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Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Titel: Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
Autoren: Nele Neuhaus
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misstrauisch. Sie stand in der Küche und machte Mittagessen. Ich überhörte ihre Frage.
    »Hat er schon angerufen?«, rief ich aufgeregt.
    »Bis jetzt noch nicht.« Mama warf einen Blick auf die Küchenuhr. »Wie kommt es, dass du jetzt schon hier bist?«
    »Ich hab mich beeilt.«
    »So, so.« Sie musterte mich scharf. »Manchmal kommst du nach der sechsten Stunde erst um Viertel vor zwei nach Hause.«
    »Wenn die Busse voll sind oder ich noch zufällig am Reitstall vorbeigehe, dann kann es schon mal vorkommen.« Ich grinste. In dem Moment klingelte das Festnetztelefon. Wie elektrisiert zuckte ich in den Flur und ging dran. Aber es war nicht der Fahrer der Pferdespedition, sondern nur Papas Assistentin, die mitteilte, dass er heute nicht zum Mittagessen kommen würde. Als meine Geschwister endlich eingetrudelt waren, gab es Essen. Natürlich konnten sie es nicht lassen, mich zu ärgern.
    »Die Lisa hat heute erzählt, sie hätte einen Film gesehen, in dem sie ein Pferd erschießen mussten, weil es so herumgetobt hat«, sagte Cathrin. »Stell dir mal vor, wenn sie Won Da Pie erschießen müssten …«
    »Ich hab den Film auch gesehen«, unterbrach ich meineSchwester. »Der hat in einem Flugzeug gespielt. Ist was total anderes.«
    »Aber wenn sie ihn doch erschießen müssten«, beharrte Cathrin. »Dann wäre das ganze schöne Geld futsch!«
    »Er wird nicht erschossen!«, betonte ich nachdrücklich.
    »Ich glaube, da fährt gerade ein Pferdetransporter die Kronberger Straße hoch«, sagte Phil und blickte an mir vorbei aus dem Fenster. Wie von der Tarantel gestochen sprang ich auf und starrte hinaus.
    »War wohl doch nur ein Möbelwagen.« Mein großer Bruder grinste breit.
    »Du blöder Idiot!«, fuhr ich ihn an. Meine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Nach meinen Berechnungen hätte Won Da Pie längst hier sein müssen.
    Florian und Cathrin diskutierten eifrig sämtliche Möglichkeiten von Verletzungen, die ein Pferd sich auf einem so langen Transport zuziehen konnte, als das Telefon erneut klingelte. Ich sprang so hastig auf, dass der Stuhl krachend zu Boden fiel und unsere schwarze Mischlingshündin Alissa fluchtartig ihren Platz unter der Gardine verließ. Mama hatte schon das Telefon abgenommen, ich hörte sie französisch sprechen. In Windeseile schlüpfte ich in meine Turnschuhe.
    »Er ist erst an einem Rastplatz vor dem Frankfurter Kreuz«, beruhigte Mama mich. »Zwanzig Minuten hast du noch Zeit.«
    »Ich krieg jetzt sowieso keinen Bissen mehr runter«, begehrte ich auf. »Ich muss in den Reitstall, sonst drehe ich durch!«
    »Oh«, erkundigte sich Phil mit einem Anflug von Spott in der Stimme, »und wie äußert sich das im Vergleich zu deinem sonstigen hysterischen Verhalten?«
    Ich warf meinem Bruder einen vernichtenden Blick zu, klaubte alle Äpfel aus dem Obstkorb, der auf der Anrichte stand, und rannte unsere Einfahrt im gestreckten Galopp hinunter.
    Bei Frieses machte ich kurz halt und klopfte ans Küchenfenster.
    »Er kommt!«, schrie ich, und Doro sprang blitzschnell vom Mittagstisch auf. Messer und Gabel klirrten auf ihren Teller. Ihre Mutter und ihre Geschwister tauschten ein nachsichtiges Lächeln aus, etwa so, wie ein Irrenarzt einen geisteskranken Patienten mustert. Fünfzig Sekunden später waren wir im Reitstall. Wir liefen um das Gebäude herum und klingelten bei Herrn Kessler an der Wohnungstür Sturm.
    »Mein Pferd kommt!«, rief ich aufgeregt, als seine Frau die Tür öffnete.
    »Guten Tag erst mal«, sagte sie belustigt. »Ich gebe meinem Mann Bescheid. Es ist sowieso bald Zeit, den Stall aufzuschließen.«
    »Danke!«, erwiderte ich und rannte zurück auf die Straße.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis endlich der Lkw mit französischem Kennzeichen im Schneckentempo die Kronberger Straße hochgekrochen kam. Das Auto war größer, als ich es mir vorgestellt hatte, und die Auffahrt zum Stall viel zu schmal! Was nun?
    Doro und ich wiesen dem Fahrer wild winkend und gestikulierend den Weg. Er bog in die Straße am Reitplatz ein. Mit einem Zischen entwich die Luft aus den Druckluftbremsen, als das silberne Ungetüm stoppte. Da drin war er, mein Won Da Pie! Ob er mich wiedererkennen würde? Vielleicht war er nach der langen Fahrt völlig verstört. Zumindest schien man ihn nicht erschossen zu haben, denn sonst würde der Fahrer, ein junger Mann mit schwarzen Locken, Spiegelsonnenbrille und Cowboystiefeln, wohl kaum so lässig Kaugummi kauen.
    »Bin isch ’ier rischtisch?«, fragte er auf
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