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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan
Autoren: Wendy Markham
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1. KAPITEL
    U nd so wird mein Leben später aussehen: Ich heirate Will. Er wird ein großer Star am Theater, und ich werde meine Karriere als Werbekauffrau aufgeben, um bei unseren Kindern zu Hause zu bleiben. Wir werden in New York wohnen bleiben und nicht in den Süden ziehen (denn ich brauche unbedingt alle vier Jahreszeiten), und im Laufe der Jahre werden wir uns unmerklich in Senioren verwandeln, die Seite an Seite in einer kleinen verschwiegenen Nische bei Friendly’s sitzen. Ich war zwar noch nie in einem der Friendly’s in Manhattan, und ich habe auch noch nie neben Will in irgendeinem Restaurant gesessen.
    Es ist nämlich so, dass Will viel Freiraum braucht.
    In Restaurants.
    Generell.
    Ich dagegen brauche für mich selbst praktisch keinen Freiraum. Was ich auch meiner Freundin Kate bei einem großen Karamell Macchiato im Starbucks erkläre, nachdem sie mit geradezu unheimlicher Ruhe gesagt hat, dass jeder Mensch seinen Freiraum braucht.
    „Ich brauche keinen Freiraum“, sage ich zu Kate, die dabei ihre aquamarinfarbenen Augen (Kontaktlinsen, was sonst) in Richtung ihres blond gefärbten Haaransatzes verdreht. Kate ist im tiefen Süden aufgewachsen, wo man offensichtlich am besten ankommt, wenn man eine dünne Blondine mit blauen Augen ist. Aber wahrscheinlich kommt man als dünne Blondine mit blauen Augen überall gut an, was mir als wohlgerundete brünette New Yorkerin schmerzlich bewusst ist.
    „Ja, auch du brauchst deinen Freiraum, Trace“, beharrt Kate, wobei nur ein Hauch von dem Südstaatenakzent zu hören ist, den sie sich so mühevoll abgewöhnt. „Glaub mir, es würde dir überhaupt nicht gefallen, Will jede Sekunde des Tages auf der Pelle zu haben.“
    Okay, die Sache ist aber so …
    Es würde mir gefallen.
    Wirke ich Mitleid erregend? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vorsichtshalber gebe ich es Kate gegenüber nicht zu, die bereits erklärt hat, dass sie sich Sorgen um mich macht. Sie glaubt, dass meine Beziehung mit Will zu einseitig ist.
    „Nein“, lüge ich, „jede Sekunde des Tages würde mir auch nicht gefallen. Aber das heißt noch lange nicht, dass ich will, dass er demnächst drei Monate lang bei Sommeraufführungen in den Adirondacks mitwirkt.“
    „Tja, ich glaube allerdings nicht, dass du die Wahl hast. Es ist schließlich nicht so, als ob du mitkommen könntest.“
    Ich konzentriere mich auf das Getränk vor mir und versuche, den süßen Schaum in die dunklere Flüssigkeit einzurühren. Er widersetzt sich aber und klebt als Flauschbällchen an dem hölzernen Löffel wie das baumwollartige Gespinst der seltsamen Käfer an meinem kränkelnden Philodendron, der bei mir zu Hause steht.
    „Tracey“, sagt Kate warnend, offensichtlich etwas entnervt.
    „Ja?“ frage ich unschuldig und spiele mit meinem gelben Bic-Feuerzeug, mache es an und wieder aus und sehne mich nach den guten alten Tagen, als man sich noch überall eine Zigarette anstecken durfte.
    „Spielst du etwa mit dem Gedanken, Will zu begleiten?“
    „Warum nicht?“
    „In erster Linie deshalb, weil du keine Schauspielerin bist. Du hast dich für eine andere Karriere entschieden.“
    Oh ja richtig. Meine Karriere. Mein Einstiegsjob bei der Blaire-Barnett-Werbeagentur, wo ich dank meines wohlklingenden Titels und der Tendenz, mich ohne sorgfältige Nachforschungen in neue Abenteuer zu stürzen, erst kapiert habe, dass ich eine kleine Sachbearbeiterin bin, als mein Chef mir zum Tag der Sekretärin eine Topfpflanze schenkte.
    Dabei handelte es sich um den besagten Philodendron. Genau wie meine Arbeitsstelle erschien er mir am ersten Tag äußerst viel versprechend, mit glänzenden grünen Blättern und in verheißungsvoll knisterndes Cellophan gehüllt, mit bunten Schleifen geschmückt und einer Karte versehen, auf der stand: „Liebe Traci“ (auch noch falsch geschrieben!), „Danke für alles, was du für uns tust. Herzlichst, Jake“. Ich nahm ihn mit nach Hause, stellte ihn auf meine Fensterbank, und eine Woche später war er bedeckt mit den Käfern, die ihn vernichten wollen.
    „Ich könnte es sein lassen“, sage ich zu Kate und spiele schon wieder mit meinem Feuerzeug.
    „Was? Das Rauchen?“
    „Nein, bloß nicht. Das Arbeiten! Ich könnte kündigen.“ Ich werfe das Feuerzeug auf den Tisch.
    Mentale Notiz: Unbedingt neue Zigaretten besorgen, bevor ich mich mit Will treffe.
    „Das habe ich befürchtet.“ Kate, eine militante Nichtraucherin, verzieht das Gesicht. Sie trinkt einen Schluck, dann sagt
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