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Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber
Autoren: Piers Anthony
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ausgelacht. Sie neigten nun vielmehr dazu, ihm aus dem Weg zu gehen – weshalb sie auch gerade davongelaufen waren. Zusammen hätten sie ihm vielleicht etwas anhaben können, aber diese Einzelbegegnungen hatten sie doch sehr beeindruckt.
    Bink lächelte, und seine Scham wich einer grimmigen Freude. Vielleicht hatte er auf unreife Weise auf die Situation reagiert, aber es hatte ihn zutiefst befriedigt. Tief in seinem Inneren wußte er, daß es seine Wut auf seine Mutter gewesen war, die ihn dazu angetrieben hatte, aber er bedauerte es nicht. Schließlich liebte er seine Mutter ja doch.
    Doch schließlich bestand seine einzige Möglichkeit, dieses Problem zu lösen, darin, sein eigenes Talent zu entdecken, ein gutes, starkes Talent wie das von Roland, seinem Vater. So daß ihn niemand mehr zu necken wagte und er nicht aus Xanth vertrieben wurde. Und das war nie geschehen. Man nannte ihn verächtlich das ›Zauberlose Wunder‹.
    Er beugte sich vor, um einige gute, starke Schwämme aufzusammeln. Sie würden Justin Baums Schmerz lindern, denn das war ihre Magie: Sie saugten Schmerz auf und gaben heilende Linderung. Eine Reihe von Pflanzen und Tieren – er war sich nicht ganz sicher, wozu die Schwämme zählten – besaß ähnliche Fähigkeiten. Der Vorteil der Schwämme war, daß sie beweglich waren. Wenn man sie pflückte, dann starben sie nicht. Sie waren zäh. Sie waren aus dem Wasser gekommen, als die Korallen das gleiche getan hatten, und lebten nun auf dem Land. Ihre magischen Fähigkeiten waren wahrscheinlich entstanden, damit sie sich in ihrer neuen Umgebung besser anpassen konnten.
    Talente hatten die Eigenschaft, in größeren Familien aufzutreten. So gab es im Pflanzen- und Tierreich viele verschiedene Abarten der gleichen Magie. Doch unter den Menschen gab es sehr verschiedene Formen. Es schien, als habe die individuelle Persönlichkeit mehr damit zu tun als die Vererbung, obwohl sich die stärkste Magie in der Regel in einzelnen Familien fortpflanzte. So, als sei die Stärke der Magie erblich und die Form umweltabhängig. Und doch gab es da auch andere Faktoren…
    Bink konnte in einem einzigen Augenblick viele Dinge überdenken. Wenn Reflektion Magie gewesen wäre, dann wäre er ein Magier. Aber im Augenblick war es besser, wenn er sich auf das konzentrierte, was er vorhatte, sonst würde es Ärger geben.
    Die Dämmerung wurde immer stärker, und die Nacht mit ihren vielen fremden, noch kaum erforschten Zaubern begann, Xanth zu verändern. Schatten und Gespenster traten hervor und suchten nach ihrer garstigen Befriedigung; und ab und zu riß sich ein Zombie aus dem Grab und stolperte unbeholfen umher. Kein vernünftiger Mensch wagte es, im Freien zu schlafen, und jedes Haus im Dorf besaß eigene Abwehrzauber gegen das Übernatürliche. Bink wagte es nicht, die Abkürzung zu Justin Baum zu nehmen. Er mußte den längeren Weg gehen und den verschlungenen, aber magisch geschützten Pfaden folgen. Das hatte nichts mit Furchtsamkeit zu tun, sondern war eine Frage der Notwendigkeit.
    Er rannte los – nicht aus Angst, denn auf diesem verzauberten Weg gab es keine wirklichen Gefahren, und er kannte die Pfade zu genau, um sich zu verirren, sondern um schneller bei Justin zu sein. Justins Fleisch bestand aus Holz, aber es tat genauso weh wie richtiges Fleisch. Wie jemand nur so herzlos sein konnte, auf Justin Baum einzuschlagen…
    Bink kam an einem Feld von Seehafer vorbei und hörte das angenehme Rauschen und Gurgeln seiner Meeresfluten. Wenn man ihn geerntet hatte, dann konnte man daraus eine ausgezeichnete schaumige Brühe kochen, die nur eine Spur zu salzig war. Man konnte die Schüsseln immer nur zur Hälfte füllen, sonst schwappten die Meereswellen der Brühe über den Tellerrand.
    Er erinnerte sich an den wilden Hafer, den er als Jugendlicher gepflanzt hatte. Seehafer war schon rastlos, aber sein Verwandter, der Wildhafer, war geradezu überaktiv. Er hatte sich wütend gegen ihn gewehrt und mit seinen Halmen gegen seine Handgelenkegepeitscht, als er eine reife Ähre hatte ernten wollen. Er hatte sie bekommen, aber bis er das Feld verlassen konnte, war er schon ziemlich zerkratzt worden.
    Er hatte diese wenigen wilden Samen an einem geheimen Ort hinter seinem Haus gepflanzt und sie jeden Tag gewässert, wie es der Natur entsprach. Er hatte die schlechtgelaunten Sprößlinge vor jeder Unbill bewahrt, während seine Beunruhigung jedoch wuchs. Was für ein Abenteuer für einen männlichen Heranwachsenden! Bis
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