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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt
Autoren: Christopher Ross
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erwiderte sie.
    Er verstand, wie es gemeint war, und griff unwillkürlich nach seiner Krawatte, die ihn mehr noch als der steife Kragen zu behindern schien. »Du glaubst ja nicht, wie lange es gedauert hat, bis der Anzug einigermaßen saß.«
    »Liebe Gemeinde …«, begann der Pastor.
    Clarissa vernahm die salbungsvollen Worte des Pastors wie aus weiter Ferne. Bedeutungslos verhallten sie in ihren Ohren. Sie hatte plötzlich das Gefühl, allein mit Alex in der Kirche zu stehen, nur er und sie, und lächelte verliebt, als er verstohlen nach ihrer Hand griff und sie nervös drückte. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätte ihn schon jetzt vor allen Leuten geküsst und ihm ins Ohr geflüstert, dass sie ihn liebte, und nichts sie jemals trennen könnte. Das hätte ihn wohl noch verlegener gemacht, als er jetzt schon war, ihm vielleicht sogar die Schamesröte ins Gesicht getrieben, weil er seine Zuneigung ungern vor anderen zeigte und wahrscheinlich froh war, wenn die Zeremonie vorüber war und er endlich aus seinem schwarzen Anzug kam.
    Die Aufforderung des Pastors kam so plötzlich, dass Clarissa sie beinahe überhört hätte. »Ja … natürlich«, rief sie so laut und nervös, dass sich selbst der Pastor ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Erst dann sprach sie ihm nach: »Ich, Clarissa, nehme dich, Alex, zu meinem angetrauten Mann, will dich von diesem Tage an lieben, in guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet, so wahr mir Gott helfe.« Sie lächelte aufmunternd, als Alex ihr mit zitternden Fingern den Ring ansteckte und er die feierlichen Worte sprach: »Trage diesen Ring als Zeichen unserer Liebe und Treue!«
    »Du darfst die Braut jetzt küssen, Alex«, sagte der Pastor.
    Sie küssten sich, sehr zur Freude aller Anwesenden, und strahlten, als sie die Kirche unter dem Beifall ihrer Freunde und Bekannten verließen. Erst als das Heulen eines Wolfes von den Berghängen herabdrang, gefror Clarissas Lächeln, und ihr wurde die große Gefahr bewusst, in der sie beide schwebten.

3
    Nach der Trauung brauchte Clarissa ihre ganze Kraft, um Alex die betrübliche Nachricht nicht schon während der Feier zu verraten. Er wirkte so fröhlich und ausgelassen, als er den Hochzeitskuchen anschnitt, dass sie es nicht übers Herz gebracht hätte, ihm in diesem feierlichen Augenblick die Stimmung zu verderben. Wenn sie schon unter den schlechten Neuigkeiten litt, sollte wenigstens er die Hochzeitsfeier genießen. Sie wollte sich alle Mühe geben, ihm den Abend zu versüßen und ihm auch nachts geben, wonach er sich sehnte, so sehr sie das Heulen des geheimnisvollen Wolfes auch zur Eile mahnte. Vorerst waren sie sicher. Maggies Söhne würden sie warnen, falls Whittler auf die Idee kam umzukehren. Was sollte ihnen schon passieren?
    Beim Eröffnungswalzer machten sie keine gute Figur. Weder Alex noch sie hatten Tanzen gelernt, schon gar nicht Wiener Walzer, und sie stolperten mehr schlecht als recht über die Tanzfläche. Die Hochzeitsgäste störte es nicht. Sie applaudierten begeistert und schwangen selbst das Tanzbein, als die Kapelle, die aus dem Schmied und seinen drei Söhnen bestand, eine Polka anstimmte, und man nur noch über den Bretterboden zu hüpfen brauchte. Selbst der Mietstallbesitzer und seine Frau, die sich vor wenigen Stunden noch heftig gestritten hatten, machten mit, und zum ersten Mal seit vielen Wochen huschte ein Lächeln über ihre sonst so grimmigen Gesichter. Daran war wohl auch die süffige Pfirsichbowle schuld. Der Inhaber des Gemischtwarenladens hatte seinen gesamten Vorrat an Dosenpfirsichen und der Wirt des Saloons einige Flaschen seines besten Weins und Sekts beigesteuert.
    Alex, ansonsten immer für einen kräftigen Schluck zu haben, hielt sich bei der Bowle auffällig zurück. Er flüsterte Clarissa mehrmals ins Ohr, wie wunderschön sie in ihrem Brautkleid aussah und dass er es gar nicht mehr erwarten könnte, endlich mit ihr im Hotel zu verschwinden, wie ein Mann, der seine Liebste zum ersten Mal in ihr Zimmer begleiten darf. Clarissa erwiderte seine Schmeicheleien mit einem bemühten Lächeln, das ihre Stimmung kaum verhehlte. Warum hatte der Wolf nicht später geheult? Warum war Maggie nicht erst am nächsten Morgen mit der schlechten Nachricht gekommen? Wie gern hätte Clarissa mit ihrem angetrauten Mann und ihren Gästen so unbeschwert und ausgelassen gefeiert, wie sie und Alex es verdient hatten.
    Gegen Mitternacht, eigentlich keine Zeit für Alex, der
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