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Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron
Autoren: Norman Spinrad
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deren Verlauf er Probleme der Öffentlichkeit mit führenden Politikern etc. via Fernsehschirm diskutiert, wobei er sich im Laufe der Jahre zu einer Art Volksheld hochstilisierte; allerdings ist er immer darauf bedacht, es sich mit keinem zu verderben – besonders nicht mit den Mächtigen der USA.
    Auf der anderen Seite steht Benedict Howards, ein Mann von geradezu unglaublicher finanzieller Macht und von gewaltigem politischem Einfluß. Er ist der Boß der ‚Stiftung für Menschliche Unsterblichkeit’, für die er sich durch Gesetzesentwurf eine Monopolstellung sichern möchte. Dabei ist ihm jedes Mittel recht, und er schreckt auch vor Bestechung und Mord nicht zurück. Sein einziges Hindernis im Wege ist Jack Barron, den er ebenfalls zu kaufen versucht – und Barron ist durchaus wieder bereit, seine ohnehin kaum mehr vorhandenen Ideale zu verkaufen, um in den Besitz der Unsterblichkeit zu gelangen.
    Das ist bereits der erste „kalte Guß“ für den Leser, denn ganz anders als bei der sonstigen SF gibt es in diesem Roman keine positive Identifikationsfigur, auf deren Seite sich der Leser stellen könnte. Howards ist negativ in seinem Machtstreben, sein Widerpart Barron ist es in seiner Gier nach persönlichem Reichtum und dem dauernden Ausverkauf seiner einstigen Ideale.
    Beide Männer werden von den Schatten ihrer Vergangenheit verfolgt, Barron von der unstillbaren Sehnsucht nach seiner Frau und von ständigen Erinnerungen an seine Zeit als „Revoluzzer“, während bei Howards die psychologischen Gründe noch tiefer liegen. Wie man der Handlung entnehmen kann, hat er früher einmal einen Unfall gehabt, bei dem er um ein Haar ums Leben gekommen wäre. Die Erinnerung daran ist noch wach, und sie ist verantwortlich für Howards Gier nach der Unsterblichkeit und sein manisches, irrsinniges Machtstreben.
    Nun wendet Norman Spinrad einen erzählerischen Kniff an, um uns die handelnden Charaktere näherzubringen: Er konfrontiert uns dauernd mit deren Gedanken, wodurch bei jeder Situation ein externer Handlungsstrang abläuft – die tatsächlich geschehenden Ereignisse – und dazu ein interner, der schlaglichtartig immer das beleuchtet, was die Betreffenden zu dieser Situation denken. So erinnert sich Barron, vor allem beim Sex mit irgendwelchen Frauen, dauernd an seine Sara, bei politischen Gesprächen an seine besagte Vergangenheit, während Howards beim Thema Macht und Tod sofort geistig ausklinkt und traumatisch den Klinikaufenthalt nach seinem Unfall vor Augen hat.
    Die Technik, Denken und Handeln der Protagonisten eines Romans in zwei parallelen Erzählsträngen zu enthüllen, ist nicht neu. Sie geht zurück auf James Joyce, der bereits in seinem Ulysses ähnliche stilistische Experimente wagte. Und wenn Sie, lieber Leser, sich einmal bewußt machen, wie der Denkprozeß im menschlichen Gehirn abläuft, dann werden Sie sehr bald merken, daß er nicht immer so kontinuierlich verläuft, wie viele Autoren uns dies weismachen wollen. Im Gegenteil, die Gedanken schweifen ab, springen mal hierhin, mal dahin. Norman Spinrad setzt sich bei deren Schilderung dauernd über alle überkommenen sprachlichen Gesetzmäßigkeiten hinweg, jongliert mit der Grundsubstanz jeder Kommunikation überhaupt, dem Wort, ohne sich um grammatikalische oder semantische Gesetzmäßigkeiten zu kümmern. Das ist eine der Hauptschwierigkeiten des Romans, besonders für den Übersetzer, der sich mit einem Mal mit der Notwendigkeit konfrontiert sieht, abschnittelange Assoziationsketten so einzudeutschen, daß sie auch im Deutschen sinnvoll bleiben und dasselbe erreichen, was Spinrad im Original erreichen wollte: gedankliche Vorgänge wirklichkeitsnah darzustellen. Daß dies mitunter in recht verwirrenden Satzmonstern von bis zu einer halben Seite Länge gipfelt, liegt in der Absicht des Autors. Bug Jack Barron ist kein Buch, das man wie viele andere SF-Romane als leichte Unterhaltungsliteratur so nebenher verschlingen kann, sondern erfordert vom Leser ein hohes Maß an Disziplin und ein Hineinversetzen ins Herz der Sprache selbst, wo keine grammatikalischen Regeln mehr Gültigkeit haben. Es erfordert ein konzentriertes Mitverfolgen der Handlung und ein dauerndes aktives Hineinversetzen in die geschilderten Personen, was um so bitterer ist, als es, siehe oben, keine rundweg positive Figur gibt.
    Demzufolge kann sich eine Übersetzung in diesem Fall nicht auf eine wortwörtliche Übertragung beschränken – das darf sie gar nicht, um nicht
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