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Ciao Tao

Ciao Tao

Titel: Ciao Tao
Autoren: Hen Hermanns
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das alles? Mehr Details bitte! Ich liege einsam in meinem Loft, während ihr da irgendwelche Rekorde purzeln laßt, und dann kriegt man noch nicht mal ein paar kleine erotische Facts zu hören. Dabei habe ich die Dame für dich angebaggert.«
    »Wer baggert so spät am Baggerloch? Es ist der Sigi, er baggert noch. Sensationell ist sensationell. Ansonsten kein Kommentar.«
    »Meine Güte, seriös verknallt oder was?«
    »Ich darf Winnie zu ihr sagen.«
    »O wei. Und sonst? Irgendwelche neuen Attentate?«
    »Ne, es war nur einer in meiner Wohnung.«
    »Einbruch? Hast du die Bullen verständigt?«
    »Mann, vielleicht hab ich nur die Tür nicht richtig zugemacht in meinem Braß, Mensch. Ich kann nichts beweisen. Ich glaube, die halten mich sowieso für einen Spinner.«
    »Der Streifschuß war aber doch wohl echt?«
    »Klar. Aber die scheinen echt viel mit anderen Dingen zu tun zu haben. Polizeischutz für Walter Scheel, damit der besser seine Rente verputzen kann, oder was weiß ich.«
    »Und jetzt?«
    »Und jetzt, und jetzt! Und jetzt fängst du am besten schon mal mit dem verdammten Salesfolder an. Ich muß mal telefonieren.«
    »Winnie the Pooh?« rief Sigi mir nach.
    Kann man tiefer sinken als auf dieses Niveau?
    Aber ja doch. Alwines Stimme auf ihrem Anrufbeantworter klang so unglaublich erotisch, daß mir das Blut in den Kopf schoß. Und in die umgekehrte Richtung. Beide physischen Reaktionen beschrieb ich ihr kurz auf Band. Dann flatterten plötzlich vage Verdächtigungen durch mein Hirn. Die linke, für das Verbale zuständige Hälfte fragte ziemlich beunruhigt: »Ja, wo ist sie denn?« Die rechte, visuell arbeitende Hälfte zeigte durch einen schmuddeligen Weichzeichner, wie Alwine mich mit ihrem Regisseur betrog. Alles zusammen ergab eine niederschmetternde Depression. Ohne Depression gibt es auch keine Euphorie, hätte mich jetzt meine taoistische Lebenseinstellung retten können. Tat sie aber nicht. Wie immer, wenn ich sie mal wirklich brauchte. Wie oft schon hatte ich versucht, mich in dem Gefühl des Wu-Wei, des Nicht-tuns, des federnden Nachgebens zu wiegen. Wie oft tröstete ich mich mit Sätzen wie »Das Rauschen des Wassers spricht, was ich denke« und dachte dann doch an sprechende Fäuste, die auf den U-Bahnfahrer eintrommelten, der mal wieder mit riesiger Verspätung einrauschte. Und jetzt auch noch Eifersuchtsgefühle. Da war ich noch nie diese dämliche Tao-Weide, deren Äste dem Gewicht des Schnees nachgeben und ihn abgleiten lassen. Da bin und bleibe ich die starre stolze Pinie, die dem beschissenen Schnee so lange standhält, bis die Äste abbrechen. Schließlich bin ich auch noch Verdi-Liebhaber. Wütend rannte ich in Sigis Zimmer und sah auf seinen Layout-Block.
    »Sigi, Sigi, was haben die euch an der Fachhochschule Wuppertal nur beigebracht? Kann man dir denn nicht mal fünf Minuten den Rücken zukehren, ohne daß du konzeptionell völlig entgleist?«
    »Reinartz, Reinartz! War Winnie nicht zu Hause?«
    »Nee. Komm, laß uns zu Luigi gehen. Ich brauche jetzt ein ordentliches Carbo-Loading.«
    »Carobo- was ?«
    »Carbo-Loading. Kohlenhydrate, Nudeln. Schmeckte gutte und du kannste laufen Marathon molto bene, comprende?«
    »Si, Signore.«
    Luigi war unser Stehitaliener. In jeder Stadt haben die Werbefuzzis ihren Stehitaliener. In Köln zum Beispiel heißt er Ezio. Und ist noch eine Spur besser als Luigi. So wie alles in Köln eine Spur besser ist als in Düsseldorf. Aber das ist eine andere Geschichte. Sigi stellte mir keine Fragen mehr über Killer, offene Türen und Alwine. Sein altes Phlegma hatte endlich die Neugier überwunden. Luigi servierte uns hausgemachte Tagliatelle mit Basilikumsahnesauce und Parmaschinken. Danach den obligaten Espresso plus Grappa.
    Und dann gab es auch schon wieder den obligaten Ärger bei W.A.T.CH. Lütgenau saß bereits im Meeting-Room und sah ungeduldig auf seine Angeberuhr. Er sah so aus, als hätte er in den letzten beiden Nächten nicht viel Schlaf gehabt. Er war mächtig blaß. Auf seiner Stirn und über seiner Oberlippe saßen kleine Schweißtröpfchen. Und sein graumeliertes Haar hatte einen Stich ins Gelbliche bekommen. Ich kann nicht sagen, daß er mir leid tat.
    »Wie geht’s?« fragte ich schadenfroh.
    Lütgenau überhörte das.
    »Ich denke, wir haben heute einen Termin. Wo ist Herr Eckert?«
    »Müßte wohl jeden Moment kommen«, sagte ich und tastete mit der Zunge nach einem Stückchen Basilikum. »Wir können ja schon mal die Texte für
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