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Clara

Clara

Titel: Clara
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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aber ihr könntet euch doch wenigstens ein kleines bißchen beeindruckt zeigen. Die Anwälte, mit denen ich hier zu tun habe, die nicken wenigstens betroffen. Na gut, ich habe selbst mit dem Jungen geredet. Der hat einen massiven Gotteswahn, der Kerl. Wirkt auf den ersten Blick völlig normal, aber wenn man dem ein bißchen Futter gibt, dann sieht er sie echt fliegen. Gott spricht zu ihm, Gott steht mitten im Zimmer, manchmal spricht Gott auch durch ihn, dann predigt er. Deswegen ist er auch eingewiesen worden. Stand morgens in der Schule plötzlich auf dem Fensterbrett und hat in den Hof runtergepredigt. Die Pauker haben recht fix reagiert und einen Arzt geholt. Ihr könnt übrigens selbst mit dem Jungen sprechen. Der Chef hat seine Zustimmung gegeben.«
    »Wenn’s nicht sein muß«, meinte Toppe unbehaglich.
    »Geht trotzdem mal zur Station rüber. Man hat mir nämlich erzählt, daß Alexander Wirtz ein paarmal Besuch von einem Freund gehabt hat. Und der Name des Freundes war Ralf Poorten. Könnte das für euch nicht interessant sein? Fragt nach Jupp Müller, dem Pfleger. Der hat mit Poorten gesprochen. Für die behandelnden Ärzte war eure Information über diese Seminare übrigens nicht unwichtig. Insofern wäscht eine Hand die andere. Ich meine, klar lag bei dem Jungen eine Prädisposition vor …«
    Van Appeldorn stöhnte vernehmlich.
    Reimann lachte wieder und setzte sich endlich hin. »Kein Mensch weiß, wie krank Alexander Wirtz vorher war. Es kann zumindest nicht auffällig gewesen sein, denn da ist nichts aktenkundig. Obwohl, bei den Familienverhältnissen, hätte es wahrscheinlich eh kein Mensch gemerkt. Wie auch immer, zumindest hat das Seminar in dieser ominösen Einrichtung einen schweren Schub bei dem Jungen ausgelöst.«
    »Kann ich mal zusammenfassen?« fragte van Appeldorn. »Alexander Wirtz war sowieso schon bekloppt, aber wenn die den Firlefanz auf diesem ›ominösen‹ Seminar nicht veranstaltet hätten, dann hätte der Kerl noch wunderbar damit leben können?«
    Toppe und Reimann schauten sich an und runzelten einvernehmlich die Stirn. Aber dann wurde Reimann ganz ernst. »Ich finde das wirklich sehr übel, was diese Leute da treiben. Und ich denke auch nicht daran, das so auf sich beruhen zu lassen.«
    »Kein Handlungsbedarf«, antwortete van Appeldorn. »Die Staatsanwaltschaft hat sich schon eingeschaltet.«

    Diesmal erwartete sie der Pfleger schon an der Stationstür und schloß sofort auf.
    »Müller, guten Tag. Reimann hat mich gerade angerufen, daß Sie kommen.« Dann nahm er sie mit ins Pflegerzimmer. »Setzen Sie sich. Ist nicht gerade gemütlich hier, aber na ja. Was soll ich Ihnen denn erzählen? Der Freund vom Wirtz, dieser Poorten, war zweimal hier. Gleich zu Anfang, als Wirtz noch ganz schön in den Preisen hing. Beim zweiten Mal hat der Jung am Ende so richtig rumgehext, und das hat Poorten wohl fertiggemacht. Der stand hier auf dem Flur und hat geheult wie ein Schloßhund. Deshalb hab ich den auch mit in unser Zimmer genommen. Da hab ich dann schnell gemerkt, daß der vor Wut am heulen war. Hat immer wieder gebrüllt: Denen hänge ich was an, die mach ich fertig! Ich dachte zuerst, der meint uns.«
    Toppe war bis auf die Stuhlkante vorgerutscht. »Aber das war nicht so. Wen meinte Poorten denn? Wen wollte er fertigmachen?«
    »Das hab ich mir erst jetzt genau zusammengereimt, als der Reimann hier war. Poorten hat immer nur was von ›der Gemeinschaft gefaselt und, daß die schuld ist, daß Alex bei uns sitzt. Aber solche Sachen nimmt unsereins hier ja nicht ernst.«
    Toppe nickte. »Mehr hat Poorten nicht gesagt?«
    »Doch, doch. Der Wirtz wäre nicht der einzige, und jetzt wäre das Maß voll, und seine Schwester kennt einen beim Stern, und mit einem von der Bildzeitung hätte er schon Kontakt.«
    Van Appeldorn warf Toppe einen triumphierenden Blick zu.

    Christian schwänzte den Unterricht. Heute hatte er es erst gar nicht probiert, zu Clara ins Zimmer zu kommen, sondern war gleich zu seinem Fensterplatz gegangen. Die Schwägerin hatte vergeblich versucht, Clara mit Butterbrotbröckchen zu füttern. Und er hatte heiße Backen gekriegt, als Clara ihn sah. Jetzt saß er hier im Schwesternzimmer und hampelte rum wie ein Erstklässler. Dabei war die Krankenschwester echt nett zu ihm, er hatte bloß überhaupt keine Übung im Einschleimen.
    »Sie ist also deine Freundin, und die Eltern finden das nicht so gut, ja?«
    Er nickte, so konnte man es auch sagen. »Sie wollen nicht mal,
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