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Charlie Chan macht weiter

Charlie Chan macht weiter

Titel: Charlie Chan macht weiter
Autoren: Earl Derr Biggers
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nur noch sechzehn.«
    Duff war enttäuscht.
    »Ein ziemlicher Haufen«, kommentierte er. »Nun, Dr. Lofton – haben Sie einen medizinischen Doktor?«
    »Nein. Ich bin Doktor der Philosophie. Und ich habe eine große Anzahl akademischer Titel…«
    »Tatsächlich? Hat es auf dieser Tour vor gestern nacht irgendwelche Schwierigkeiten gegeben? Irgendeinen Zwischenfall, der Sie an eine Feindschaft, eine Fehde denken läßt und…«
    »Absurd!« fiel Lofton ihm ins Wort. Er stand auf und begann, auf und ab zu gehen. »Es hat nichts gegeben, absolut nichts. Die Überfahrt von New York war sehr stürmisch, und die einzelnen Teilnehmer der Rundreise haben kaum etwas voneinander gesehen. Als sie letzten Montag in dieses Hotel kamen, waren sie sich alle praktisch fremd. Seitdem haben wir gemeinsam ein paar Ausflüge gemacht, aber sie sind sich noch immer… Hören Sie, Inspector!« Seine Ruhe hatte ihn verlassen. Sein Gesicht war rot angelaufen. »Ich befinde mich in einer schrecklichen Lage. Mein Lebenswerk, in das ich fünfzehn Jahre meiner Kraft investiert habe – mein Ruf, mein Ansehen –, alles kann durch diese Geschichte ruiniert sein. Um Gottes willen, verrennen Sie sich nicht in die Idee, daß irgendeiner aus der Gruppe Hugh Drake getötet hat! Natürlich ist es möglich. Aber irgendein hinterlistiger Dieb – oder irgendein Hotelangestellter…«
    »Ich muß Sie doch sehr bitten!« schrie der Direktor erhitzt. »Sehen Sie sich meine Angestellten an! Sie sind seit Jahrzehnten bei uns. Ich bürge mit meinem Leben, daß keiner der Angestellten dieses Hotels in irgendeiner Form in die Sache verwickelt ist.«
    »Dann eben jemand Fremder.« Er hatte jetzt einen flehenden Ton. »Ich sage Ihnen, daß es keiner aus meiner Gruppe gewesen sein kann. Meine Anforderungen sind hoch. Immer nur die besten Leute.« Er legte eine Hand auf Duffs einen Arm. »Entschuldigen Sie meine Erregung, Inspector! Ich weiß, Sie werden fair vorgehen, doch meine Situation ist wirklich ernst.«
    Duff nickte. »Ich werde alles für Sie tun, was ich kann. Aber ich muß sobald wie möglich die Teilnehmer Ihrer Reisegruppe verhören. Glauben Sie, Sie können sie in einem der Salons des Hotels für mich zusammentrommeln?«
    »Ich werde es versuchen«, erwiderte Lofton. »Einige sind im Moment vielleicht außer Haus, aber ich bin sicher, sie werden alle bis zehn Uhr zurück sein. Wir nehmen nämlich den Zehn-Uhr-fünfundvierziger vom Victoria ab, um pünktlich zum Dover-Calais-Boot zu kommen.«
    »Sie wollten den Zehn-Uhr-fünfundvierziger nehmen«, korrigierte Duff ihn.
    »Ah – ja, natürlich. Wir wären zu diesem Zeitpunkt abgereist, hätte ich sagen sollen. Und jetzt – was passiert nun, Inspector?«
    »Das ist ziemlich schwer zu sagen«, antwortete Duff.
    »Wir werden sehen. Ich gehe jetzt nach oben, Mr. Kent.«
    Er wartete die Antwort nicht ab und war rasch draußen. Ein Liftführer, der stolz auf seine Ur-Enkel war, brachte ihn in den dritten Stock hinauf. In der Tür zum Zimmer 28 begegnete er Hayley.
    »Oh – hallo, Duff! Kommen Sie herein!«
    Duff betrat ein großes Schlafzimmer, in dem es sehr stark nach verbranntem Blitzlichtpulver roch. Hätte Queen Victoria mit ihm das Zimmer betreten, hätte sie ihren Hut abgenommen, sich in einen der Schaukelstühle gesetzt und bestimmt zu Hause gefühlt.
    Das Bett stand in einem Alkoven, weit von den Fenstern entfernt. Darauf lag die bewegungslose Gestalt eines Mannes, der bereits einige Jahre auf dem Buckel gehabt hatte. Duff schätzte ihn auf Ende der Sechzig. Auch ohne den Gepäckriemen, der immer noch den dünnen Hals zusammenschnürte, hätten die wachsamen Augen des Kriminalinspectors bemerkt, daß er erdrosselt worden war, und der Leichnam trug auch alle Anzeichen eines wilden, furchtlosen Kampfes.
    Einen Augenblick starrte er stumm auf das neue Puzzle herab. Draußen lichtete sich langsam der Nebel, und von der Straße klang eine Melodie herauf, gespielt von einem der zahlreichen Straßenorchester, die diesen Teil Londons heimsuchten.
    »Ist der Polizeiarzt schon hier gewesen?« fragte Duff schließlich.
    »Ja. Er hat seinen Bericht gemacht und ist wieder verschwunden«, erwiderte Hayley. »Der Knabe hier sei etwa vier Stunden tot, hat er mir gesagt.«
    Duff entfernte mit seinem Taschentuch den Gepäckriemen und überreichte ihn dem Fingerabdruck-Spezialisten. Dann begann er sorgfältig die sterblichen Überreste von Mr. Hugh Morris Drake aus Detroit zu untersuchen. Er hob seinen linken Arm
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