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Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels

Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels

Titel: Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
Autoren: Cassandra Clare
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sie miteinander verband: Ihre Väter waren beide tot und sie wurden beide von starken alleinerziehenden Müttern großgezogen.
    Zumindest eine dieser Annahmen stimmte, überlegte Simon. Obwohl seine Mutter gelegentlich Verabredungen gehabt hatte, konnte er in seinem ganzen Leben keine beständige Vaterfigur vorweisen außer Luke. In gewisser Hinsicht hatten Clary und er sich Luke geteilt. Und auch das Wolfsrudel schaute ratsuchend zu ihm auf. Für einen Junggesellen ohne eigenen Nachwuchs hatte Luke verdammt viele Kinder, um die er sich kümmern musste, dachte Simon.
    »Ich weiß es nicht«, sagte er nun und gab Luke damit die ehrliche Antwort, die er bestimmt auch seinem leiblichen Vater gegeben hätte. »Nicht so richtig, glaube ich.«
    Luke drehte Simon zu sich her und betrachtete ihn. »Du bist zwar von Kopf bis Fuß mit Blut bespritzt, aber ich vermute, es handelt sich nicht um dein eigenes, wegen dem hier …« Luke zeigte auf das Mal auf Simons Stirn. »Aber was soll’s?«, fuhr er mit sanfter Stimme fort. »Selbst blutbeschmiert und mit dem Kainsmal versehen bist du immer noch Simon. Meinst du, du kannst mir erzählen, was hier heute passiert ist?«
    »Du hast recht, das ist nicht mein Blut«, erklärte Simon krächzend. »Aber das Ganze ist eine sehr lange Geschichte.« Er legte den Kopf leicht in den Nacken, um zu Luke hochzuschauen; er hatte sich immer gefragt, ob er vielleicht einen weiteren Wachstumsschub erleben und noch ein paar Zentimeter auf seine derzeitigen Ein-Meter-siebenundsiebzig drauflegen würde, um Luke — oder vielleicht sogar Jace — direkt in die Augen sehen zu können. Aber das würde ja nun wohl nicht mehr passieren. »Luke«, setzte er erneut an, »hältst du es für möglich, dass man etwas so Schreckliches tut, selbst wenn man es gar nicht wollte, dass man niemals darüber hinwegkommen wird? Etwas so Furchtbares, dass es unverzeihlich ist?«
    Luke musterte ihn lange und schweigend. Dann erwiderte er: »Denk an jemanden, den du liebst, Simon. Wirklich liebst. Gibt es irgendetwas, das dieser Mensch tun könnte, dass du ihn nicht mehr lieben könntest?«
    Vor Simons innerem Auge blätterten rasch Bilder hin und her wie die Seiten eines Daumenkinos: Clary, wie sie ihm über die Schulter ein Lächeln zuwarf; seine Schwester, wie sie ihn gekitzelt hatte, als er noch klein war; seine Mutter, schlafend auf dem Sofa, die Decke bis zu den Schultern hochgezogen; Izzy …
    Hastig riss er sich aus seinen Gedanken. Clary hatte nichts derart Schlimmes getan, dass er sich überwinden musste, ihr zu verzeihen — was eigentlich für alle galt, deren Bilder er gerade vor sich gesehen hatte. Dann dachte er an Clary, wie sie ihrer Mutter vergeben hatte, dass diese ihr die Erinnerung genommen hatte. Er dachte an Jace und an das, was er auf dem Dach getan hatte, und daran, wie er anschließend ausgesehen hatte. Zwar hatte er diese Dinge nicht aus freien Stücken getan, doch Simon bezweifelte, dass Jace sich jemals würde verzeihen können. Und schließlich dachte er an Jordan — der sich das, was er Maia angetan hatte, nicht verzieh, sich aber trotzdem weiter vorankämpfte, den Praetor Lupus beigetreten war und versuchte, aus seinem Leben etwas zu machen, indem er anderen half.
    »Ich habe jemanden gebissen«, platzte Simon heraus und wünschte im selben Moment, er könnte seine Worte wieder zurücknehmen. Resigniert wappnete er sich für Lukes entsetzten Blick, doch der blieb aus.
    »Hat dieser jemand überlebt?«, fragte Luke lediglich. »Diese Person, die du gebissen hast. Lebt sie noch?«
    »Ich …« Wie sollte er Luke die Geschichte mit Maureen erklären? Lilith hatte sie fortgeschickt, doch Simon war sich sicher, dass er nicht zum letzten Mal von ihr gehört hatte. »Ich habe sie jedenfalls nicht getötet.«
    Luke nickte. »Du weißt doch, wie Werwölfe zum Anführer eines Rudels aufsteigen, oder nicht?«, fragte er. »Dazu müssen sie den alten Leitwolf töten. Ich habe das zwei Mal getan; meine Narben erinnern mich immer daran.« Er zog seinen Hemdkragen leicht zur Seite, sodass Simon den Rand einer weißen, wulstigen, zerklüfteten Narbe sehen konnte — als hätten ihm scharfe Krallen die Brust aufgerissen. »Beim zweiten Mal war es ein ganz bewusster Akt. Kaltblütiger Mord. Ich wollte Anführer des Rudels werden, also habe ich ihn getötet.« Luke zuckte die Achseln. »Du bist ein Vampir, Simon. Es liegt in deiner Natur, Blut zu trinken. Im Grunde hast du erstaunlich lange durchgehalten,
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