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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)
Autoren: Laura Amy Schlitz
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wieder zusammen: Der Brustkorb sprang auf das Becken, der Kopf auf die Wirbelsäule. Clara wimmerte zusammengekrümmt. Sie hatte Seitenstechen vor Lachen.
    Die Geigenmusik endete mit einem letzten Triller. In der nun herrschenden Stille verbeugte sich das Skelett. Der Vorhang fiel. Ein paar der Kinder klatschten halbherzig. Selbst dem jüngsten Gast war klar, dass Clara Wintermute sich unmöglich benommen hatte.
    Miss Cameron erhob sich, ging nach vorne und stellte sich vor die Bühne. Sie machte eine eiserne Miene, als sie sich an das Publikum wandte. »Ich hoffe, Ihnen hat die Darbietung gefallen«, sagte sie.
    Zaghaft tröpfelte etwas Applaus.
    »Clara«, sagte Miss Cameron, »du musst deinen kleinen Freunden noch danken, dass sie zu deinem Fest gekommen sind.«
    Clara holte tief Luft und stand auf. Ihre Wangen waren nass und feuerrot. »Danke«, sagte sie heiser. Weiter fiel ihr nichts ein.
    Mehrere Kinder erwiderten den Dank. Miss Cameron deutete mit einer Kinnbewegung in Richtung Tür und geleitete die Gäste mit Nachdruck die Treppe hinunter zum Esszimmer. Hinter der Bühne war leises Poltern und Rascheln zu hören. Parsefall und Lizzie Rose packten wahrscheinlich die Puppen ein. Clara folgte ihrer Gouvernante nach unten.
    Die Dienstboten scharten sich um Miss Cameron. Mäntel wurden herbeigetragen, Handschuhe angezogen, Kuchenstücke eingewickelt und Papiertüten mit Süßigkeiten gefüllt, damit die Kinder sie mit nach Hause nehmen konnten. Inmitten des allgemeinen Aufbruchs schleppten zwei Diener mit Grisini den Theaterwagen die Treppe hinunter. Dahinter folgten langsam Lizzie Rose und Parsefall. Clara hätte ihnen gern zugewinkt, doch sie zwang sich, ausschließlich mit ihren Gästen zu sprechen. Sie blieb an Miss Camerons Seite und gab Höflichkeitsfloskeln einer Gastgeberin von sich. Sie wusste, die anderen würden über sie reden, sobald sie aus der Tür waren.
    Es dauerte über eine halbe Stunde, bis die letzten Gäste das Haus verlassen hatten. Anschließend wandte sich Miss Cameron an Clara: »Was um Himmels willen ist in dich gefahren? Wie konntest du nur auf eine so undamenhafte Weise lachen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Clara.
    Miss Camerons Miene wurde noch finsterer. »Skelette und Friedhöfe! Und das in einem Trauerhaus! Nichts hätte geschmackloser sein können! Du weißt, wie verletzlich die Gefühle deiner Mutter sind, Clara! Wusstest du davon? Dass dieses vulgäre Skelett Teil des Programms sein würde?«
    Clara hob das Kinn, erleichtert, dass es einen Punkt gab, in dem sie sich verteidigen konnte. »Nein! Ehrlich! Damals im Park habe ich die Vorstellung von der Rückseite der Bühne aus gesehen. Ich wusste nicht …«
    »So oder so«, unterbrach sie Miss Cameron, »gelacht hast du. Und die Art und Weise, wie du gelacht hast, war völlig unangemessen. Schämst du dich nicht?«
    »Doch«, antwortete Clara. Ihre Wangen brannten.
    »Du gehst jetzt besser zu Bett. Für heute sind die Festlichkeiten beendet. Ich lasse die Köchin wissen, dass sie kein Abendessen für dich vorbereiten muss.«
    Clara nickte. Sie war seit vielen Jahren nicht mehr ohne Abendessen ins Bett geschickt worden. Eine solche Kinderstrafe an ihrem Geburtstag zu bekommen, empfand sie als doppelte Schmach. Aber wahrscheinlich hatte sie das verdient. »Sehr wohl, Miss Cameron. Nur darf ich bitte, bevor ich ins Bett gehe, mit Mama sprechen?«
    Die Gouvernante zögerte. Als sie antwortete, war die Schärfe in ihrer Stimme verflogen. »Sie will dich vielleicht nicht sehen.«
    Clara wartete.
    Nach einem kurzen Augenblick neigte Miss Cameron den Kopf und sagte: »Es ist recht, dass du dich entschuldigen willst. Nun gut. Du darfst deine Mutter in ihrem Zimmer aufsuchen. Nachdem du mit ihr gesprochen hast, gehst du ins Kinderzimmer und machst dich zum Schlafengehen fertig.«
    »Ja, Miss Cameron«, erwiderte Clara. Sie drehte sich um und stieg die Treppe hinauf.

5. Kapitel

     
    Grisini
     
    A uf dem Treppenabsatz glitzerte etwas. Clara entdeckte es, als sie die letzten drei Stufen hinaufstieg. Etwas, was auf dem matten Teppich wie eine winzige Sonne strahlte. Sie bückte sich und hob es auf.
    Es war eine goldene Taschenuhr. Clara hatte noch nie eine Uhr wie diese gesehen. Das Ziffernblatt war nicht größer als ihr Daumennagel und schien den Vollmond darzustellen. Ringsherum bildete schwarze Emaille einen Nachthimmel, vor dem sich zwei Figuren abhoben: ein goldener Wolf und ein silberner Schwan. Der Schwan schien mit
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