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Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)

Titel: Christiane F. – Mein zweites Leben (German Edition)
Autoren: Christiane V. Felscherinow , Sonja Vukovic
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stabil sind. Es gibt Fixer, die wir nicht als solche erkennen.
    Dank der Drogenhilfe und der Suchtmedizin ist es heute möglich, ein menschenwürdiges Leben trotz Opiatabhängigkeit zu leben. Und damit sogar alt zu werden. Oder wie Christiane sagt: „Kaum einer hätte gedacht, dass ich 51 werde!“
    Mit 51   Jahren veröffentlicht Christiane Felscherinow ihre Autobiografie. Sie ist eine Dokumentation von Abenteuern unter Rock-Idolen, Literatur-Stars und Drogenhändlern – und die schonungslose Schilderung des Kampfes, trotz aller Rauschgiftexzesse, eine gute Mutter zu sein. „Christiane F. – mein zweites Leben“ ist auch eine Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, die dem Rausch huldigt, den Süchtigen aber verachtet – und das Ergebnis einer drei Jahre währenden Begegnung, also nicht nur der vielen Gespräche, die wir in dieser Zeit führten, sondern auch der Prozesse, die wir miteinander durchmachten.
    „Suchtarbeit ist Beziehungsarbeit“ habe ich während meiner Recherchen gelernt. Und dachte: Genau das steckt auch hinter dieser Autobiografie. Christiane und ich, wir sind uns sehr nahegekommen – sodass ich nun auch schon anfange, von Hunden zu erzählen. Manchmal sind wir uns auch zu nahegetreten. Wir haben uns unterhalten und gestritten und oft aneinander aufgerieben.
    Wir haben uns wegen der unterschiedlichen Vorstellung davon, wie ein Tagesplan auszusehen habe, gegenseitig die Hörer hingeknallt und auch schon einmal lauthals auf dem Alexanderplatz angeschrien. Vor Publikum. Erst kamen mir die Tränen, dann ihr. Es folgte eine Entschuldigung: „Es tut mir leid, Sonja. Wenn ich mich in die Ecke gedrängt fühle, werde ich gemein und bissig. Viele Menschen gehen gemein und bissig mit mir um, ich bin es nicht anders gewohnt“, sagte sie. Es tat mir auch leid.
    Zum Schluss gab es eine Umarmung, und als einige Monate später die Szene mit Leon und dem Terrierwelpen vor dem Café in der Dieffenbachstraße geschah, musste ich auch ein wenig schmunzeln, weil ich dachte: An diesem Märchen, dass Herr und Hund sich nach einigen Jahren der Zweisamkeit ähnlich verhalten, ist womöglich doch etwas Wahres dran.
    Die gegenseitige Auseinandersetzung mit unserer Weltanschauung, unseren Werten und Gewohnheiten war der anstrengendste, aber auch bedeutendste Schritt, den es brauchte, um dieses Buch gemeinsam zu schreiben und zu veröffentlichen. Kompliziert wurde es aber nicht nur, wenn es um Nähe, Vertrauen und Verständnis ging, sondern auch ganz praktisch: Christianes Gesundheits- und ihre Lebensumstände, auf die in diesem Buch ausführlich eingegangen wird, lassen einen geregelten Alltag und regelmäßiges Arbeiten selten zu. Flexibles Reisen ist zum Beispiel nicht nur wegen Leon kaum möglich, sondern vor allem, weil Christiane sich in einer Substitutionstherapie befindet. Heroinersatzstoffe müssen täglich eingenommen werden und dürfen ausschließlich von einem Arzt an einen Patienten ausgehändigt werden.
    Wir hatten Glück, als ein ehemaliger Substitutionsarzt einmal bereit war, Christiane zwei Tagesdosen Methadon mitzugeben, damit ich mit ihr und Leon zu Zwecken intensiver Interviews drei Tage an die Havel fahren konnte.
    Ich hatte fest damit gerechnet, dass ich nie wieder etwas von ihr hören würde, als ich sie das erste Mal kontaktiert hatte. Kollegen, die sie aus vergangenen Zeiten kennen, hatten mir gesagt: „Sie merkt, wenn man ihr was vormacht, und zieht sich gleich zurück!“ Also war ich ehrlich: „Hallo, meine Name ist Sonja Vukovic. Ich arbeite als Redakteurin für Die Welt und möchte gerne eine Reportage darüber schreiben, wie es dir 30   Jahre nach Erscheinen des Films ‚Wir Kinder vom Bahnhof Zoo’ geht“, hatte ich gesagt, als Christiane Felscherinow mit einem zaghaften, leicht verschlafenen „Hallo?“ an der Gegensprechanlage auf mein Klingeln an ihrem Wohnhaus in Teltow reagiert hatte.
    Es war gegen Mittag, ein sehr kalter Tag Ende November 2010, und die einzige kleine Ungenauigkeit in meiner Vorstellung bestand darin, dass es noch einen Monat dauerte, ehe ich eine richtige Redakteurin sein würde.
    Noch war ich Volontärin im zweiten Ausbildungsjahr an der Axel Springer Akademie, meinen Vertrag mit der „Welt“ hatte ich aber schon in der Tasche – und ein Ticket nach New York, wo mein Akademie-Team und ich Anfang Dezember des Jahres unsere Zertifikate bekommen und zuvor noch zehn Tage lang an der Columbia University lernen sowie eine investigative Geschichte
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