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Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos

Titel: Chroniken der Weltensucher – Das Gesetz des Chronos
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sein.«
    Â»Natürlich ist sie das«, keuchte Fritz Ferdinand. »Ich bin Fotoreporter. Ich arbeite für die Morgenpost . Sie haben den Falschen erwischt.«
    Der Druck auf seinen Rücken ließ nach.
    Er rappelte sich auf und klopfte den Staub von seiner Weste.
    Â»Und wer bezahlt mir jetzt den Schaden?«, jammerte er beim Anblick seiner zerstörten Kamera. »Die war mein persönliches Eigentum und überdies sehr teuer. So kann ich doch keinen Artikel mehr schreiben.«
    Der Oberst zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid. Wir mussten sichergehen, dass Sie kein Attentäter sind.« Er gab Fritz Ferdinand seinen Presseausweis zurück. »Wir hörten, wie Sie dem Kaiser etwas zuriefen, dann fiel der Schuss. Mit Ihren Schadenersatzforderungen wenden Sie sich an die Oberkriminaldirektion Rathausstraße. Und jetzt machen Sie, dass Sie hier wegkommen.« Damit wandte er sich ab und setzte seine Suche in der wogenden Menschenmenge fort.
    Fritz Ferdinand blickte hinüber zum Museumseingang.
    Der Kaiser und die Kaiserin wurden gerade auf zwei Tragen gelegt und ins Innere des Gebäudes transportiert. Die Gesichter der Leibgardisten wirkten wie versteinert. Irgendwo brandete ein Ruf auf. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Anwesenden.
    Â»Der Kaiser ist tot.«
    Â»Der Kaiser ist tot.«

Teil 1
    Von kommenden Tagen

1
    Zwei Tage später: Montag, 7.   Juni 1895 …
    C arl Friedrich von Humboldt hielt die Montagsausgabe der Zeitung aufgeschlagen über dem Frühstückstisch. Sein Gesicht lag im Schatten. Vorne auf dem Titelblatt stand in großen Lettern geschrieben: Kaiser Wilhelm der Zweite ermordet. Abscheuliches Attentat am Kaiserpaar geht vermutlich auf das Konto der Sozialisten. Steht Deutschland vor einem Bürgerkrieg?
    Oskar verdrehte den Kopf, um Teile des Artikels zu lesen. Er konnte kaum glauben, was da stand. Vorgestern waren sie an der Universität bei Direktor Sprengler gewesen, als ihnen auf dem Rückweg die Nachricht von der Ermordung des Kaisers zu Ohren kam. Zunächst hatte er noch gedacht, es handele sich um eine Falschmeldung, doch schon auf der Fahrt nach Hause wurde ihm klar, dass es furchtbare Realität war. Irgendein Irrer hatte den Kaiser und die Kaiserin erschossen und das Land womöglich in einen Bürgerkrieg gestürzt. Sie alle hatten gespürt, dass etwas Schreckliches im Gange war. Es noch einmal schwarz auf weiß in der Zeitung zu lesen, verschlimmerte ihre Bedenken.
    Â»Unglaublich«, murmelte der Forscher. »Das darf doch alles nicht wahr sein.«
    Eliza schenkte dem Forscher noch einmal Tee nach.
    Charlotte blickte ernst. »Wer immer das getan hat, es muss ein Meisterschütze gewesen sein. Hier steht, Wilhelm und Viktoria verstarben noch am Tatort. Die eintreffenden Ärzte konnten nur noch ihren Tod feststellen.«
    Â»Mein Gott, wie furchtbar«, sagte Eliza.
    Â»Das Schlimme ist, niemand weiß, wer es war. Der Täter konnte spurlos verschwinden.«
    Oskar deutete auf die Zwischenüberschrift. »Hier steht, es waren die Sozialisten.«
    Â»Vermutlich« , sagte Charlotte. »Vermutlich waren es die Sozialisten. Im Zeitungsjargon heißt vermutlich , sie wissen nichts. Siehst du, hier steht’s: Es gibt kein Bekennerschreiben oder etwas Ähnliches. Die Polizei tappt vollkommen im Dunkeln. «
    Â»Wie konnte er nur so ungestört auf sie schießen?«, fragte Oskar. »Er war doch völlig umringt von Menschen.«
    Â»Das ist allerdings rätselhaft«, sagte Charlotte. »Der Mann verschwand genauso ungesehen, wie er gekommen war. Alles, was man fand, waren ein langer Mantel und ein falscher Bart. Aber es gibt noch andere Merkwürdigkeiten.«
    Â»Zum Beispiel?«
    Â»Nun, der Beschreibung nach stand der Kerl mit den Flugblättern etwa hundertfünfzig Meter vom Haupteingang des Museums entfernt. Selbst für einen Meisterschützen eine beträchtliche Entfernung. Besonders weil er seine Waffe ja nirgendwo auflegen und abstützen konnte. Er müsste freihändig geschossen haben. Ein Ding der Unmöglichkeit, bedenkt man, dass er nur zweimal abgedrückt hat.« Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn. »Und als wäre das nicht schon verrückt genug, hat niemand ihn daran gehindert. Ich meine, er war von Dutzenden von Schaulustigen umringt. Er musste die Waffe ziehen, zielen, feuern, die Waffe spannen, erneut
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