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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac
Autoren: Jules Verne
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ganzen Jahre.«
    Da wir indeß Beide, mein Gefährte so gut wie ich, auf besondere Weisheit keinen Anspruch erheben, lassen wir uns gehen und vermischen unbewußt beide Idiome.
    »
Wait a bit!
« 1 sagt mein Amerikaner.
    Ich unterstreiche diese Redensart, weil sie sehr häufig wiederkehren wird, wie der Knoten des Strickes, mit dem die Schaukel bewegt wird.
    »
Wait a bit!
Ich wette zehn gegen eins, daß Sie Reporter sind? …
    – Da würden Sie gewinnen! … Ja … Reporter, im Auftrage des ›XX. Jahrhundert‹, um einen Bericht über diese Eisenbahnfahrt zu liefern.
    – Sie gehen nach Peking? …
    – Wie Sie sagen.
    – Ganz mein Fall,« erwidert der Yankee.
    Das fürchtete ich.
    »Ein College? … fragte ich und runzelte die Augenbrauen mit gewiß nicht anziehendem Gesichtsausdruck.
    – Nein, beruhigen Sie sich. Wir ›machen‹ nicht in denselben Artikeln, mein Herr …
    – Claudius Bombarnae, der sich freut auf die Fahrt in Gesellschaft des Herrn …
    – Fulk Ephrjuell vom Hause Strong Bulbul and Compagnie, von New-York, Staat New-York (V. St. v. A.).«
    Er setzte wirklich V. St. v. A. hinzu.
    Jetzt hatten wir uns also gegenseitig vorgestellt. Meine Wenigkeit Händler mit Neuigkeiten und er Händler mit … Ja, womit? … Das muß ich erst noch erfahren.
    Das Gespräch geht weiter. Fulk Ephrjuell ist selbstverständlich schon überall – und auch noch etwas darüber hinaus, wie er hinzufügt – umhergefahren. Er kennt Nord-und Südamerika und fast ganz Europa. Jetzt kommt er jedoch zum erstenmal nach Asien. Er spricht … plaudert, doch immer schaltet er sein
Wait a bit!
mit beängstigender Unverdrossenheit ein. Sollte der Hudson vielleicht dieselbe Eigenthümlichkeit wie die Garonne haben, die Zunge manchmal hängen bleiben zu machen?
    Ich hörte seinen Worten nahezu zwei Stunden lang zu. Kaum drangen mir die Namen der Stationen Sachanglong, Peily, und andere, die bei jedem Aufenthalt ausgerufen wurden, bis ins Ohr. Und doch hätt’ ich mir eigentlich gern das Land angesehen, das der Silberschimmer des Mondes überfluthete, und hätte mir während der Fahrt einige Notizen gemacht.
    Zum Glück hatte der Gefährte mit dem unermüdlichen Mundwerk die östlichen Provinzen Georgiens schon früher bereist. Er machte mich auf die Landschaft, Flecken und Städtchen, die Wasserläufe und die am Horizonte auftauchenden Berge aufmerksam …. Ich sehe dennoch fast nichts … Verdammte Eisenbahn! Man fährt ab, kommt an und hat unterwegs nichts gesehen!
    »Nein! ruf’ ich, jetzt fehlt doch gänzlich der Reiz einer Fahrt im Postwagen, in der Troika, dem Tarantaß, mit den Zufälligkeiten des Weges, der Originalität der Gasthöfe, den Plauderstündchen beim Pferdewechsel, dem kräftigen Schluck Wodka, den die Yemtchiks zu sich nehmen … und so dann und wann ein hübscher Ueberfall durch Räuber, deren Rasse wahrlich ganz im Verlöschen ist …
    – Herr Bombarnae, fragt mich Fulk Ephrjuell, ist es Ihr Ernst, daß Sie sich dieser schönen Dinge wegen beklagen?
    – Völliger Ernst, geb’ ich zur Antwort. Mit dem Vortheil der geraden Linie der Eisenbahn verlieren wir alles Malerische der Bogenlinie oder der gebrochenen Linie der ehemaligen großen Landstraße. Und gestehen Sie nur, Herr Ephrjuell, wenn Sie die etwa vierzig Jahre zurückliegenden Beschreibungen von Reisen in Transkaukasien lesen, dann bedauern Sie auch die heutige Veränderung der Verhältnisse. Werde ich denn ein einziges jener Dörfer zu Gesicht bekommen, die von Kosaken – halb Soldaten, halb Ackerbauern – bewohnt sind? Werd’ ich jetzt nur einer jener festlichen Aufführungen beiwohnen können, die sonst den Touristen erfreuten, einer jener ›Djiquitovkas‹, bei der die Reiter auf den Pferden stehend die Säbel schwingen, die Pistolen abfeuern und die Ihnen Geleit geben, wenn Sie sich in Gesellschaft eines hohen moskowitischen Beamten oder eines Obersten der Staniza befinden?
    – Freilich … zugegeben … Diese schönen Dinge haben wir eingebüßt, nimmt mein Yankee das Wort. Dank dieser Eisenbahn aber, die unsere Erdkugel bald umkreisen wird, wie eine Tonne Cider oder einen Baumwollenballen, gelangen wir binnen dreizehn Tagen von Tiflis nach Peking. Haben Sie also – so zur Abwechslung – auf Zwischenfälle gerechnet ….
    – Ganz bestimmt, Herr Ephrjuell!
    – Täuschung, Herr Bombarnae! Es wird nichts passiren, weder Ihnen noch mir.
Wait a bit!
Ich verspreche Ihnen die einfachste prosaischte Fahrt, das gemüthlichste
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