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Charles

Charles

Titel: Charles
Autoren: Debbie Macomber
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besten suchte er das Weite, bevor er sich vollends zum Narren machte – wegen einer wildfremden Frau, die obendrein viel zu jung für ihn war.
    „Wir reden morgen weiter“, erklärte er unvermittelt und verließ die Veranda.
    Als er die Pforte erreichte, rief Sawyer ihm nach: „Lanni Caldwell ist wesentlich interessanter, als man auf den ersten Blick meint.“
    Charles zog es vor, darauf nichts zu erwidern, zumal er derselben Meinung war.
    „Sie ist intelligent und witzig und hat ein gutes Herz.“
    „Ein gutes Herz“ – mit diesem Ausdruck hatte ihre Großmutter die Mitmenschen bezeichnet, die ein warmherziges und großmütiges Naturell hatten. Charles hatte es beinah vergessen. Anna O’Halloran hatte eine Begabung dafür gehabt, in ihren Mitmenschen das Gute zu sehen. Vielleicht hatte er, als er Lanni zum ersten Mal begegnet war, instinktiv gespürt, dass sie „ein gutes Herz“ hatte.
    „Schade, dass du nicht mit uns zu Abend gegessen hast“, fügte Sawyer hinzu.
    Er war nicht der Einzige, der das bedauerte. Charles nickte kurz, bevor er weiterging.
    „Charles?“
    Seufzend drehte Charles sich noch einmal um.
    Sawyer grinste vielsagend. „Willst du Lanni auch anbieten, ihr den Rückflug zu bezahlen?“
    Abbey Sutherland gesellte sich zu ihrem zukünftigen Ehemann auf die Veranda. Er legte ihr den Arm um die Taille und neigte den Kopf, um sie zu küssen. Noch immer konnte sie kaum glauben, dass Sawyer und sie zusammen waren, denn sie hätten sich beinah verloren.
    „War das Charles, mit dem du gerade geredet hast?“ fragte sie.
    Sawyer runzelte die Stirn und nickte geistesabwesend. „Er hat Lanni kennen gelernt. Er weiß nicht, dass sie mit Catherine verwandt ist. Vielleicht hätte ich es ihm sagen sollen, aber ich möchte, dass er sich unabhängig davon ein Urteil über sie bildet und sie nicht als Mitglied der Familie betrachtet, die unserer so viel Leid zugefügt hat.“
    Abbey barg die Wange an seiner Brust. „Aber das ist nicht der einzige Grund, oder?“
    Er strich ihr über den Arm. „Ich mag Lanni.“
    „Überrascht dich das?“
    „In gewisser Weise schon“, gestand er.
    „Sie ist schließlich kein Ungeheuer.“
    „Ich weiß. Es fällt mir nur schwer zu glauben, dass ein so netter Mensch wie Lanni Caldwell mit Catherine Fletcher verwandt ist.“ Dann fügte er hinzu: „Mein Bruder, der eingefleischte Junggeselle, fühlt sich zu ihr hingezogen. Es bereitet ihm schon genug Probleme, es zuzugeben. Wenn er von Lannis verwandtschaftlicher Beziehung zu Catherine erfahren würde, würde sein Interesse sofort nachlassen, und das will ich nicht. Ich habe das Gefühl, dass Lanni genau die Richtige ist, die meinem arroganten Bruder eine Lektion erteilen kann.“
    Abbey lächelte und schaute ihm in die blaugrauen Augen. „Kaum zu glauben, dass Charles sich zu einer Frau hingezogen fühlt“, meinte sie neckend.
    „Meiner Meinung nach würde es ihm gut tun, sich zu verlieben. Ich wünschte nur …“
    „Du wünschtest, diese Frau wäre nicht mit Catherine Fletcher verwandt.“
    „Genau“, sagte Sawyer leise.
    Obwohl es bereits nach Mitternacht war, konnte Lanni nicht einschlafen. Daran, dass die Sonne noch schien, konnte es jedenfalls nicht liegen, denn das war nichts Neues für sie.
    Da Lanni richtig aufgekratzt war, machte sie sich eine Kanne Tee, nachdem sie geduscht und ihren Lieblingspyjama angezogen hatte. Dann ging sie in das Wohnzimmer ihrer Großmutter, wo sie sich mit gekreuzten Beinen aufs Sofa setzte und einen Schluck Tee trank. Auf dem alten Fernseher ihr gegenüber standen zwei gerahmte Fotos, die bei der Abschlussfeier auf der High School gemacht worden waren. Das eine zeigte ihren Bruder Matt, das andere sie selbst.
    Der Anblick der Fotos tröstete Lanni, denn er nahm ihr das Gefühl, die Privatsphäre ihrer Großmutter zu verletzen. Catherine hatte einige Monate zuvor einen leichten Schlaganfall erlitten. Sie hatte nicht in das Pflegeheim in Anchorage ziehen wollen und vorgehabt, wieder nach Hard Luck zurückzukehren. Sogar jetzt glaubte sie, ihr Aufenthalt in dem Heim wäre nur vorübergehend, denn ihr schien nicht klar zu sein, dass ihr Gesundheitszustand sich zunehmend verschlechterte. Vielleicht war das auch gut so.
    Wieder betrachtete Lanni die Fotos. Ihre Großmutter hatte Matt und sie offenbar so geliebt, dass sie die Fotos ihrer Enkel all ihren Gästen gezeigt hatte. Doch diese Tatsache warf viele andere Fragen auf. Warum hatte ihre Großmutter sich nie für sie
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