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Chindi

Chindi

Titel: Chindi
Autoren: Jack McDevitt
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die Vormachtstellung wechselte wieder und wieder. Am Ende hatte die purpurne Armee – Assyrer? – das Feld eingenommen, doch das Töten war so umfassend gewesen, dass es schwer fiel, eine der Parteien zum Sieger zu erklären.
    Das Sterben war alles beherrschend. Männer gingen durch die Reihen der Gefallenen und Verwundeten und erstachen jeden, der noch lebte, als wären sie alle Feinde.
    Und dann war es plötzlich vorbei.
    Reglos saßen sie da. Das war nicht wie die VR-Epen, in denen Heldentaten zu symphonischen Klängen dargestellt wurden. So etwas hatte Hutch noch nie zuvor gesehen. Und sie fragte sich, wie ihre eigene Spezies nur so unerbittlich grausam sein konnte. Und so dumm.
    Tor saß neben ihr und fragte sie sanft, ob sie lieber gehen wollte.
    Das System lief wieder an, und sie waren in einer anderen Wüste zu einer anderen Zeit, wie sie vermutete. Rasend schnell zogen sie über die Dünen hinweg, denen Palmen und Sträucher folgten. In der Ferne schimmerte eine Küstenlinie. Sie passierten Pferdeherden und andere Tiere, die Hutch nicht einordnen konnte. Dromedare der einen oder anderen Art.
    Eine ummauerte Stadt kam in Sicht und breitete sich über die Ebene. Als sie nahe genug waren, Menschen und Packtiere zu erkennen, gelang es ihr, die Größe des Ortes einigermaßen einzuschätzen. Es schien eher eine Festung als eine Stadt zu sein, gesichert durch eine dreifache Mauer, in der sich in regelmäßigen Abständen Türme erhoben. Die Stadtmauer war ein abschreckendes Bauwerk, das sich vollständig um die Siedlung zog, abgesehen von den Stellen, an denen ein Fluss die Stadt diagonal passierte.
    »Der Euphrat«, sagte Jennifer.
    Sollte sich die Stadt auf der anderen Seite, die sie nicht ausmachen konnte, ebenso ausdehnen, so musste die Mauer zwischen 18 und 20 Kilometer lang sein. Auf der innersten Mauer befand sich ein Fahrdamm, und während sie zusah, glitten zwei zweirädrige Kutschen, jede von Pferden gezogen, mühelos aneinander vorbei.
    Sie überquerten die Schutzwälle und blickten auf das bemerkenswerte Steinbildnis eines Löwen hinab. Er stand breitbeinig über einem Mann, dessen rechte Hand auf der Flanke des Tieres lag, während die Linke in seinen Rachen griff.
    Auf den Hauptstraßen herrschte reges Treiben, und die Geschäfte waren gut besucht. Hutch fragte sich, welche Geräusche diese Stadt dominiert haben mochten, ob es auf dem Markt Hörner und Flöten gab, ob Gezänk unter dem Volk oder das Geschrei der Markthändler zu hören war. Sie wünschte, es wäre möglich, hinabzugleiten und eine Weile durch jene Straßen zu schlendern.
    Sie verließen das Handelsviertel und passierten eine Reihe öffentlicher Gebäude, einen Palast oder zwei und einen Tempel. Aus plätschernden Springbrunnen spritzte Wasser auf lachende Kinder, und Fahnen flatterten im Wind. Überall wuchsen blühende Pflanzen, und die Gärten und Wege waren voller Menschen.
    Zu ihrer Linken erhob sich ein Turm mit etwa einem Dutzend Stockwerken, auf der Außenseite umgeben von einer Rampe.
    »Wo sind wir?«, flüsterte jemand.
    Als niemand antwortete, erbarmte sich Hutch. »Babylon.«
    Rechts von ihr beugte sich Tor zu Claymoor hinüber. »Live vom Turm«, sagte er. »Aber um den Himmel zu erreichen, ist er ein bisschen zu klein.«
    Es scheint, sinnierte Hutch, als würde nichts je wirklich verloren gehen.

 
Epilog
April 2228
     
     
    Bis heute, drei Jahre nach dem Ereignis, sind die Forscher nicht zu dem Chindi zurückgekehrt. Die Aufzeichnungen der Mogambo-Mission enthielten so viele Daten, dass die Analysten mit ihrer Verarbeitung gerade erst begonnen haben. Inzwischen wurden die ersten Pläne für ein Raumfahrzeug entwickelt, das eine dem Artefakt vergleichbare Geschwindigkeit erreichen soll, aber die Entwicklungsarbeit krankt an Finanzierungsproblemen.
    Zu Beginn stellte sich die Frage, warum Satelliten im Orbit von VV651107 – dem Neutronenstern, bei dem man erstmals auf die Transmissionen gestoßen war – ausgesetzt worden waren. Dies ist zweifellos eine Stätte, an der es nichts geben sollte, was für irgendjemanden von Interesse sein könnte. Doch das extrem hohe Alter des Chindi führt zu einer neuen Betrachtungsweise. Die vorherrschende Theorie besagt, dass die Außerirdischen die Auswirkungen einer Kollision des toten Sterns mit KM447139 zu Beginn des 20. Jahrtausends beobachten wollen, die das ganze System zerstören wird.
    Den Beweis liefert Safe Harbor, dessen Zivilisation durch einen Atomkrieg vernichtet
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