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Circus

Circus

Titel: Circus
Autoren: Alistair MacLean
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Circus abholen.«
    »Völlig verrückt«, konstatierte Kan Dahn mit traurigem Gesicht.
    »Wäre ich vielleicht hier, wenn ich normal wäre?«
    Er drückte auf den Knopf am oberen Ende des schwarzen Kugelschreibers, entsicherte seine Maschinenpistole und öffnete vorsichtig die Tür.
    Es sah aus wie in den meisten anderen Gefängnissen: Alle vier Seiten des Blocks wurden von Zellen eingenommen, und ein ein Meter zwanzig hohes Geländer begrenzte die Flure zu dem Treppenschacht hin, der vom Parterre bis zum Dach führte. Soweit Bruno sehen konnte, waren keine Posten unterwegs – im fünften Stock jedenfalls ganz sicher nicht. Er trat ans Geländer und schaute zuerst hinauf und dann die fünfzehn Meter hinunter bis zu dem Betonfußboden. Es war unmöglich, sich einwandfrei zu überzeugen, aber es schienen auch dort keine Wachen zu patrouillieren, denn es war kein Laut zu hören, und Gefängniswärter sind nicht gerade für ihren lautlosen Gang berühmt. Etwa zwanzig Meter von ihm entfernt drang durch eine Glastür auf der linken Seite Licht nach draußen. Bruno schlich lautlos hin und spähte hindurch: Der Raum war nur mit zwei Mann besetzt, die an einem kleinen Tisch saßen. Und es war offensichtlich, daß sie keine Inspektion erwarteten, denn sie hatten eine Flasche und jeweils ein Glas vor sich stehen und spielten Karten. Bruno stieß die Tür auf. Beide Männer fuhren herum und blickten genau in die Mündung der Schmeisser.
    »Aufstehen!« Sie beeilten sich, der Aufforderung nachzukommen. »Hände in den Nacken! Augen zu! Aber nicht blinzeln!«
    Auch diese Anordnungen wurden unverzüglich befolgt. Bruno zog seinen Gas-Kugelschreiber aus der Brusttasche, drückte zweimal auf den Clip und pfiff dann leise, um den anderen mitzuteilen, daß sie nachkommen sollten. Während sie die beiden Wachen bewegungsunfähig machten, inspizierte Bruno die Reihen von numerierten Schlüsseln, die an der Wand des Wachraums hingen.
    Im siebenten Stock angekommen, wählte Bruno den Schlüssel mit der Nummer 713 aus und sperrte die Zellentür auf. Die beiden Brüder, Vladimir und Yoffe, starrten ihn fassungslos an, stürmten dann aus der Zelle und umarmten ihn schweigend. Bruno befreite sich lächelnd, nahm die Schlüssel mit den Nummer 714, 715 und 716 und schloß nacheinander die Zellen auf. Vor der Zelle 715 lächelte Bruno seine beiden Brüder, seine Freunde und Van Diemen unfroh an: »Ein netter Zug, alle Wildermanns gemeinsam einzusperren, was?«
    Die drei Türen öffneten sich fast gleichzeitig, und drei Menschen kamen heraus – zwei davon mit sehr zögernden Schritten. Die beiden, die nicht so gut laufen konnten, waren gebeugt und grauhaarig: ein Mann und eine Frau, deren Gesichter die typische Gefängnisblässe aufwiesen und von tiefen Leidensfalten durchzogen waren. Die dritte Gestalt war den Jahren nach ein junger Mann, der aber nicht mehr wie ein junger aussah.
    Die alte Frau starrte Bruno mit trüben Augen an. Und dann sagte sie plötzlich: »Bruno!«
    »Ja, Mutter.«
    »Ich wußte, daß du eines Tages kommen würdest.«
    Er legte einen Arm um ihre zerbrechlichen Schultern. »Es tut mir leid, daß es so lange gedauert hat.«
    »Rührend«, sagte Dr. Harper, »wirklich ausgesprochen rührend.«
    Bruno ließ seine Mutter los und drehte sich ohne Eile um. Dr. Harper, der Maria wie ein Schild vor sich hielt, hatte eine mit einem Schalldämpfer versehene Pistole in der Hand. Neben ihm stand mit deutlich erkennbarem Lächeln Oberst Sergius, ebenfalls bewaffnet. Und hinter ihm stand der Koloß Angelo, der seine bevorzugte Waffe bei sich hatte: eine riesige Keule von der Größe eines Baseballschlägers.
    »Wir stören doch hoffentlich nicht«, fuhr Dr. Harper fort. »Oder halten wir Sie vielleicht auf?«
    »Ja, eigentlich wollten wir gerade gehen.«
    »Lassen Sie die Waffe fallen«, befahl Sergius.
    Bruno bückte sich, legte die Schmeisser leise auf den Boden, kam langsam wieder hoch, machte plötzlich einen Satz, packte Van Diemen und hielt ihn vor sich. Mit der freien Hand holte er seinen roten Kugelschreiber mit den Betäubungspatronen aus der Brusttasche, drückte den Knopf hinunter und richtete die Waffe über Van Diemens Schulter auf Dr. Harpers Gesicht. Beim Anblick des Kugelschreibers weiteten sich Dr. Harpers Augen voller Furcht, und der Finger am Abzug seiner schallgedämpften Waffe krümmte sich noch ein bißchen mehr.
    Sergius lächelte nicht mehr. Er sagte: »Lassen Sie das Ding fallen. Ich kann Sie von der Seite
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