieses Haus doch völlig fremd. Hört man diesen amerikanischen Handlungsreisenden, so erscheint es, als ob die sociale Stellung von Strong Bulbul and Co. der ganzen Welt bekannt sein müßte. Wie kommt es denn aber, daß ich es nicht kenne, ich, ein Schüler Chincholle’s, unserer Aller Meister! Ich entdecke da eine Lücke meines Wissens, daß ich vom Hause Strong Bulbul and Co. noch niemals habe reden hören.
    Ich nahm mir also vor, Fulk Ephrjuell hierüber zu fragen, als dieser mich wieder ansprach.
    »Sind Sie schon einmal in den Vereinigten Staaten von Amerika gewesen, Herr Bombarnae?
    – Nein, Herr Ephrjuell.
    – Werden Sie unser Land gelegentlich besuchen?
    – Vielleicht!
    – Dann vergessen Sie nicht, in New-York das Haus Strong Bulbul and Co. zu durchforschen.
    – Durchforschen?
    – Ja, das ist das richtige Wort.
    – Schön, werde nicht verfehlen.
    – Sie werden da eine der hervorragendsten gewerblichen Anlagen der Neuen Welt sehen.
    – Daran zweifle ich nicht, doch könnt ich wohl erfahren …
    –
Wait a bit
, Herr Bombarnae! fährt Fulk Ephrjuell lebhafter fort. Stellen Sie sich eine ungeheure Werkstatt vor, gewaltige Gebäude für die Zurichtung und letzte Vervollkommnung der Stücke, eine Maschine von fünfzehnhundert Dampfpferdekräften, Ventilatoren mit sechshundert Umdrehungen in der Minute, Generatoren, die täglich hundert Tonnen Steinkohlen verbrauchen, einen Schornstein von vierhundertfünfzig Fuß Höhe, ganz unermeßliche Niederlagen zur Aufspeicherung der Erzeugnisse, die wir nach allen fünf Erdtheilen ausführen, einen Generaldirector, zwei Unterdirectoren, vier Secretäre, acht Untersecretäre, ein Personal von fünfhundert Beamten und neuntausend Arbeitern, eine ganze Legion Reisender, wie Ihr ergebener Diener, die Europa, Asien, Afrika, Amerika, Australien durchstreifen, endlich einen Umsatz, der jährlich hundert Millionen Dollars übersteigt! Und das Alles, Herr Bombarnae, zwecks Herstellung und Vertriebes von Milliarden … ja, ich sage von Milliarden …«
    Da fängt der Zug an, seine Geschwindigkeit unter der Wirkung der Luftbremse zu vermindern, und sehr bald darauf steht er still.
    »Elisabethpol! … Elisabethpol!« rufen der Zugführer und die Bahnhofsbeamten.
    Unser Gespräch wird dadurch unterbrochen. Ich lasse das Fenster auf einer Seite nieder und öffne die Thür, um meine Beine ein wenig gelenkig zu machen. Fulk Ephrjuell steigt nicht mit aus.
    So schlendre ich denn über den Perron des ziemlich gut erleuchteten Bahnhofs. Ein Dutzend Reisende haben unseren Zug bereits verlassen, mehrere Georgier drängen sich noch auf den Trittbrettern. Elisabethpol – zehn Minuten Aufenthalt; der Fahrplan gewährt uns nicht mehr.
    Mit dem ersten Glockensignal kehre ich nach unserem Waggon zurück, steige ein, und als die Thür sich wieder geschlossen hat, bemerke ich, daß mein Platz besetzt ist. Richtig … gegenüber dem Amerikaner hat sich eine Reisende mit jener angelsächsischen Rücksichtslosigkeit eingerichtet, die keine Grenzen als die Unendlichkeit kennt.
    Ist sie jung? Alt? Hübsch? Häßlich? Bei dem herrschenden Halbdunkel vermag ich das nicht zu beurtheilen. Jedenfalls verbietet mir die angeborne Galanterie, auf Räumung meiner Ecke zu dringen, und ich setze mich also neben diese Person, die sich nicht einmal entschuldigt.
    Fulk Ephrjuell scheint mir zu schlafen, so weiß ich also immer noch nicht, was das Haus Strong Bulbul and Co. in New-York
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