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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
Autoren: Anne Rice
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zartes Etwas ist geschlechtslos. Da ist nichts festgelegt. Was ist entzückender anzusehen als ein kleines Mädchen oder ein kleiner Junge … Mein Kopf ist übervoll von Überlegungen. Ich glaube fast, ich explodiere, wenn ich nicht etwas unternehme - und du sagst, ich soll ein Buch für dich machen. Du hältst es für möglich, du denkst …«
    »Was ich denke, ist Folgendes: Wenn du deine Geschichte in ein Buch fasst, dann erzählst du sie so, wie sie deiner Ansicht nach bekannt werden soll!«
    »Darin kann ich keine besondere Weisheit erkennen.«
    »Dann denk gefälligst nach! Meistens ist die Sprache nämlich nur ein Ausdruck unserer Gefühle, ein bloßer Ausbruch. Hör dich doch selbst, beachte die Art, wie du diese Ausbrüche inszenierst.«
    »Das will ich gar nicht.«
    »Aber du tust es trotzdem, doch nicht mit den Worten, die du gern schwarz auf weiß sehen möchtest. Wenn man schreibt, geschieht etwas anderes. Du verfasst eine Sage, gleichgültig, wie bruchstückhaft oder experimentell die Form ist oder wie sehr sie jede konventionelle, noch so hilfreiche Form ablehnt. Versuch es doch mir zuliebe! - Nein, nein, ich habe eine bessere Idee.«
    »Welche?«
    »Komm mit mir nach unten in meine Wohnung. Ich lebe im Moment hier, das sagte ich dir ja. Du kannst durch die Fenster die Bäume sehen. Ich lebe nicht wie unser Freund Louis, der von einer staubigen Ecke zur anderen zieht und erst zurück in sein Apartment in der Rue Royale geht, wenn er sich ein weiteres und damit tausendstes Mal davon überzeugt hat, dass niemand Lestat etwas anhaben kann. Bei mir ist es warm, und es brennen Kerzen, damit das Licht wie in früheren Zeiten ist. Komm mit mir nach unten und lass mich schreiben, deine Geschichte schreiben. Erzähl sie mir. Du kannst auf und ab laufen, und wenn du willst, auch wüten oder toben, ja, toben! Und mich lässt du schreiben, und selbst das, die bloße Tatsache, dass ich es aufschreibe, das an sich wird dich dazu bringen, dem Ganzen eine Form zu geben. Du wirst anfangen zu …«
    »Was?«
    »Mir zu sagen, was geschah. Wie du gestorben bist und wie du gelebt hast.«
    »Erwarte keine Wunder, du erstaunlicher Gelehrter. Ich bin an jenem Morgen in New York nicht gestorben. Ich bin beinahe gestorben.« Er hatte mich ein bisschen neugierig gemacht, aber ich konnte nie im Leben tun, was er verlangte. Trotzdem war er, soweit ich das beurteilen konnte, offen, erstaunlich offen, und daher aufrichtig. »Ach, aber ich habe das nicht wörtlich gemeint. Ich meinte, dass du mir erzählen sollst, wie es war, der Sonne so nahe zu kommen, so sehr zu leiden und, wie du gesagt hast, in diesem Schmerz all die Erinnerungen, all diese verbindenden Glieder zu finden. Erzähl es mir. Erzähl’s!«
    »Nicht, wenn du es logisch erklären willst«, sagte ich mürrisch. Ich taxierte ihn auf seine Reaktion hin. Aber er störte sich gar nicht an mir. Er wollte etwas hinzurügen. »Es logisch erklären? Armand, ich schreibe nur auf, was du sagst.« Er sagte das einfach, aber doch merkwürdig leidenschaftlich. »Versprochen?«
    Ich warf ihm einen koketten Blick zu. Ich und kokettieren! Er lächelte. Er faltete das Kleidchen zusammen und ließ es dann achtlos fallen, so dass es mitten auf dem Stapel alter Kleider landete. »Ich werde nicht eine Silbe ändern«, sagte er. »Komm, bleib bei mir, rede mit mir, und sei mein Schatz.« Wieder lächelte er. Unvermittelt kam er auf mich zu, in der gleichen aggressiven Haltung, die ich zuvor ihm gegenüber hatte einnehmen wollen. Er schob seine Hände unter mein Haar, betastete mein Gesicht, dann hob er die ganze lange Mähne an und schmiegte sein Gesicht in meine Locken. Er lachte, und dabei drückte er mir einen KUSS auf die Wange.
    »Dein Haar ist wie gesponnener Bernstein, so als habe man ihn geschmolzen und über Kerzenflammen zu hauchfeinen Fäden gezogen, die trocknen und zu all diesen glänzenden Strähnen werden. Du bist süß, jungenhaft und hübsch wie ein Mädchen. Ich wünschte, ich könnte nur einen einzigen Blick auf dich in deinem antiken Samt erhaschen, so, wie du für ihn, für Marius, warst. Ich wünschte, ich könnte nur einen Augenblick lang sehen, wie es war, als du Strumpfhosen trugst und ein gegürtetes, mit Rubinen besticktes Wams. Sieh dich an, du frostiges Kind! Meine Liebe kann dich nicht einmal rühren.« Das stimmte nicht.
    Seine Lippen waren heiß, und ich konnte die Fangzähne dahinter spüren und auch das plötzliche Drängen, mit dem seine Finger gegen
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