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Chimären

Chimären

Titel: Chimären
Autoren: Alexander Kröger
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möglicherweise – auch Profisportler wäre denkbar. Entwickelte man ihnen Hilfsmittel, Apparate, die ihren Körpern angepasst sind, die ihnen zum Beispiel ermöglichen würden, Computer zu bedienen oder gar Fahrzeuge zu führen…
      Sicher ließe sich in Zukunft ihr Intelligenzpotenzial steigern. Sie könnten dann wohl Partner des Menschen sein – wenn diese die dazu notwendige Toleranz aufbrächten. Aber wozu das alles? Nur um den Nachweis zu führen, dass man solche Wesen erzeugen kann? Gibt es auf der Erde nicht Menschen genug, die sich zu Partnern finden können? Nun, die anderen sind – billiger… Aber wäre es dennoch nicht viel vernünftiger, Wege zu suchen, um dem Homo sapiens die Sinne, zum Beispiel den Geruchssinn, zu verfeinern. Und da war doch noch etwas, was Lehmann andeutete: Das schnellere Wachstum der Organe im Wirt könne man nutzen. Heißen würde das: Lebendige Inkubatoren, die man zu gegebener Zeit ausschlachtet, danach vielleicht sogar wiederverwenden könnte, ein-, zwei Mal…

    Master Shirley Lindsey geriet immer tiefer in eine Gefühlswirrnis. Erst diese nicht für möglich gehaltene plötzliche und bislang glückliche Liaison mit Manuel und nun gar Zweifel am Ergebnis und Ziel der eigenen zukunftsträchtigen, erfolgreichen und anfangs so froh machenden Arbeit. Wenn ihr das jemand noch vor einem Jahr prophezeit hätte, es wäre in ihren Augen ein Verrückter gewesen.
    S chäffi kränkelte.
      Nicht plötzlich, sondern schleichend, hatten sich bei ihr Symptome einer Art Depression eingestellt. Sie wurde zunächst missmutig, verweigerte Nahrung und beteiligte sich kaum mehr am Spiel der Artgenossen. Dann machte ihr die Lehr- und Lernarbeit mit den Neulingen keinen Spaß mehr. Sie zog sich vom Tagesgeschehen zurück, lag apathisch in ihrem Korb und reagierte immer weniger auf Zuspruch. Von Boris Remikow eingeleitete Untersuchungen ergaben kein Ergebnis; organisch war Schäffi gesund, und Yvonne Magik, die Ärztin, am Ende ihres Lateins.
      Boris, Schäffis Betreuer vom Anfang an, gestand Shirley ein, dass er nicht mehr weiter wüsste, und bat um Hilfe – zumal, falls der Zustand der Hündin eine Spätfolge des Eingriffs wäre, der Erfolg des gesamten Tests in Frage stand.
      Schäffis Verfassung blieb nicht ohne Folgen für Lux, den Bruder und Versuchspendant. Er hielt sich öfter bei ihr auf, kuschelte, leckte zu Shirleys Missfallen liebkosend ihre Schnauze und verlor zunehmend von seiner Frohnatur.
      Doch einige Male beobachtete Shirley, dass die beiden miteinander lebhafte Gespräche führten, was ihr sehr zu denken gab.
      Schäffis Zustand änderte sich nicht.

    Eines Abends, nach einem dieser Dialoge der beiden, rief Shirley Lux. „Hallo, mein Lieber, gehen wir ein wenig spazieren?“
      Lux blickte zunächst erstaunt, denn in der letzten Zeit war Derartiges selten vorgekommen. „Gern“, antwortete er.
      Sie schlenderten durch eine stille Straße an gepflegten Vorgärten entlang. Selten kam ein Auto. Aus einigen Fenstern der von Grün gesäumten Villen schimmerte Licht. Nur vereinzelt gingen Passanten ihrer Wege.
      Da fragte Shirley: „Was ist eigentlich mit Schäffi, Lux? Sie wirkt so niedergeschlagen in der letzten Zeit.“
      Lux antwortete zunächst nicht. Er sprang auf eine niedrige breite Einfassungsmauer und lief auf dieser entlang neben Shirley her. „Die wird schon wieder werden“, antwortete er dann mit rauer Stimme.
      „Aber was hat sie?“, beharrte Shirley.
      „Sie ist halt ein wenig unglücklich, kann man ja auch verstehen“, entgegnete Lux, und es klang, als sei ihm die Fragerei lästig.
      „Wieso unglücklich?“
      „Na ja – man ist halt kein Mensch, aber auch kein richtiger Hund mehr. Weißt nicht, wohin du gehörst.“ Das Mäuerchen endete, er sprang herab und setzte an die Ecke eine Marke, was Shirley geflissentlich übersah.
      Die Frau ging schweigsam. Ähnliches hatte sie befürchtet, aber gehofft, die kindlichen Gemüter würden in eine solche Verfassung nicht geraten oder sich wenigstens schnell darüber hinwegsetzen. „Und was, glaubst du, können wir für sie tun?“
      „Einen Platz ihr, uns geben.“
      „Einen Platz… Pass auf, sag’ ihr das:“ Shirley zögerte, sprach dann eilfertig. „Wenn ihr erst mehr seid, die sich verstehen… Du siehst ja, fast täglich kommt einer hinzu, dann wird es lebhafter, und ich weiß, Direktor Lehmann schafft euch eine Umgebung und Aufgaben zum Wohlfühlen. Auch
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