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Chaosprinz Band 1

Chaosprinz Band 1

Titel: Chaosprinz Band 1
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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und fröhlich. Ich habe keine Zeit, um meinen Vater zu vermissen. Er fehlt mir nicht… überhaupt nicht…
    Doch die diesjährige Geburtstagskarte schockt mich dann doch etwas. Sie ist an Meinen Sohn Torsten adressiert…
    ***
    Wir sitzen in unserer Küche. Ma hat eine Fete geschmissen. Nix Weltbewegendes, nur wir. Unsere kleine, ein bisschen verdrehte Familie. Mit Verwandtschaft hat eine Familie in meinen Augen nicht unbedingt etwas zu tun. Bei uns geht es vielmehr um das Gefühl von Liebe und Zusammengehörigkeit. Wir sind ein bunt zusammengewürfelter Haufen von ziemlich schrägen Vögeln.
    Da gibt es Kalle, einen 52 Jahre alten Hippie, der seinen Freiheitsdrang auslebt, indem er nie zwei zusammengehörige Socken trägt, und Inge, die beste Freundin meiner Mutter, die jeden Tag meint, auf den Hamburger Straßen einem Promi über den Weg zu laufen.
    Meine Oma Ulla ist viermal verheiratet gewesen und hält die Ehe für eine politische Institution, mit deren Hilfe die Regierung die weibliche Bevölkerung kontrollieren will. Armin ist ein 35-jähriger Informatiker und absoluter Star Wars -Fan.
    Die extravagante Modedesignerin Vivienne feiert seit gut sieben Jahren ihren fünfunddreißigsten Geburtstag und schmückt sich gerne mit zwanzigjährigen Liebhabern. Und dann gibt es da noch Gordon. Er ist noch nicht lange ein Mitglied unserer Familie. Er ist der Eine, der Wahre, der Richtige – davon ist zumindest Ma felsenfest überzeugt.
    Sie liebt ihn und ist glücklich. So glücklich, dass sie jetzt mit ihm nach Äthiopien gehen will, wo er die Entwicklung und das Leben irgendeiner seltenen Fliege oder Elefantenkuh – oder was weiß ich – beobachten will. Und Ma rettet nebenbei die halbe afrikanische Bevölkerung.
    Ich bin kein Pessimist und auch kein Spielverderber, aber ich kenne meine Mutter und ich weiß, wie schnell sie von etwas begeistert ist und wie schief das alles dann laufen kann…
    Als ich acht Jahre alt war, wollte sie unbedingt Tierdompteuse werden. Also zogen wir drei Monate lang mit einem Zirkus durch die Lande. In dieser Zeit versuchte Ma, einem kleinen Hund die allereinfachsten Tricks beizubringen. Die ganze Katastrophe endete in der Manege während einer Vorstellung. Der Hund klaute meiner Mutter ihren Dompteurstab und rannte damit in der Arena herum, Ma immer hinter ihm her.
    Die Leute waren begeistert und dachten wohl, das wäre ein einstudierter Gag gewesen, doch Mas Enttäuschung war riesig und sie wollte den Zirkus sofort verlassen. Noch heute ist sie davon überzeugt, dass der Hund sie und ihr Talent aus reiner Bosheit sabotiert hätte.
    Die kurze und ebenso erfolglose Karriere als Modedesignerin ist ein weiteres Beispiel. Aus ihrem wilden Kreativitätsschub entstanden vier hässliche, selbstgefilzte Jacken. Im darauffolgenden Winter ging ich also mit einem knallroten Poncho und der aufgestickten Botschaft Nieder mit dem Klimawandel! zur Schule.
    Und jetzt heißt ihr neuester Plan Rettet Afrika! . Doch dieses Mal beinhalten ihre Träumereien etwas mehr als nur kilometerlange Stoffbahnen im Wohnzimmer oder Marihuana-Stauden im Blumenbeet. Wenn Ma mit Gordon nach Afrika auswandert, was soll dann aus mir werden?
    »Du kommst natürlich mit.« Ma nimmt mir die Geburtstagskarte meines Vaters, die ich bis eben noch völlig verwirrt angestarrt habe, aus der Hand und reicht mir einen Teller und ein großes, klebriges Stück Kuchen.
    »Wie stellst du dir das denn vor, Anna? Soll der Junge sein Abitur sausen lassen, nur wegen einer deiner Launen?« Oma sieht Ma herausfordernd an.
    »Launen? Mutti, das ist keine Laune von mir! Als ich mir vor fünf Jahren die Haare rot gefärbt habe, das war eine Laune. Aber nach Afrika zu gehen… das ist… eine Berufung!« Sie hat sich in Rage geredet und fuchtelt wild mit den Armen, um ihren Worten mehr Nachdruck zu verleihen. Und es wirkt. Alle sehen sie stumm an.
    »Na schön«, meint Oma langsam. »Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es ja wirklich deine Berufung, in irgendeiner Wüste an Malaria zu sterben.« Ma zieht missbilligend eine Augenbraue nach oben und verschränkt die Arme vor der Brust. »Aber ist es auch die Berufung deines Sohnes?«
    Ich spüre die Blicke, die sich langsam auf mich richten. Ist es meine Berufung, die Schule hinzuschmeißen und irgendwo in einem fremden Land ein völlig anderes Leben zu führen? Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Aber was hat das Schicksal dann mit mir vor?
    Mann, ich feiere gerade, mehr oder weniger
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