Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cinderella undercover

Cinderella undercover

Titel: Cinderella undercover
Autoren: Gabriella Engelmann
Vom Netzwerk:
engagieren?«, fragte Paps, während er hingebungsvoll frischen Parmesan rieb und ich versuchte, jeden Gedanken an diesen Vollstreber-Idioten zu verdrängen, der nur von zwei Dingen auf diesem Planeten Ahnung hatte: Mathe und seine Koi-Karpfen-Sammlung – beides nicht wirklich mein Ding.
    Auf den ersten Blick war in der Küche alles im grünen Bereich: Im Radio lief Klassik, in einem Topf blubberten Spaghetti, im anderen Tomatensoße.
    Auf dem dunklen Holztisch stand eine Schale Rucolasalat.
    Hungrig angelte ich mit der Gabel eine Nudel aus dem Wasser und probierte – uah, war die matschig!
    »Kann es sein, dass du vergessen hast, auf die Uhr zu gucken?«, fragte ich, kippte die Spaghetti in ein Sieb und ließ kaltes Wasser darüberlaufen.
    Die Pasta sah aus wie ein Berg aufgequollene Würmer. Bäh!
    Mama wäre ausgeflippt, wenn sie das gesehen hätte.
    Und als wäre das nicht schon eklig genug, bahnte sich auch schon das nächste Koch-Desaster an: Die Tomatensoße kochte hoch und ergoss sich über den Rand des Topfes hinweg zischend auf die Herdplatte. Es stank augenblicklich, als hätten wir die halbe Wohnung abgefackelt.
    Ich öffnete das Fenster und sah Paps vorwurfsvoll an.
    »Oh mein Gott, da habe ich wohl tatsächlich ein bisschen geträumt«, murmelte er beschämt, riss den Topf schwungvoll vom Herd, verbrannte sich und ließ ihn auf den Boden krachen. Mit einem Schlag waren die weißen Fliesen über und über mit Tomatensoße bespritzt. (Von meinen weißen Shorts wollen wir lieber nicht sprechen. Die konnte ich wohl vergessen!)
    Was für ein Gemetzel!
    »Ich bestelle uns Pizza!«, sagte ich energisch, nachdem ich mit Paps Hilfe den Großteil der Schweinerei beseitigt hatte, und wählte die Nummer des Italieners um die Ecke, die zuoberst im Telefon eingespeichert war. Seit Mamas Tod waren wir Stammkunden bei »Da Lorenzo«. Routiniert orderte ich Al Tonno für Paps und Con spinaci mit extra viel Gorgonzola für mich.
    Als ich danach wieder in die Küche kam, fand ich meinen Vater zusammengesunken am Tisch sitzend vor. Er hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte genauso trübsinnig vor sich hin wie ich, als ich letzte Woche meine vergeigte Mathe-Arbeit wiederbekommen hatte.
    »Sei froh, dass ich dir eine Fünf minus gegeben habe, statt einer glatten Sechs«,hatte Barbara Godeneck, von uns allen nur Geodreieck genannt, gesagt und mich dabei angesehen, als hätte sie mir mit dieser großzügigen Aktion das Leben gerettet.
    »Cyn, Cyn, das geht so nicht weiter«, murmelte Paps.
    Ich setzte mich neben ihn auf die Küchenbank, dem Lieblingsmöbel meiner Mutter. Sie hatte das antike Stück auf dem Flohmarkt gefunden, aufpolstern lassen und dazu neue Kissenbezüge gekauft. Paps fand Stoffkissen in der Küche zwar unpraktisch, weil sie schnell dreckig wurden – aber davon hatte Mama sich nicht beirren lassen. Mit einem »Man kann sie doch waschen, Liebling« hatte sie alle seine Bedenken lächelnd vom Tisch gewischt.
    »Ist doch gar nichts passiert«, antwortete ich und tätschelte ihm vorsichtig den Arm. »Ab morgen bin sowieso ich wieder mit dem Küchendienst dran«, versuchte ich, ihn zu beruhigen, und stopfte mir eines der Kissen in den Rücken. So hatte ich das Gefühl, dass Mama doch irgendwie noch bei uns war.
    Endlich hob Paps den Kopf und sah mich mit geröteten Augen müde an. »Cynni, ich meine doch nicht nur das Kochen und Putzen. Ich meine das alles hier, unser Leben. Wir beide versuchen seit über einem halben Jahr, uns, so gut es geht, durchzuwurschteln, aber Situationen wie diese passieren andauernd. Und ab übernächster Woche muss ich wieder auf Geschäftsreise gehen, ich kann meine Arbeit nicht mehr länger ausschließlich von Hamburg aus machen. Wie soll das denn dann alles funktionieren?«
    Paps war Kaufmann, beziehungsweise Importeur von Edelsteinen und Perlen, die er überall auf der Welt einkaufte, um sie dann mit großem Gewinn wiederzuverkaufen. Aber in den letzten Monaten war er bis auf ein paar Ausnahmen zu Hause geblieben und hatte sich bei den Auslandsreisen durch seinen Partner vertreten lassen.
    Okay, Cyn, es ist mal wieder Zeit, die Erwachsene zu spielen , dachte ich und straffte die Schultern.
    Kurz vor ihrem Tod hatte ich meiner Mutter versprochen, tapfer zu sein und mich um meinen Vater zu kümmern, den sie über alles geliebt hatte.
    »Aber das ist doch kein Problem, ich bin ja schließlich kein Kind mehr. Den Haushalt kann ich dank Mama ohnehin tausendmal besser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher